Geheimnisverrat
Deutsche unter Verdacht der Spionage für China

Ein Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah ist wegen mutmaßlicher Spionage für China festgenommen worden. Er soll Informationen aus dem EU-Parlament weitergegeben haben. Es ist nicht der einzige Fall von Verdacht auf Geheimnisverrat.

    Eine chinesische Flagge weht vor der Botschaft von China in Berlin.
    Spionagevorwürfe gegen Peking: Die Botschaft der Volksrepublik in Berlin fordert dazu auf, mit den Diffamierungen gegen China aufzuhören. (picture alliance / dpa / Hannes P Albert)
    Die deutschen Ermittlungsbehörden meldeten zwei Erfolge innerhalb kürzester Zeit: Insgesamt vier Verdächtige wurden in Dresden, Bad Homburg und Düsseldorf festgenommen - in beiden Fällen lautet der Vorwurf: Spionage für China. Und der zweite Fall involviert den AfD-Europaparlamentarier Maximilian Krah.

    Inhalt

    Welche Fälle mutmaßlicher chinesischer Spionage gibt es?

    Mitarbeiter im EU-Parlament

    In Dresden wurde Jian G., ein enger Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah, wegen Spionageverdachts am 23. April 2024 festgenommen und sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Der deutsche Staatsbürger hatte als Assistent des EU-Parlamentariers Zugang zu Informationen, die er an das chinesische Ministerium für Staatssicherheit weitergegeben haben soll.
    Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wirft Jian G. Agententätigkeit in einem besonders schweren Fall vor. Er soll Informationen über Verhandlungen im EU-Parlament weitergegeben und chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht haben. Krah gibt an, seinem Mitarbeiter Jian G. gekündigt zu haben und sich selbst kein Fehlverhalten vorzuwerfen. Er will weiterhin Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl im Juni bleiben.

    Firma für Kontaktaufnahme zu Wissenschaft und Forschung

    Die Bundesanwaltschaft hatte zuvor am Montag bekannt gegeben, drei Deutsche in Düsseldorf und Bad Homburg ebenfalls wegen Spionageverdachts festgenommen zu haben. Die beiden Männer und eine Frau sitzen in Untersuchungshaft. Ihnen wird vorgeworfen, Informationen über Militärtechnik beschafft zu haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben.
    Den bisherigen Erkenntnissen zufolge soll einer der Verdächtigen in chinesischem Auftrag Informationen zu innovativen, militärisch nutzbaren Informationen beschafft haben. Er soll sich dazu eines Ehepaares bedient haben, das eine Firma in Düsseldorf betrieb. Sie diente zur Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit mit Vertretern von Wissenschaft und Forschung. Ihnen wird auch vorgeworfen, einen Speziallaser ohne Genehmigung in die Volksrepublik exportiert zu haben.

    VW-Entwicklungsdaten abgegriffen

    Außerdem berichteten ZDF und "Der Spiegel", dass bei der Volkswagen-Gruppe zwischen 2010 und 2015 offenbar in großem Stil Entwicklungsdaten durch chinesische Hacker abgegriffen wurden. Es sollen 19.000 Dokumente unter anderem zur Entwicklung von Motoren und Getrieben sowie zur E-Mobilität kopiert worden sein.

    Wie reagiert China auf die Vorwürfe?

    Die chinesische Botschaft in Berlin hat sich gegen Vorwürfe gewehrt, China spioniere in der Bundesrepublik. Man fordere Deutschland auf, damit aufzuhören, den Spionagevorwurf auszunutzen, um das Bild von China politisch zu manipulieren und das Land zu diffamieren.
    Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking sagte: "Die Absicht hinter diesem Hype ist ganz offensichtlich, nämlich China zu verleumden, zu unterdrücken und die Atmosphäre der Zusammenarbeit zwischen China und Europa zu untergraben." In Deutschland müsse die "Mentalität des Kalten Krieges überwunden" werden.
    Von einer Inszenierung zu sprechen und damit alle Vorwürfe abzustreiten, sei "eine gängige Reaktion der chinesischen Seite, wenn es um nachrichtendienstliche Zusammenhänge geht", sagt Ralph Weber vom Europainstitut Basel. "Man wird das immer abstreiten, das ist nicht überraschend. Das würden viele Großmächte genauso handhaben." Bei Spionagetätigkeiten würde kein Staat sagen: "Entschuldigung, wir haben das nicht so gemeint."

    Wie reagiert die Bundesregierung?

    Die Spionage-Vorwürfe gegen den Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah bezeichnete Bundeskanzler Olaf Scholz als „sehr besorgniserregend“. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte, wer in Deutschland für ausländische Geheimdienste tätig werde und rechtswidrig potenziell militärisch nutzbares Material exportiere, müsse mit einer "harten Antwort des Rechtsstaates" rechnen. Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) rief dazu auf, im Umgang mit China nicht naiv zu sein; nötig sei eine "noch kritischere Abwägung von Risiko und Nutzen" bei der Zusammenarbeit gerade auch in Wissenschaft und Hochschulen. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer erheblichen Gefahr für Wirtschaft, Industrie und Wissenschaft durch chinesische Spionage.

    Warum spioniert China in Deutschland?

    Nicht überrascht über die aktuellen Festnahmen zeigt sich der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Roderich Kiesewetter (CDU). Denn Chinas Netzwerk in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ziele darauf ab, insbesondere im Bereich Militärtechnik Know-how auszuspionieren und abzuschöpfen.
    Für China gehe es darum, Informationen abzuschöpfen, aber auch, eigene Agendapunkte in die deutsche Öffentlichkeit zu bringen, sagt Ralph Weber vom Europainstitut der Universität Basel. "In Europa geht es um Wirtschaftsinteressen, es geht um das Investitionsabkommen mit China, das immer noch brachliegt."

    Strategiewechsel Chinas

    Nach Einschätzung des Politologen Bertram Lang hat sich die Europa-Strategie Pekings verändert. Vor dem Sanktionsstreit 2021 mit der EU und vor dem Krieg in der Ukraine habe sich China um gute Beziehungen zu systemimmanenten Parteien, zu regierenden Parteien in Europa bemüht. Nun sehe man - anhand aktueller Fälle - mutmaßlich aktive Anwerbungsversuche einzelner Politiker der europäischen Rechten. China verfolge dies aber nicht systematisch - anders als Russland -, betont Lang. „Die russische Geheimdienststrategie zielt ja seit vielen Jahren nachweislich darauf ab, rechtspopulistische, rechtsextreme Parteien in Europa zu fördern. Tatsächlich, um europäische Demokratien zu schwächen und Russland als Gegenmodell zu positionieren.“
    Die chinesische Strategie zielt laut Bertram in erster Linie darauf ab, ein für China freundliches sogenanntes Diskursumfeld zu schaffen. Peking arbeite also mit ausländischen Individuen zusammen, die sich gerne prochinesisch äußern. Diese Zusammenarbeit könne von freundlichen Einladungen nach China bis hin zu offensichtlicher Korruption oder – wie aktuell vermutet - bis zur Anwerbung für den Geheimdienst gehen.

    scr

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