Rushhour in Peking: Wer mit dem Auto unterwegs ist, steckt fast überall im Stau; Chinas Hauptstadt ersäuft im Verkehr.
"Vor vier, fünf Jahren hatten wir schon um die fünf Millionen Autos, alleine in Peking. Und jetzt sind es schon mehr als sieben Millionen. Und jeden Tag kommen noch mehr Autos auf die Straßen."
Ma Lewan, eine junge Chinesin Anfang 30, arbeitet bei einer Tourismusagentur in Peking. Ihre Konsequenz aus den täglichen Staus:
"Ich lebe hier schon seit zehn Jahren. Aber ich habe nie daran gedacht, mir ein Auto zu kaufen. Der Hauptgrund: dieser wahnsinnige Verkehr. Da nehme ich besser die öffentlichen Verkehrsmittel, um zur Arbeit zu kommen."
Auch die Abgasbelastung in den Metropolen grenzt in der Rushhour ans Zumutbare. Doch das, glaubt Ma Lewan, wird sich schon bald ändern.
"Die sogenannte 'Grüne Energie' für Autos wird in Zukunft hier in China sehr stark an Bedeutung gewinnen. Ja, die Luftverschmutzung hier in der Stadt – das ist wirklich sehr schlimm. Deshalb wird diese 'Grüne Energie' für die Autos zukünftig immer beliebter werden."
Das wäre tatsächlich ganz im Sinne der chinesischen Regierung. Die nämlich will viel stärker als bisher den Kauf von Elektroautos fördern, um zumindest die Abgasbelastung in den Städten einzudämmen. Das wichtigste Instrument: Jeder, der ein Elektroauto kauft, soll dafür einen direkten Zuschuss von 60.000 chinesischen Yuan, also umgerechnet 7300 Euro, bekommen. Und, ganz wichtig: Wer ein Elektroauto kauft, bekommt dafür auch sofort eine Zulassung. Bei herkömmlichen Pkw mit Verbrennungsmotor ist das in großen Städten nicht selbstverständlich; längst haben manche Provinzregierungen solche Neuzulassungen reglementiert. Ma Lewan:
"Nicht jedermann kann sich einfach ein Auto kaufen und damit rumfahren. Hier bei uns funktioniert das wie eine Art Lotterie: Man muss einen Antrag stellen und dann einfach abwarten. Wenn Sie Glück haben, bekommen sie schon in ein paar Monaten die Zulassung, Haben Sie Pech, dauert das Jahre, manchmal drei bis fünf Jahre, bis Ihnen die Regierung die Erlaubnis erteilt, ein Auto zu kaufen."
Gerade deswegen, glaubt die Verantwortlichen im chinesischen Staatsrat, müsste die Chance auf sofortige Zulassung ein großer Anreiz für den Kauf eines Elektroautos sein. Allerdings: Während Elektro-Roller, E-Bikes und Elektrobusse häufig zu sehen sind, liegt die Zahl der Elektroautos, die derzeit auf dem riesigen Straßennetz Chinas unterwegs sind, bei gerade mal 30.000. Diese Zahl soll sich mit den neuen Kaufanreizen auf fünf Millionen bis im Jahr 2020 erhöhen, so das Ziel des chinesischen Staatsrates. Doch Experten bezweifeln, ob das realistisch ist. Denn: Elektromobiles Fahren in Chinas Städten scheitert vor allem an den riesigen Staus. Jochen Siebert arbeitet für die Agentur JSC Automotive, die für deutsche Fahrzeughersteller und Zulieferer seit Jahren den chinesischen Automobilmarkt analysiert:
"Jemand, der ein Auto kaufen will, der überlegt sich sehr wohl: Wie weit kann ich damit fahren? Das ist auch nicht anders als in Deutschland. Wenn ich ein Auto einsteige und losfahre, muss ich überlegen: Wie weit komme ich? Und gerade in Städten wie Peking und Schanghai ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich in einen Stau gerate."
Dann heißt es: Stop-and-go-Verkehr. Dabei wird die Batterie über die Anfahrvorgänge immer wieder beansprucht, ohne dass das Elektroauto wesentlich vorankommt. Und das lasse, so die Befürchtung von Experte Jochen Siebert, die Befürchtung aufkommen, mit der vorhandenen Batterieladung gar nicht ans Ziel zu kommen, sondern irgendwo stecken zu bleiben, weil die Batterie leer ist und es an Nachlademöglichkeiten fehlt.
"Man könnte das nur machen, wenn man Extra-Spuren hätte, die nur von Elektroautos befahren werden. Aber solche Dinge brauchen ihre Zeit in der Umsetzung. Zum Beispiel gibt es in Schanghai schon seit einigen Jahren extra Busspuren. Aber nach wie vor gibt es Tausende von Leuten, die die einfach mit ihren Autos befahren. Und die Polizei steht machtlos da. Also würde man erst einmal abwarten müssen, ob solche Fahrspuren für Elektrofahrzeuge auch funktionieren. Es wäre der einzige Weg, um das überhaupt zu machen in solchen Städten wie zum Beispiel Peking."
Daneben stecke der Teufel im Detail – gerade in China. Oftmals versuchten die einzelnen Provinzregierungen, ihre eigenen Unternehmen auf protektionistischem Weg vor Konkurrenten aus anderen Provinzen zu schützen. So passe ein Stecker eines E-Mobils aus Peking nicht unbedingt in eine Nachladestation in Schanghai, erläutert Jochen Siebert:
"Eines der Probleme ist es, dass es jeder Stadt einen anderen Standard gibt. Das heißt: Für die Hersteller ist es auch sehr schwierig, für jede Stadt einen anderen Stecker-Standard zu haben oder ein Auto hinzustellen mit 20 unterschiedlichen Steckdosen. Auch das ist nicht der richtige Weg."
Gleichwohl müssen auch Kritiker wie Jochen Siebert zugeben, dass in den vergangenen Jahren immer mehr elektrogetriebene Zwei- und Dreiräder Einzug ins chinesische Verkehrsgeschehen gefunden haben. Und was auf zwei Rädern funktioniere, könne mit vier Rädern nicht gänzlich unmöglich sein, heißt es von den chinesischen Befürwortern von Elektroautos. Sie verweisen auch gerne auf die steigende Zahl von elektrisch betriebenen Bussen im öffentlichen Personennahverkehr, wobei gerade in diesem Segment auch Rückschläge hingenommen werden mussten. Beispiel: die an der Weltausstellung Expo 2010 in Schanghai eingesetzten sogenannten Hochspannungs-Busse, die in kürzester Zeit aufgeladen werden konnten.
"Insgesamt sehen wir schon, dass es einige Tausend Elektrobusse schon gibt im Einsatz, zum Beispiel in Schanghai. Aber ganz moderne, zum Beispiel diese Super-Cabs, die wir sahen während der Weltausstellung 2010, die funktionieren im Realleben nicht. Denn wenn so ein Bus stehen bleibt, und wenn es auch nur zehn Sekunden vor der Haltestelle sind, dann bleibt er stehen und bewegt sich nicht mehr weiter. Das hat man nach der Weltausstellung auch sofort wieder aufgegeben."
Dennoch trägt jedes Elektrofahrzeug, das in den chinesischen Metropolen einen Verbrennungsmotor ersetzt, zur Entlastung der Smogbelastung bei. Dem widerspricht auch Experte Jochen Siebert nicht. Allerdings: Die Ökobilanz insgesamt lasse sich durch mehr Elektromobilität in China kaum verbessern.
"Eines der Probleme in China ist, dass 80 Prozent der Elektrizität aus der Kohle kommt. Das heißt: Ein Elektrofahrzeug derzeit in China ist kein grünes, sondern ein schwarzes Fahrzeug."
Deshalb müssten Anreize für mehr Elektromobilität auch mit einer Änderung des chinesischen Energie-Mixes einhergehen. Das aber, wissen Chinakenner wie Jochen Siebert, wird noch ein langer Weg sein.
"Vor vier, fünf Jahren hatten wir schon um die fünf Millionen Autos, alleine in Peking. Und jetzt sind es schon mehr als sieben Millionen. Und jeden Tag kommen noch mehr Autos auf die Straßen."
Ma Lewan, eine junge Chinesin Anfang 30, arbeitet bei einer Tourismusagentur in Peking. Ihre Konsequenz aus den täglichen Staus:
"Ich lebe hier schon seit zehn Jahren. Aber ich habe nie daran gedacht, mir ein Auto zu kaufen. Der Hauptgrund: dieser wahnsinnige Verkehr. Da nehme ich besser die öffentlichen Verkehrsmittel, um zur Arbeit zu kommen."
Auch die Abgasbelastung in den Metropolen grenzt in der Rushhour ans Zumutbare. Doch das, glaubt Ma Lewan, wird sich schon bald ändern.
"Die sogenannte 'Grüne Energie' für Autos wird in Zukunft hier in China sehr stark an Bedeutung gewinnen. Ja, die Luftverschmutzung hier in der Stadt – das ist wirklich sehr schlimm. Deshalb wird diese 'Grüne Energie' für die Autos zukünftig immer beliebter werden."
Das wäre tatsächlich ganz im Sinne der chinesischen Regierung. Die nämlich will viel stärker als bisher den Kauf von Elektroautos fördern, um zumindest die Abgasbelastung in den Städten einzudämmen. Das wichtigste Instrument: Jeder, der ein Elektroauto kauft, soll dafür einen direkten Zuschuss von 60.000 chinesischen Yuan, also umgerechnet 7300 Euro, bekommen. Und, ganz wichtig: Wer ein Elektroauto kauft, bekommt dafür auch sofort eine Zulassung. Bei herkömmlichen Pkw mit Verbrennungsmotor ist das in großen Städten nicht selbstverständlich; längst haben manche Provinzregierungen solche Neuzulassungen reglementiert. Ma Lewan:
"Nicht jedermann kann sich einfach ein Auto kaufen und damit rumfahren. Hier bei uns funktioniert das wie eine Art Lotterie: Man muss einen Antrag stellen und dann einfach abwarten. Wenn Sie Glück haben, bekommen sie schon in ein paar Monaten die Zulassung, Haben Sie Pech, dauert das Jahre, manchmal drei bis fünf Jahre, bis Ihnen die Regierung die Erlaubnis erteilt, ein Auto zu kaufen."
Gerade deswegen, glaubt die Verantwortlichen im chinesischen Staatsrat, müsste die Chance auf sofortige Zulassung ein großer Anreiz für den Kauf eines Elektroautos sein. Allerdings: Während Elektro-Roller, E-Bikes und Elektrobusse häufig zu sehen sind, liegt die Zahl der Elektroautos, die derzeit auf dem riesigen Straßennetz Chinas unterwegs sind, bei gerade mal 30.000. Diese Zahl soll sich mit den neuen Kaufanreizen auf fünf Millionen bis im Jahr 2020 erhöhen, so das Ziel des chinesischen Staatsrates. Doch Experten bezweifeln, ob das realistisch ist. Denn: Elektromobiles Fahren in Chinas Städten scheitert vor allem an den riesigen Staus. Jochen Siebert arbeitet für die Agentur JSC Automotive, die für deutsche Fahrzeughersteller und Zulieferer seit Jahren den chinesischen Automobilmarkt analysiert:
"Jemand, der ein Auto kaufen will, der überlegt sich sehr wohl: Wie weit kann ich damit fahren? Das ist auch nicht anders als in Deutschland. Wenn ich ein Auto einsteige und losfahre, muss ich überlegen: Wie weit komme ich? Und gerade in Städten wie Peking und Schanghai ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich in einen Stau gerate."
Dann heißt es: Stop-and-go-Verkehr. Dabei wird die Batterie über die Anfahrvorgänge immer wieder beansprucht, ohne dass das Elektroauto wesentlich vorankommt. Und das lasse, so die Befürchtung von Experte Jochen Siebert, die Befürchtung aufkommen, mit der vorhandenen Batterieladung gar nicht ans Ziel zu kommen, sondern irgendwo stecken zu bleiben, weil die Batterie leer ist und es an Nachlademöglichkeiten fehlt.
"Man könnte das nur machen, wenn man Extra-Spuren hätte, die nur von Elektroautos befahren werden. Aber solche Dinge brauchen ihre Zeit in der Umsetzung. Zum Beispiel gibt es in Schanghai schon seit einigen Jahren extra Busspuren. Aber nach wie vor gibt es Tausende von Leuten, die die einfach mit ihren Autos befahren. Und die Polizei steht machtlos da. Also würde man erst einmal abwarten müssen, ob solche Fahrspuren für Elektrofahrzeuge auch funktionieren. Es wäre der einzige Weg, um das überhaupt zu machen in solchen Städten wie zum Beispiel Peking."
Daneben stecke der Teufel im Detail – gerade in China. Oftmals versuchten die einzelnen Provinzregierungen, ihre eigenen Unternehmen auf protektionistischem Weg vor Konkurrenten aus anderen Provinzen zu schützen. So passe ein Stecker eines E-Mobils aus Peking nicht unbedingt in eine Nachladestation in Schanghai, erläutert Jochen Siebert:
"Eines der Probleme ist es, dass es jeder Stadt einen anderen Standard gibt. Das heißt: Für die Hersteller ist es auch sehr schwierig, für jede Stadt einen anderen Stecker-Standard zu haben oder ein Auto hinzustellen mit 20 unterschiedlichen Steckdosen. Auch das ist nicht der richtige Weg."
Gleichwohl müssen auch Kritiker wie Jochen Siebert zugeben, dass in den vergangenen Jahren immer mehr elektrogetriebene Zwei- und Dreiräder Einzug ins chinesische Verkehrsgeschehen gefunden haben. Und was auf zwei Rädern funktioniere, könne mit vier Rädern nicht gänzlich unmöglich sein, heißt es von den chinesischen Befürwortern von Elektroautos. Sie verweisen auch gerne auf die steigende Zahl von elektrisch betriebenen Bussen im öffentlichen Personennahverkehr, wobei gerade in diesem Segment auch Rückschläge hingenommen werden mussten. Beispiel: die an der Weltausstellung Expo 2010 in Schanghai eingesetzten sogenannten Hochspannungs-Busse, die in kürzester Zeit aufgeladen werden konnten.
"Insgesamt sehen wir schon, dass es einige Tausend Elektrobusse schon gibt im Einsatz, zum Beispiel in Schanghai. Aber ganz moderne, zum Beispiel diese Super-Cabs, die wir sahen während der Weltausstellung 2010, die funktionieren im Realleben nicht. Denn wenn so ein Bus stehen bleibt, und wenn es auch nur zehn Sekunden vor der Haltestelle sind, dann bleibt er stehen und bewegt sich nicht mehr weiter. Das hat man nach der Weltausstellung auch sofort wieder aufgegeben."
Dennoch trägt jedes Elektrofahrzeug, das in den chinesischen Metropolen einen Verbrennungsmotor ersetzt, zur Entlastung der Smogbelastung bei. Dem widerspricht auch Experte Jochen Siebert nicht. Allerdings: Die Ökobilanz insgesamt lasse sich durch mehr Elektromobilität in China kaum verbessern.
"Eines der Probleme in China ist, dass 80 Prozent der Elektrizität aus der Kohle kommt. Das heißt: Ein Elektrofahrzeug derzeit in China ist kein grünes, sondern ein schwarzes Fahrzeug."
Deshalb müssten Anreize für mehr Elektromobilität auch mit einer Änderung des chinesischen Energie-Mixes einhergehen. Das aber, wissen Chinakenner wie Jochen Siebert, wird noch ein langer Weg sein.