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Chinas Mission Tianwen-1
Zum ersten Mal auf den Mars

Gerade erst ist eine Sonde der Vereinigten Arabischen Emirate in Richtung Mars aufgebrochen, da soll schon die nächste Mission aus China folgen. Einige Details sind geheim - zum Beispiel der Starttermin.

Von Guido Meyer |
Die Trägerrakete Langer-Marsch-5 steht bereit zum Start im Wenchang Space Launch Center in Südchina.
An Bord dieser Trägerrakete soll die Marssonde Tianwen-1 von Südchina aus starten. (imago images / Xinhua)
China hätte da ein paar "Fragen an den Himmel" – so lautet die Übersetzung für "Tianwen". Und Tianwen-1, das ist die erste Marssonde der Chinesen, die sich nun daran macht, ein paar dieser Fragen zu beantworten. Das Projekt besteht aus einem Mutterschiff, das den Mars umkreisen soll, und aus einem Rover, der auf dem Planeten landen und über seine Oberfläche rollen soll. Beide zusammen tragen 13 wissenschaftliche Experimente.
Bei deren Kalibrierung geholfen hat das Team um Werner Magnes vom Institut für Weltraumforschung in Graz: "Es ist immer so, dass die Sensoren selbst großen Temperaturunterschieden ausgesetzt sind. Und da muss man einfach am Boden vor dem Start schauen, dass man die Sensoren über diesen weiten Temperaturbereich testet."
Während es im Sommer auf dem Mars tagsüber mit rund 20 Grad Celsius bisweilen angenehm temperiert ist, fallen die Temperaturen in Winternächten auf weit unter minus hundert Grad.
Spuren von Mars' feuriger Vergangenheit
Magnes erklärt: Hier haben wir einfach bei uns am Institut eine Anlage, mit der wir Magnetfeldsensoren auf sehr tiefe Temperaturen abkühlen können. Und das war einfach ein Testaufbau, der den Kollegen in China nicht so, in dieser Art, zur Verfügung steht. Und deswegen sind diese Tests bei uns durchgeführt worden."
Bei Teilen des Marsmagnetfeldes sprechen Geologen von Krustenmagnetismus. Er stammt unter anderem von eingefrorenen Lavaströmen früherer Vulkanausbrüche. "Der Marssatellit der Chinesen wird nicht so nahe an die Marsoberfläche heranfliegen können, um diesen Krustenmagnetismus noch zu messen", sagt Magnes.
Vier Augen sehen mehr als zwei
Vielmehr soll sich Tianwen-1 Magnetfeldern in der Ionosphäre widmen, ab einer Höhe von 100 Kilometern aufwärts. Diese sogenannten sekundären Magnetfelder entstehen als Wechselwirkung des Sonnenwindes mit der Marsatmosphäre."Es gibt ein Magnetometer auf dem Orbiter – und da sind auch die Sensoren, die wir hier kalibriert haben -, aber es gibt auch ein Magnetometer auf dem Rover."
Hier sollen der Tianwen-1-Rover und der -Orbiter international zusammenarbeiten, und zwar mit den US-amerikanischen Sonden InSight auf der Marsoberfläche und MAVEN in der Marsumlaufbahn. Denn vier Augen sehen mehr als zwei. "Das ist natürlich für diese Wechselwirkungs-Untersuchungen von entscheidendem Vorteil", sagt Magnes.
Zusammenarbeit trotz Geheimhaltung
In den vergangenen Jahren hat China bewiesen, dass es Menschen ins All und Rover auf die Rückseite des Mondes schießen kann. Gelingt Tianwen-1, wäre dies die erste erfolgreiche Mission Chinas zu einem anderen Planeten. Und auch wenn China ein großes Geheimnis um seine erste Marsmission macht: Das Land kooperiert durchaus mit westlichen Partnern. Das beträfe nicht nur Magnetometerexperimente, ergänzt Roberto Orosei vom Nationalen Institut für Astrophysik im italienischen Bologna:
"Es gibt so eine Art ideale Kontinuität zwischen Europas Sonde MarsExpress und der neuen, chinesischen Mission Tianwen-1. Beide tragen Radarinstrumente an Bord, die in den Marsboden eindringen. Und beide Experimente haben zum Ziel, dort Wasser zu finden."
Flüssiges Wasser könnte Leben bedeuten
Wasser auf der Marsoberfläche kann sich dort aufgrund des geringen Atmosphärendrucks nicht halten. Es wird gasförmig. An den Marspolen kommt Wasser als Eis vor, so wie am Nord- und am Südpol der Erde. Spannend jedoch wäre Wasser in flüssiger Form, erklärt Orosei. "Je tiefer Sie in den Boden eindringen, desto wärmer wird es. Ab einer bestimmten Tiefe wird deswegen Eis im Boden flüssig. Suchen wir also nach unterirdischem Wasser, halten wir damit gleichzeitig Ausschau nach früherem oder sogar heutigem Leben."
Europas Sonde MarsExpress hat starke Hinweise auf einen flüssigen Wasserozean unter dem Marssüdpol geliefert. Die Mission wird jedoch in Kürze auslaufen und diese Messungen bis dahin wohl nicht bestätigen können. Roberto Orosei: "Die Chinesen haben nun ein ähnliches Radar an Bord. Wir gehen davon aus, dass sie da weitermachen werden, wo wir Europäer aufgehört haben. Wir hoffen, so am Ende eine globale Karte der Wasservorkommen unter den Eiskappen des Mars zu erhalten."
Gut möglich also, dass ein Teil der chinesischen "Fragen an den Himmel" in ein paar Jahren beantwortet sein werden.