Ein Kameramann filmt die Demonstration von chinesischen Studenten in Australien, die gegen die Demokratiebewegung in Hongkong protestieren und ihre Solidarität mit der Volksrepublik erklären. Dann bekommt er Ärger, und die Aufnahme reißt ab.
In Sydney, Adelaide, Melbourne und vielen anderen Städten Australiens haben die Auseinandersetzungen um Hongkong ihren Widerhall an den Universitäten gefunden, Pro-Demokratie-Aktivisten gingen ebenso auf die Straße wie China-Sympathisanten.
Ein Drittel aller ausländischen Studierenden kommt aus China
12.000 Studenten aus Hongkong finden sich an Australiens Hochschulen. Dagegen stehen rund 183.000 chinesische Studenten - das sind ein Drittel aller ausländischen Studenten. Sie bringen sieben Milliarden Euro an Einnahmen ins Land, die Universität Sydney allein bekommt 300 Millionen Euro an Studiengebühren aus chinesischer Hand. Und diese Studenten haben eine klare Meinung, die sie gegenüber der BBC äußern:
"Unser Land ist uns wichtig und wenn wir hören, dass es jemand diffamiert, dann regen wir uns auf und versuchen, sie zu korrigieren."
"Manchmal vermitteln die Dozenten eine falsche Meinung oder falsche Vorstellung. Dann haben die chinesischen Studenten die Pflicht, die Lehrer zu korrigieren – zum Beispiel, dass das nicht die korrekte Karte Chinas ist."
Der Fall der Karte von Taiwan wurde im vergangenen Jahr bekannt: Ein Dozent erklärte, dass Taiwan ein souveräner Staat sei, ein chinesischer Student protestierte, nahm den Dialog auf und eine chinesische Zeitung in Sydney verbreitete ihn.
"Er fordert Respekt ein und Sensibilität des Dozenten, der wiederum betont, er könne nicht auf die Empfindlichkeiten einer Studentengruppe Rücksicht nehmen."
Chinesisch-sprachige Medien vertreten Pekings Meinung
Fast alle chinesisch-sprachigen Medien in Australien werden von volksrepublikfreundlichen Firmen kontrolliert. Die verbreiten die Botschaft der Regierung, aber dafür alle anderen Standpunkte nicht mehr.
Professoren beobachten, dass von der chinesischen Regierung klare Einflussnahme ausgeht, etwa durch Demonstrationen, oder aber über das Internet und soziale Medien. Zusätzlich hat das australische Cyber-Sicherheitszentrum festgestellt, dass die Universitäten immer mehr Cyberangriffen ausgesetzt sind. Sie raten zu handeln:
"Universitäten sind ein attraktives Ziel, weil sie in vielen Bereichen forschen und dadurch geistiges Eigentum hervorbringen," so der australische Bildungsminister Dan Tehan. "Außerdem können regierungsgesteuerte Cyber-Angreifer die Universitätsnetze für ihre Infrastruktur nutzen – sie sind verlässlich und es gibt viel Datenverkehr, so können sich Angreifer in der Masse verstecken."
Einsatztruppe untersucht mögliche Unterwanderung
Weil sie nicht nur Cyberattacken fürchten, sondern auch, dass China Studenten und Forschung beinflussen könnte, hat Tehan jetzt eine Einsatztruppe ernannt, aus Universitäts- und Geheimdienstmitarbeitern. Die sollte die Cyberverteidigung sichern. Das sei alles Unfug, so erwidert ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums:
"Chinas sogenannte Unterwanderung Australiens und ähnliche Aussagen sind kompletter Blödsinn und deuten in eine ganz andere Richtung. Chinas praktische Kooperation und der kulturelle Austausch mit Australien auf der Basis gegenseitigen Vertrauens verbessert das Verhältnis beider Länder. Die Bildungszusammenarbeit zu politisieren, hilft niemandem, die Bevölkerung ist dagegen."
Enge wirtschaftliche Beziehungen
Australiens Bevölkerung steht den Chinabeziehungen zwiegespalten gegenüber: Wirtschaftlich profitiert der Kontinent Down under von der Nähe, Chinas Aufstieg hat auch Australien befeuert - und buchstäblich auch umgekehrt: China hat Unmengen von australischer Kohle und Eisenerz konsumiert; es ist insgesamt der wichtigste Handelspartner Australiens. Aber wirtschaftliche Beziehungen sollten keine politische Einflussnahme bedeuten, meinen viele Australier. Im vergangenen Jahr wurden ausländische, eben vor allem chinesische Spenden an Politiker heftig kritisiert und danach mit strengeren Auflagen versehen. Was ein Australier mit chinesischen Wurzeln kommentiert:
"Das ist gängige Praxis in China. Aber aus australischer Sicht ist es Bestechung."