Das Ziel ist klar: langfristige Partnerschaften, sagt Bundes-Forschungsministerin Johanna Wanka, als sie am Mittag in Berlin die China-Strategie ihres Ministeriums vorstellt. Denn wenn Deutschland China nur als Markt für deutsche Produkte ansieht, fällt die Tür zu, wenn der Markt gesättigt ist - oder wenn die chinesischen Firmen selbst in höchster Qualität produzieren können. In den Ingenieurwissenschaften, der Chemie und der Materialforschung spielt das Land bereits an der Weltspitze mit, davon kann auch die deutsche Seite profitieren, sagt CDU-Politikerin Wanka. Und beschreibt die deutsch-chinesische Zusammenarbeit als eine Mischung aus Kooperation und Konkurrenz:
"Und deswegen ist es so wichtig, dass man sich dort auf Bedingungen dieses Wettbewerbs, des Miteinanders verständigt."
Denn nicht immer hat die Zusammenarbeit zu Zufriedenheit bei den Beteiligten geführt. Die Erwartungen waren hoch, als vergangenes Jahr Berlin und Peking ihre Innovationspartnerschaft ausriefen, vor allem von chinesischer Seite, sagt Björn Conrad, vom Mercator-Institut für China Studies:
"China möchte nicht mehr nur deutsche Technologien ins Land holen und wenn möglich kopieren. China möchte lernen, selbst innovativ sein."
Partner für dieses ehrgeizige Ziel: Deutschland. Themen: Industrie 4.0, Verkehr, Elektromobilität, Energie, sauberes Wasser, Ressourceneffizienz. Heute allerdings ist die Begeisterung auf chinesischer Seite deutlich abgekühlt, was auch Angela Merkel bei ihrer heute beginnenden Chinareise merken dürfte, sagt Chinaexperte Björn Conrad:
"Diese große Lawine an tiefen Technologiepartnerschaften zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen und Forschungsinstituten ist ausgeblieben."
Skepsis auch in Deutschland:
"An vielen Stellen ist es noch nicht klar, wo für deutsche Unternehmen eigentlich der Mehrwert dieser Partnerschaft liegt."
Auch aufgrund dieser Erfahrung sind die Autoren der Chinastrategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung anders herum vorgegangen. Sie haben schon vorab Felder identifiziert, auf denen eine Zusammenarbeit Sinn hat - etwa auf dem Feld der Medizintechnik - und wo eben nicht.
Die Zusammenarbeit mit China ist eine "unvermeidbare Chance", die es zu nutzen gilt, heißt es in dem Papier. Und weiter:
"Die Zusammenarbeit mit China an den strategischen Interessen Deutschlands auszurichten, damit Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft von den Entwicklungen in China profitieren können."
"Ich glaube, auf der Grundlage wird die Strategie wiederum eine Vielzahl von Möglichkeiten aufmachen", sagt Björn Conrad, der an dem Papier mitgeschrieben hat.
Mehrwert für beide Seiten
Mit der neuen Strategie sollen beide Partner einen Mehrwert erhalten: deutsche Studierende und Wissenschaftler zum Beispiel besseren Zugang zu chinesischer Spitzenforschung und mehr Chinakompetenz durch längere Aufenthalte. Hochschulkooperationen sollen ausgebaut werden, Forscher sollen besseren Zugang zu Hintergrundinformationen und relevanten Daten und Märkten bekommen.
Dennoch, kritisieren Experten, würden Abläufe und Entscheidungen in China bewusst intransparent gestaltet. Die Forschungsministerin nennt daher auch klare Bedingungen für die angestrebte Partnerschaft:
"Wir brauchen gemeinsame Standards, wir brauchen den Schutz des geistigen Eigentums, faire Marktbedingungen für deutsche Unternehmen, und wir wollen auch, und das ist eine Bitte, dass die Spielräume für unsere Wissenschaftsorganisationen in China erhalten bleiben."
Die Strategie verbinde sehr gut Bildung und Forschung, lege aber auch ein Augenmerk auf die Stärkung der Chinakompetenz in Deutschland, etwa durch den Ausbau eines Alumninetzwerks, findet Katja Levy, die an der Freien Universität Berlin Chinesische Politik und Recht lehrt. Sie hat aber den Eindruck, dass ein wissenschaftlicher Bereich nicht mit einbezogen wird, in dem bereits viel Wissen über China gebündelt ist:
"Es ist sehr schade, wenn die ganze Kompetenz, die in der Sinologie an der Uni vorhanden ist, zum Beispiel in der Sprachausbildung, in der landeskundlichen Bildung, in den Gesellschaftsfragen, wenn das nicht mit in diesem Programm genutzt wird."
Auch sei der Fokus sehr stark auf wissenschaftliche Einrichtungen und Universitäten gerichtet, soziale Innovationen, die aus der Mitte der Gesellschaft kommen, um sich an veränderte Lebensbedingungen anzupassen, würden nicht betrachtet.