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Chinas Einfluss
Chaostage in Hongkong

Hongkong gehört seit bald 20 Jahren zu China, agiert aber wie ein eigenständiger Staat. Allerdings wächst der Einfluss Festlandchinas täglich. Radikale Aktivisten der sogenannten "chinesische Sonderverwaltungszone" rufen inzwischen ganz offen nach Unabhängigkeit. Eine in den Augen der Pekinger Zentralregierung unfassbare Provokation.

Von Steffen Wurzel |
    Die Demonstranten haben in Erinnerung an die Proteste von 2014 aufgespannte Regenschirme mit dabei, als sie gegen die Einflussnahme Pekings auf die Straße gehen.
    Protest in Hongkong gegen die Einmischung aus Peking. (AFP / Anthony Wallace )
    Es herrschen politische Chaostage in Hongkong. Rangeleien im Parlament, Abgeordnete werden rausgeworfen, tausende Menschen gehen auf die Straßen. Ausgelöst haben den Streit zwei junge Parlamentarier. Mitte Oktober nutzte sie ihren ersten Tag im neu gewählten Hongkonger Abgeordnetenhaus für eine deftige Provokation.
    Die 25-jährige Yau Wai-Ching schwört ihren Amtseid. Sie hält sich allerdings nicht an den vorgegebenen Wortlaut, sondern baut in den Eid einen Schwall Schimpfwörter ein. Schimpfwörter, die sich gegen die Zentralregierung in Peking richten. Auch Yaus Parlamentskollege Sixtus Leung ändert die Eidesformel ab und breitet am Rednerpult ein Spruchband aus mit den Worten: Hongkong is not China.
    Die Vereidigung der neuen Parlamentarier endet im Eklat. Die beiden Abgeordneten der Partei Youngspiration werden von den Parlamentssitzungen ausgeschlossen.
    Eine Untergrabung der Hongkonger Autonomie
    Diese Woche nun schaltet sich der Nationale Volkskongress in Peking ein und macht klar: Die beiden Abgeordneten fliegen komplett aus dem Hongkonger Parlament. Aus Sicht vieler Menschen in Hongkong: eine völlig unangemessene Untergrabung der Hongkonger Autonomie.
    Am Dienstag versammelte sich hunderte Juristen vor dem Obersten Gericht Hongkong, um gegen die Einmischung aus Peking zu protestieren. Der Anwalt und Abgeordnete der pro-demokratischen Civic Party Dennis Kwok kritisierte bei der Demonstration die Staatsführung in Peking scharf.
    Es stehe dem Volkskongress in Peking nicht zu, sich in Hongkonger Gesetze einzumischen. Und tatsächlich sichert das Prinzip "Ein Staat, zwei Systeme" den Hongkongern eigentlich eine weitgehende Autonomie zu.
    Chinas Staatschef reagiert indirekt
    Die pro-demokratische Abgeordnete Claudia Mo. Sie vermutet: Die Führung in Peking versuche gezielt die eigentlich unabhängigen Gerichte zu entmachten. Auf die Provokationen der beiden jungen Abgeordnetenkollegen sei die Zentralregierung voll angesprungen. "Die Forderungen nach Unabhängigkeit sind natürlich unrealistisch. Ich sehe dafür keine Mehrheit bei den Hongkongern. Das Ganze ist eine Trotzreaktion der jungen Leute, die so enttäuscht davon sind, wie das Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" inzwischen umgesetzt wird. Es ist so gut wie gescheitert!"
    Chinas Staatschef Xi Jinping am Freitag. Bei einer Rede in Peking nahm er indirekt Bezug auf die Rufe einiger Hongkonger Kräfte nach Unabhängigkeit. Alle entsprechenden Abspaltungsversuche würden niemals und in keinster Weise toleriert, betont Xi.
    Nun werden die Frontverläufe nun schärfer
    Ausgelegt wurde das Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" schon immer unterschiedlich. Auf der einen Seite die Pekinger Führung, die "ein Land " betont. Auf der anderen Seite die liberalen und pro-demokratischen Kräfte in Hongkong, die sich auf die "zwei Systeme" konzentrieren. Durch die immer häufiger zu hörende Forderung nach echter Unabhängigkeit für die Siebeneinhalb-Millionen-Einwohnerstadt werden die Frontverläufe nun schärfer. Nach Ansicht der pro-demokratischen Abgeordneten Claudia Mo tun sich diejenigen, die nach Abspaltung von China rufen, allerdings keinen Gefallen.
    "Das kommt der Kommunistischen Partei doch gelegen! Sie kann dann sagen: Seht her, Hongkong gerät außer Kontrolle! Auf jeden Fall aber muss uns die Meinungsfreiheit garantiert werden. Selbst die Hongkonger Polizei wird nichts dagegen haben können, wenn man über die Unabhängigkeit spricht - so lange man nicht konkret aktiv wird."