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Desinformation
Chinas globaler Einfluss auf Medien

Es knirscht zwischen China und dem Westen, sagt zumindest Chinas Präsident Xi Jinping während der Jahrestagung des Volkskongresses in Peking. Solche und weitere Narrative verbreite die Parteiführung gezielt weltweit, erklärt Journalistin Joyce Lee.

Text: Anh Tran | Joyce Lee im Gespräch mit Brigitte Baetz | 07.03.2023
Chinas Staatspräsident Xi Jinping läuft ein bei der Eröffnung des Nationalen Volkskongresses 2023
Gerade findet in Peking die Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses statt. Was da gesagt wird, stößt international auf Interesse (IMAGO | Xie Huanchi)
Über die Rolle Chinas im russischen Krieg gegen die Ukraine wird derzeit viel diskutiert. Es geht um Deutungshoheit, wenn die USA mutmaßt, dass China Waffen an Russland liefert, und der chinesische Staatspräsident Xi Jinping dem Westen Unterdrückung vorwirft. Bis heute weigere sich China, von einem Krieg in der Ukraine zu sprechen. Stattdessen sei die Rede von Konflikt, Krise oder Spannung, so die Journalistin Joyce Lee.
Dabei versucht die chinesische Regierung - auch schon vor der russischen Invasion - eigene Narrative zu streuen. Erklärtes Ziel ist, bis 2049, zum 100. Bestehen der Volksrepublik China, Weltmacht Nummer eins zu sein. Dafür versucht das Land seinen Einfluss auf allen Ebenen zu verstärken, auch in den Medien.

Chinas Kommunikationsstrategie

Die Konrad-Adenauer-Stiftung, kurz KAS, schreibt in einer Analyse von 2020 von einer ausgereiften "public diplomacy Strategie", durch die die Interessen der chinesischen Parteiführung verbreitet werden sollen. Eine Säule der chinesischen Desinformationskampagne sind die Ausbreitung eigener staatlicher Medien und Investitionen in ausländische Medien weltweit.
Als ein Beispiel nennt die KAS "Independent Online". Das südafrikanische Online-Medium gehört zu 20 Prozent chinesischen staatlichen Investoren. 2018 musste ein Journalist seine Kolumne abgeben, weil er über das Umerziehungslager in Xinjiang berichtet hatte, wo nachweislich Menschen der uigurischen Minderheit festgehalten werden.

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Mit der chinesischen Tageszeitung "Xinhua", von der es eine englische, deutsche und italienische Version gibt, versuche China zusätzlich eigene Ansichten zu verbreiten, erklärt die Journalistin Joyce Lee im Deutschlandfunk. Oft würden durch sie positive Nachrichten gestreut. Es fehlten Informationen, die kritisch oder sensibel seien, so die Host des ARD-Podcasts "Welt.Macht.China".

Kooperationen mit chinesischer Propagandabehörde

China ist interessiert daran, sein Bild von der Welt zu vermitteln. Dazu sind auch Kooperationen zwischen chinesischen und internationalen Institutionen hilfreich. Für Aufsehen sorgte eine geplante SWR-Doku über den Ausbruch des Corona-Virus in Wuhan. Schon vor Ausstrahlung wurde bekannt, dass das China Intercontinental Communication Center, kurz CICC, die meisten Bilder aus China für die Dokumentation geliefert und Einblicke ins Manuskript hatte. Das CICC habe einen klaren Propagandaauftrag, erklärte die Sinologin Mareike Ohlberg damals gegenüber dem Deutschlandfunk.

Eigene Narrative setzen, andere verdrehen

Eine andere gängige Taktik ist es, kritische Narrative umzukehren. So kritisierte ein aktueller Bericht des Foreign Correspondents' Club of China, kurz FCCC, die aktuelle Arbeitssituation ausländischer Journalistinnen und Journalisten. Darin werden u.a. verstärkte staatliche Kontrollen, erschwerte Visa-Erteilungen und beschränkte Einreisegenehmigungen bemängelt. Die englischsprachige Parteizeitung Chinas "Global Times" verdreht die Aussage des Berichts und macht die USA zum Übeltäter unter der Überschrift: "FCCC-Bericht kritisiert China, aber in Wahrheit schränkt die USA ausländische Medien ein".
Laut der Journalistin Joyce Lee habe die "Global Times" zusätzlich eine eigene Abteilung, die für das chinesische Außenministerium Daten über ausländische soziale Medien sammelt. Dort versuche die chinesische Regierung, eigene Narrative zu verbreiten. So sei bekannt, dass Troll-Accounts unter dem Namen "50 Cent Army" regierungstreue Kommentare streuen. Für Lee besteht Chinas Desinformationskampagne vor allem darin, Informationen wegzulassen oder zu verharmlosen.