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China
G20-Präsidentschaft in schwierigen Zeiten

Den G20-Vorsitz im eigenen Land - in einer so sehr auf Symbolik bedachten Nation wie China ist das eine große Sache. Da passt es natürlich nicht so recht ins Bild, dass seit Wochen immer wieder von negativer Wirtschaftsstimmung in China die Rede ist. Und die geplanten Reformen kommen viel langsamer voran als angekündigt.

Von Steffen Wurzel |
    In einem Hafen im Osten Chinas werden Container verladen.
    Zweistellige Wachstumsraten, die China überwiegend durch Produktion, Infrastrukturbau und Export geschafft hat - gehören der Vergangenheit an. (afp / STR)
    Chinas Führung versucht seit Tagen, in Sachen Wirtschaft positive Stimmung zu verbreiten. Chinas Handelsminister Gao Hucheng zum Beispiel; Anfang der Woche sagte er:
    "Der Binnenkonsum ist 2015 weiter gewachsen. Ich rechne auch damit, und das ist die allgemeine Einschätzung, dass sich dieser positive Trend 2016 fortsetzt."
    Davon, dass die Konsumlaune der Chinesen weiter steigt, hängt viel ab für die Führung in Peking. Denn sie ist darauf angewiesen, dass sich das Wirtschaftssystem in Richtung Konsum- und Dienstleistungsgesellschaft wandelt. Zweistellige Wachstumsraten, die China überwiegend durch Produktion, Infrastrukturbau und Export geschafft hat - das war einmal. Das haben auch die deutschen Firmen erkannt, die in China aktiv sind:
    "Ja, sie stellen sich darauf ein, dass die Wachstumsraten geringer werden. Allerdings liegt das immer noch weit über dem, was in Europa und anderen Ländern der Welt machbar ist."
    Christian Sommer vom German Center in Shanghai, einem Austausch- und Beratungszentrum für deutsche Firmen in China:
    "Klar ist, dass in Deutschland auf die Börse geschaut wird. Die ist in China eingebrochen. Klar ist auch, dass auf den RMB geschaut wird, also auf die chinesische Währung, und die hat abgewertet. Und daraus schließt man, dass auch die Wirtschaft in großen Problemen ist. Fakt ist aber, dass die deutschen Firmen weiter überwiegend zufrieden sind."
    Peking komm nur langsam mit Reformen voran
    Das Problem ist nur: Die Staatsführung in Peking kommt mit den geplanten Reformen viel langsamer voran, als angekündigt. Das schlägt auf die Weltwirtschaft durch und deswegen steht Chinas Finanzminister beim G20-Treffen in Shanghai unter Rechtfertigungsdruck. Eines der drängendsten Probleme sind die rund 150.000 teils riesigen Staatskonzerne. Sie arbeiten häufig unwirtschaftlich und verzerren weltweit den Wettbewerb.
    Der wichtigste Lobbyverband der europäischen Wirtschaft in China, die Europäische Handelskammer, drängt die G20-Finanzminister deswegen, die Führung der Volksrepublik zu konsequenteren Reformen aufzufordern. Handelskammer-Präsident Jörg Wuttke gesteht aber ein: In einem Land wie China, mit seinen 31 Provinzen, gehen Reformen schleppend voran.
    "China ist ein Kontinent. Die Leute glauben, dass China ein Staat ist, mit einer großen Hauptstadt Peking. Aber das Land hat 31 Mitgliedsstaaten. Deswegen ist nachvollziehbar, dass starke Lokalkräfte sagen: Naja, was da in Peking passiert, das interessiert mich überhaupt nicht. Die Wahrnehmung von außen ist: Starker Präsident und wenn der was sagt, dann wird das schon passieren. Aber das ist so nicht."
    Wirtschaftsexperten sagen, das laufende Jahr sei ein entscheidendes für China. Reformen - und zwar jetzt, fordern sie. Nach einer Wachstumsrate von - offiziell - 6,9 Prozent vergangenes Jahr rechnen sie für dieses Jahr damit, dass es nochmal leicht runter geht. Wang Tao, Chef-Ökonomin für den Bereich China bei der Schweizerischen Großbank UBS:
    "Wir rechnen für dieses Jahr mit einer Wachstumsrate von 6,2 Prozent. Die größten Risikofaktoren sind die Überkapazitäten bei den Immobilien und negative Industrie-Einflüsse. Durch Unterstützung der Regierung und dank lockerer Geldpolitik wird das Wachstum aber sicher über 6 Prozent liegen."
    Chinas Finanzminister Lou Jiwei wird für seine 19 Kolleginnen und Kollegen beim Treffen in Shanghai vor allem eine Nachricht haben: Macht Euch um Chinas Wirtschaft keine Sorgen, wir haben alles im Griff. Dass es darauf die eine oder andere kritische Nachfrage geben wird, davon ist auszugehen.