Abendgestaltung in China: zentral ist und bleibt das Essen. Oft pünktlich um 18 Uhr. Dann: die 19 Uhr Hauptnachrichten im chinesischen Staatsfernsehen CCTV. Und danach, und das ist neu, die TV-Show "Ping Yu Jin Ren". Lernen über Staats- und Parteichef Xi Jinping und seine Theorien – kollektiv vor dem Fernseher.
Moderator Kang Hui führt durch die Sendung. Professor Ai Silin erklärt stolz und bedeutungsschwanger Xi Jinping für junge Menschen.
"Generalsekretär Xi sagt, es soll Chance und Mission für die junge Generation sein, den chinesischen Traum zu verwirklichen und für die Wiedergeburt der Großen Chinesischen Nation zu kämpfen."
Mobilmachung für das Plenum des Zentralkomitees
Wissen über Chinas obersten Führer und seine Theorien – erklärt für ein Millionenpublikum. Anfang Oktober lief bereits eine Spielshow im chinesischen Fernsehen, die das gleiche Ziel hatte. Titel: "Über Xi lernen in der neuen Ära des Sozialismus". Für den regierungskritischen Politikwissenschaftler Wu Qiang aus Peking ist das alles kein Zufall.
"Es ist die Mobilmachung und Vorbereitung für das vierte Plenum des Zentralkomitees der KP, das jetzt bald stattfindet. Xi Jinpings Autorität wurde – auch mit dem Handelskrieg – herausgefordert. Manche sagen, er hat gewankt. Die Propagandaabteilung nutzt nun die traditionellen Fernsehmedien, um Xis Autorität wieder zu stärken. Es ist der Kampf um seine politischen Positionen."
Chinas Parteichef hat sein ideologisches Erbe bereits während seiner Amtszeit in der Parteiverfassung verankert. Das war bislang nur Revolutionsführer und Staatsgründer Mao Zedong gelungen. Im Sommer aber gab es Gerüchte über Machtkämpfe innerhalb der Kommunistischen Partei. Über parteiinterne Kritik am Kurs von Staats- und Parteichef Xi Jinping.
"Diese TV-Shows hängen mit den Veränderungen des politischen Klimas im Sommer zusammen. Im vergangenen Halbjahr wurde Xi innerhalb der Partei in der Tat herausgefordert. Aber es ist schwer, ihm wirklich gefährlich zu werden. Seitdem schlägt er zurück. Nicht nur mit Strafe, sondern auch mit der Strategie, über die traditionellen Medien sein persönliches Charisma aufzubauen."
Hämische Kommentare im Internet
Im Kontext dieser Machtkämpfe innerhalb der KP sehen viele Beobachter auch den Fall des fest genommenen Ex-Interpol-Präsidenten Meng Hongwei. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der ehemalige Interpol-Chef zum Kreis der Xi Jinping Kritiker gehörte – und jetzt dafür mit seiner Festsetzung bezahlen muss.
In der Quizshow "Über Xi lernen in der neuen Ära des Sozialismus" muss der Student Liu Linda erklären, warum Xi Jinpings Gedanken für die heutige Zeit so eine großartige Theorie sind.
Ein anderer Kandidat muss den Titel eines Buches nennen, das Xi Jinping geprägt hat. Als der 15 Jahre alt war, soll er mal 15 Kilometer gelaufen sein, um dieses Buch auszuleihen. So wissbegierig war der junge Xi.
Nicht alle beeindruckt das. Die Fernseh-Shows werden auch im Internet verbreitet, um mehr junge Menschen zu erreichen. Aber gerade dort finden sich hämische Kommentare. Jeder, der falsch antwortet, müsse zu Nachschulungen, lästert einer. Andere schneiden besonders absurde Szenen heraus und verbreiten sie über die sozialen Netzwerke. Chinas Propaganda erreicht noch nicht alle.