Kurze Begrüßungsmelodie, schlichtes Design, einfach zu bedienen: die neueste App der Zentralen Disziplinarkommission der Kommunistischen Partei Chinas. Die Kommission ist das ausführende Organ im Kampf gegen Korruption. Und der funktioniert jetzt auch digital und mobil. Via App lässt sich der Parteigenosse, Chef oder Nachbar mit nur wenigen Klicks anschwärzen. Zhu Lijia ist Politikwissenschaftler an der renommierten Chinesischen Akademie für Governance in Peking.
"China ist sehr effizient, wenn es darum geht, neue Technologien im Rahmen der Anti-Korruptions-Kampagne einzusetzen. In den vergangenen zwei Jahren ist das Internet immer wichtiger geworden. Es spielt eine große Rolle bei der Abschreckung, Eindämmung und Aufklärung korrupter Aktivitäten."
Rund 150.000 Menschen wurden verhaftet
Unter Chinas Präsident Xi Jinping läuft seit drei Jahren eine groß angelegte Kampagne gegen Korruption. Rund 150.000 Menschen sind bereits verhaftet, über 700.000 Kader bestraft worden. Offizielles Ziel ist es, Korruption und Vetternwirtschaft im Land zu beseitigen. Dabei hat Präsident Xi angekündigt, gegen Tiger und gegen Fliegen vorzugehen –hochrangige und niedrige Beamte im chinesischen Staatsapparat.
Wie das als Comic aussieht, zeigt ein kleiner Animationsfilm, der in China gerade millionenfach geklickt wird. Ein Propaganda-Instrument im digitalen Kampf gegen Korruption.
In dem Clip haut Parteichef Xi Jinping den korrupten Tigern mit einem Hammer auf den Schädel – dann verschwinden sie im Boden. Die Tiger haben reale Gesichter hoher und bekannter Parteikader, die im Rahmen der Anti-Korruptions-Kampagne aus dem Verkehr gezogen wurden. Und aus dem Off schallt es: "Wir müssen die Partei strikt regieren. Niemand steht über der Partei-Disziplin."
Staatsmedien feiern die digitale Innovation
Chinesische Funktionäre sollen rechtschaffende Kader sein. Als moralisch-ethischer Kompass dazu dient ein Verbotskatalog, der im Rahmen der Anti-Korruptions-Kampagne veröffentlicht wurde. Richtlinien für alle 88 Millionen Parteimitglieder: keine Extravaganzen, keine ausufernden Staatsbankette, keine unangemessenen sexuellen Beziehungen. Auch das Golf spielen findet sich auf der Verbotsliste – schon Mao Zedong war der Meinung, dass Golfsport und Korruption Hand in Hand gehen. Mit der App der Zentralen Disziplinarkommission ließe sich anhand der Verbotsliste viel melden. Politikwissenschaftler Zhu Lijia räumt ein: Willkür ist nicht ganz ausgeschlossen.
"Das Risiko besteht. Aber die Vorteile wiegen mehr als die Nachteile. Chinas Zentrale Disziplinarkommission hat auch die sozialen Netzwerke WeChat und Weibo gut in die Anti-Korruptionskampagne eingebunden. Natürlich sind bei der App auch schon Probleme aufgetreten. Zum Beispiel falsche und anonyme Meldungen. Aber alles in allem überwiegen die Vorteile. Es dient vor allem auch dazu, korrupte Kader abzuschrecken."
Die chinesischen Staatsmedien feiern die digitale Innovation, die kostenlos im App-Store verfügbar ist. Die Global Times – das Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas – titelte: "Mobile App erweitert den Werkzeugkasten im Kampf gegen Korruption". Und dieser Kampf hat auch eine politische Dimension. Experten sehen darin den Versuch von Präsident Xi Jinping, durch einen orchestrierten Kahlschlag Kritiker und Gegner aus dem Weg zu schaffen. Dutzende hohe Parteifunktionäre und Unternehmensführer mussten schon dran glauben. Ob jemand per App gemeldet wurde, ist nicht bekannt.