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China
Verbraucher leiden unter einer Knoblauch-Preisblase

In China wird stärker mit Rohstoffen spekuliert als irgendwo sonst auf der Welt. In der Vergangenheit sorgte das für enorme Preissteigerungen bei seltenen Metallen, Glas oder Schweinehälften. Zurzeit haben es Spekulanten offenbar auf den Knoblauch abgesehen.

Von Steffen Wurzel |
    Knoblauchknollen an einem Gemüsestand.
    Wie lange der Preis für Knoblauch noch steigen wird, ist unklar. (dpa / picture alliance / Markus C. Hurek)
    Die 52-jährige Gemüseverkäuferin ist – gelinde gesagt – not amused, wenn man sie auf das Thema Knoblauch anspricht. Seit 17 Jahren stehe sie hier, Tag für Tag, an ihrem Stand in der Shanghaier Markthalle – sowas aber habe sie aber nocht nicht erlebt.
    "Ich muss inzwischen 13 Yuan pro Pfund verlangen, mein Einkaufspreis liegt bei 9 Yuan." Umgerechnet sind das 1,80 beziehungsweise 1,20 Euro pro halbes Kilo."
    "Jetzt, nach der Erntesaison, müssten die Preise eigentlich runtergehen, tun sie aber nicht. Im Fernsehen haben sie gesagt, dass reiche Spekulanten Knoblauch horten, und in Kühlkammern lagern. Und wir bekommen keinen Nachschub!"
    Tatsächlich: Weltweit leiden Verbbraucher, Gastronomen und die Nahrungsmittelindustrie unter steigende Knoblauchpreisen. Chinesische Investoren hingegen profitieren von dem Trend. Denn Knoblauch ist rein betriebswirtschaftlich gesehen nichts anderes als ein frei handelbarer Rohstoff, dessen Preise mal rauf und mal runter gehen. Im Grunde sei Knoblauch vergleichbar mit Eisen-Erz, Kohle oder Erdöl, sagt Tong Xin. Er ist Rohstoff-Experte bei der Shang haier Investmentfirma Yifeng.
    "Der Knoblauch-Markt ist vergleichsweise klein. Deswegen lässt sich der Preis relativ einfach beeinflussen von einigen wenigen Großhändlern. Von denen haben einige schon Anfang des Jahres bemerkt, dass die Nachfrage nach Knoblauch hoch ist, schon damals haben sie sich deswegen mit großen Mengen eingedeckt."
    In China werden 25 Millionen Tonnen Knoblauf produziert
    Was der Investment-Analyst als vergleichsweise kleinen Markt beschreibt, umfasst immerhin rund 25 Millionen Tonnen, so viel Knoblauch wird jedes Jahr in China produziert. Das Land ist mit Abstand der größte Erzeuger des Produktes. Vier von fünf Knoblauchzehen, die weltweit gehandelt werden, kommen schätzungsweise aus China. Deswegen ist der weltweite Knoblauch-Preis auch so abhängig von dem, was sich in China tut.
    Vor rund einem Jahr sorgten kräftiger Regen und Schnee im Osten Chinas für Ernteausfälle. Damals ging es erstmals drastisch hoch mit den Knoblauch-Preisen. 2016 dann hat sich der Großhandelspreis noch einmal mehr als verdoppelt: von umgerechnet rund einem auf mehr als zwei Euro pro Kilogramm Knoblauch. Schuld sind nach Ansicht von Rohstoff-Analyst Tong Xin vor allem die Gier Spekulanten.
    "Die Märkte entwicklen sich gerade auf eine völlig kranke und verdrehte Art und Weise. Investoren schauen sich zum Beispiel innovative neue Firmen an, sagen sich dann aber: Hier werden wir kurzfristig – in den nächsten zwei oder drei Jahren – keine Gewinne erziehlen können. Stattdessen stecken Investoren das Geld lieber in Projekte, die sofortige Gewinne versprechen."
    Das Geld sucht sich einen neuen Bereich
    Händler brauchen nicht viel mehr zu tun, als Knoblauch massenweise einzukaufen, ordentlich zu lagern und wenn die Preise steigen, wieder zu verkaufen. 100 Prozent Gewinn, erzielt in weniger als einem Jahr. Mit Geld, das die Investoren vorher in Aktien oder Bauprojekte gesteckt hatten.
    "Die Immobilienpreise sind dieses Jahr zwar wie verrückt gestiegen in China, die Regierung konnte den Preisanstieg im Herbst aber bremsen. Daraus folgt: Das Geld, das vom Aktienmarkt übergesprungen ist auf den Immobilienmarkt sucht sich nun einen neuen Bereich."
    Und das sei eben Knoblauch. Wie lange die Preise noch steigen, ist schwer vorherzusagen. Allerdings lohnt sich der Blick einige Jahre zurück: Auch 2009 und 2010 gab es schonmal einen drastischen Anstieg der Knoblauch-Preise. Im Frühjahr 2011 platzte die Blase schließlich, die Preise fielen binnen weniger Monate um mehr als die Hälfte.