Eine Fabrikhalle in Kunshan, eine Autostunde westlich von Schanghai. Die Halle gehört zur sogenannten Start-up-Factory, einem Zusammenschluss vor allem deutscher Mittelständler. Der Name "Start-up" bedeutet nicht, dass hier Computer- oder Software-Firmen aktiv sind, vielmehr sind es klassische Maschinenbauer – die sogenannten Hidden Champions der deutschen Wirtschaft.
"Wir schauen uns jetzt einfach mal ein paar verschiedene Strukturen an. Dies hier ist ein klassisches Beispiel für reine Montage. Das ist die Firma Scherzinger aus Furtwangen im Schwarzwald. 150 Mitarbeiter haben die. Das ist einer der Nischenanbieter für alles, was Dosierpumpen angeht."
Bernd Reitmeier hat die Start-up-Factory vor sechs Jahren gegründet. Inzwischen produzieren hier in Kunshan rund 30 Firmen für den chinesischen Markt, fast alle kommen aus Deutschland. Seit die chinesische Regierung das Wirtschaftsprojekt "Made in China 2025" auf den Weg gebracht hat, boomt Reitmeiers Start-up-Factory. Der Mittelständler Scherzinger aus dem Schwarzwald zum Beispiel produziert hier Pumpen, die in den aufwendigen Batterie-Kühlsystemen von Elektroautos verbaut werden. E-Mobilität ist eine der Branchen, die die Führung in Peking zu einem strategischen Industriezweig erklärt hat und deswegen mit zig Milliarden Euro fördert. Davon profitiert auch Scherzinger.
"Die Batterien verlangen extrem genaue Kühlungssysteme - und so etwas machen wir hier. Das sind teilweise deutsche Kunden wie Bock oder Bitzer, teilweise auch chinesische Kunden wie Nanfeng zum Beispiel, die wir hier beliefern."
In der Nachbarhalle ist es deutlich lauter, obwohl die riesige Maschine, die hier steht, nichts produziert.
"Das ist die Firma Bihler. Maschinenbau. Das ist zum Beispiel eines der Unternehmen, das bei uns im letzten Jahr extrem profitiert hat von dieser ganzen Industrie-4.0-Kampagne."
Staatlich verordneter Hunger nach Hightech
Im Gegensatz zu den meisten anderen Firmen im Start-up-Zentrum hat Bihler hier keine Fertigung. In Kunshan steht lediglich eine Vorführmaschine, mit der chinesische Unternehmer für die deutsche Spitzentechnik begeistert werden sollen. Gebaut werden die sehr teuren und aufwendigen Bihler-Maschinen nach wie vor im bayerischen Füssen.
"In Füssen werden die Maschinen gebaut und in Halblech, das ist der Nachbarort, da wird dann das Werkzeug und alles draufgebaut. Da ist auch das Headquarter, also im schönen Allgäu!"
Nicht nur die rund zwei mal zwei Meter große Maschine kommt aus dem Allgäu, auch Markus Hipp, der im ostchinesischen Kunshan vorführt, wie aus einfachem Blech in sekundenschnelle aufwendige Bauteile für die Hightech-Industrie entstehen.
"Hier ist das Schnittwerkzeug, vorher wird gestanzt, wie man hier sieht. Dort werden Löcher gestanzt. In der nächsten Station wird gebogen. Und dann kommt hinten das fertige Teil raus. In diesem Fall ist das eine Kohleführung, die in Elektromotoren reinkommt."
Solche Elektromotoren werden zum Beispiel in Roboter-Anlagen gebraucht, also im Bereich Industrie 4.0. Auch diese Branche hat die Staatsführung in Peking zur Schlüsselindustrie erklärt. Der Maschinenbauer aus der Allgäuer Provinz verdient also entsprechend kräftig mit an Chinas staatlich verordnetem Hunger nach Hightech.
"Früher war’s wirklich so, dass die chinesischen Firmen weder das Geld noch den Bedarf hatten nach Hightech-Maschinen. Das hat sich geändert. Da haben wir natürlich großen Chancen, dass wir da einsteigen und dass wir da gute Gewinne einfahren und ordentliche Maschinen verkaufen."
In den vergangenen Jahren seien rund 80 Prozent aller Bihler-Maschinen nach China gegangen, sagt Markus Hipp. Das Interesse aus dem bevölkerungsreichsten Land der Welt am kleinen Ostallgäuer Familienunternehmen sei inzwischen so groß, dass viele seiner Kollegen in Füssen Angst hätten, dass die Firma von einem chinesischen Investor geschluckt werden könnte. Er selbst teile diese Befürchtung nicht, betont Hipp.
In Deutschland geben sich nicht mehr alle so entspannt
"Die Befürchtung ist, dass wir irgendwann mal aufgekauft werden von chinesischen Firmen. Die kommen dann vielleicht um die Ecke und sagen: Okay, wir legen dem Herrn Bihler mal geschwind 50 Millionen Euro auf den Tisch. Da haben viele in der Belegschaft ein bisschen Angst davor. Und natürlich davor, dass dann die Arbeitsplätze verloren gehen. Was in meinen Augen ein totaler Schmarrn ist. Chinesen sollen investieren. Das ist gut so. Die lassen aber normalerweise die Produktion in Deutschland, weil sie haargenau wissen, dass die Qualität der Maschine nur so lange gut bleibt, so lange sie in Deutschland produziert wird."
Als jemand mit konkreter Arbeitserfahrung in China hat Markus Hipp ein differenziertes Bild von chinesischen Investoren, die deutsche Firmen kaufen – oder kaufen wollen. In Deutschland geben sich nicht mehr alle so entspannt, vor allem nicht in der Politik. Grund sind mehrere geplante und tatsächlich vollzogene Milliarden-Übernahmen, die vergangenes Jahr für Aufsehen gesorgt haben.
Zu den umstrittensten gehörte der Kauf des Augsburger Roboter-Herstellers KUKA durch den chinesischen Haushalte-Geräte-Hersteller Midea. Die Bundesregierung hatte erst diskret und später ziemlich offen nach einem europäischen alternativen Käufer gesucht. Doch so viel wie die Chinesen, nämlich 115 Euro pro KUKA-Aktie, wollte niemand anders zahlen. Die Bewertung des Augsburger Unternehmens stieg mit dem Einstieg Mideas quasi über Nacht um mehr als ein Drittel auf einen Wert von rund 4,6 Milliarden Euro.
Weniger glatt lief der geplante Kauf des Computerchip-Anlagen-Herstellers Aixtron aus dem Großraum Aachen durch chinesische Investoren. Denn die Bundesregierung zog im Herbst eine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung wieder zurück - nach monatelangen Debatten über das Für und Wider chinesischer Investitionen. Der Kauf kam schließlich nicht zustande. Offenbar sorgte auch Druck aus den USA für das de facto Veto des Bundeswirtschaftsministeriums.
China will in den kommenden Jahren die Weltmärkte aufmischen
Trotzdem: 2016 haben chinesische Investoren für rund 13 Milliarden Euro in Deutschland Unternehmen oder Firmenanteile gekauft. Das hat die Düsseldorfer Beratungsfirma "Ginko Tree" ausgerechnet. Dieser neue Rekord ist vor allem im Vergleich zum Vorjahreswert bemerkenswert: Denn 2015 betrug der Wert der von Chinesen gekauften Firmen in Deutschland nicht einmal 900 Millionen Euro. Die Transaktionen haben sich also vervierzehnfacht. Das führt zu Debatten – und Kritiker warnen: Das kostbare "Made-in-Germany"-Hightech-Image sei durch die "Made-in-China 2025"-Kampagne gefährdet.
China will in den kommenden Jahren die Weltmärkte aufmischen. Und nach alter planwirtschaftlicher Tradition gibt es dafür einen groß angelegten Masterplan: eine staatlich gelenkte Industriepolitik. Im ersten Schritt soll der Anteil chinesischer Hersteller in zehn Industriesektoren deutlich steigen. Ob Informationstechnologie, Robotertechnik, Ausrüstung für die Raum- und Seefahrt und Elektromobilität: China dränge mit aller Macht an die Weltspitze, sagt der Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking, Jörg Wuttke. Die Europäische Handelskammer ist der größte Lobbyverband europäischer Firmen in China.
"Im Grunde ist es das erste Mal, dass sie uns weltweit mitteilen: Das ist unser Masterplan für 2025. Da wollen wir in zehn Bereichen Champions sein. Hier sind die Marktanteile, die unsere Firmen de facto bis dahin erringen sollen. Hier ist das Geld, hier sind die Subventionen. Und gleichzeitig der Weg dorthin: Dass man den Ausländern eher die Technologie abringt, indem man ihnen Marktanteile praktisch nur zuweist, indem sie Technologietransfer machen. Das bedeutet, dass wir da sehen können, wie China seine Zukunft plant. Zum Teil auf unsere Kosten."
Übernahmen ausländischer Firmen spielen eine wichtige Rolle. Im aktuellen Fünfjahresplan der chinesischen Regierung heißt es, dass es bei Übernahmen bestimmte Prioritäten geben soll. Dabei geht es vor allem um Technologie-Unternehmen, Automobil-Zulieferer und Maschinenbauer. China möchte Technologie dazu kaufen, die das Land selbst noch nicht hat. Und die gibt es vor allem in Europa – speziell in Deutschland. Ob der Roboterhersteller KUKA, das Industrieunternehmen Krauss-Maffei und der Autozulieferer Kiekert - die Liste der Übernahmen oder versuchten Übernahmen wird immer länger. In ihrer jüngsten Studie warnt die Europäische Handelskammer in Peking: Langfristig könne die chinesische Strategie für Europa bedrohlich werden.
Geldmengen, die im Westen ungläubiges Staunen verursachen
"Das ist eine ganz klare Sache: Made in China. Von Chinesen für Chinesen. Und da fallen eben diese ganzen Bereiche rein: Halbleiter-Technologie, Roboter, die neuen Energie-Autos mit Batterien. Und da fragen wir uns schon: Sind das Marktkräfte, die dazu führen, oder ist das in der Tat vom Staat gesteuert? Und da stellt sich dann immer die Frage: Wo kommt das Geld her? Also bisher haben wir gute Erfahrungen gemacht mit Chinesen, die in Europa investieren, aber das muss ja nicht so bleiben."
Die Bedenken vieler europäischer Unternehmen bestehen vor allem darin, dass der Plan "Made in China 2025" früher oder später auf eine staatlich geförderte Verdrängung ausländischer Mitbewerber hinauslaufen könnte. Weil China mit enormen staatlichen Subventionen genau in den Bereichen Marktführer werden will, auf denen das Wachstum von Industrieländern wie Deutschland beruht.
"Wir haben ja die Tendenz gesehen über die letzten Jahre, dass China einen Deal gemacht hat: Marktzugang gegen Technologieabgabe. Und das führte dann auch dazu, dass wir uns bei Solar- und Windenergie fast verabschiedet haben. Bei Zügen ist ja China auch schon sehr weit voran. China hat einfach einen riesengroßen Markt, aber gleichzeitig ist der Mechanismus immer so, dass am Ende des Tages deutsche oder europäische Firmen auf der Strecke bleiben. Und zwar nicht, weil sie nicht markwirtschaftlich konkurrenzfähig sind, sondern weil sie de facto gegen das Subventionsmodell nicht ankommen können."
Denn der chinesische Staat subventioniert die Politik "Made in China 2025" mit Geldmengen, die im Westen nur ungläubiges Staunen verursachen. Für die Industriebereiche, in denen China zur Weltspitze aufsteigen möchte, gibt es staatliche Investitionsfonds. Allein 19 Milliarden Euro stehen für die Halbleiterindustrie zur Verfügung. Für sogenannte neu entstehende Industrien gibt es einen Topf von 5,4 Milliarden Euro. Und auch die Elektromobilität wird mit staatlichen Milliardenbeträgen gefördert. Von dieser massiven Subventionspolitik profitiert beispielsweise Beiqi, einer der größten chinesischen Autobauer. Bekannt auch unter der Abkürzung BAIC.
Am Stadtrand Pekings hat Beiqi einen Ableger für Elektro- und Hybridautos. In einem schicken, neuen Produktionswerk wird das Modell EV160 gefertigt, ein kleines, einfaches Elektroauto für den Stadtverkehr. Bislang für den heimischen Markt. Der 30-jährige Produktionsmanager Zhu Yi steht an einer der Fertigungsstationen und streicht mit seinen Fingern über ein weißes Fahrgestell.
Die Sparte für Elektro- und Hybridautos des chinesischen Autobauers Beiqi hat allein im vergangenen Jahr mehr als 400 Millionen Euro an staatlichen Subventionen erhalten - und gleichzeitig seinen Absatz von Elektroautos mehr als verdoppelt. Waren es 2015 gerade mal 20.000 Autos, ist die Zahl im vergangenen Jahr auf 52.000 gestiegen. In diesem Jahr sollen rund 200.000 Elektroautos verkauft werden.
Die hohen Subventionen hat der chinesische Autobauer Beiqi unter anderem dazu genutzt, sich auch international aufzustellen. In fünf Ländern hat das Unternehmen Forschungseinrichtungen gegründet, um Innovation voranzutreiben. Beiqi habe deutsche und amerikanische Experten abgeworben, um die eigene Technologie weiter zu entwickeln, sagt Manager Lu.
Elektromobilität als Wachstumsmarkt
"Das ist alles im Rahmen dessen, was wir das Ziel für 2025 nennen. Wir wollen, dass unsere Produkte in China hergestellt werden. Aber nicht in niedriger Qualität, keine Billigprodukte mehr. Wie zielen darauf, Klassenbester mit unserem Produkt zu werden. Es soll das führende Produkt für unsere chinesischen Konsumenten werden."
Auch in den nächsten Jahren stehen noch massive staatliche Subventionen bereit. Die chinesische Führung hat die Elektromobilität als Wachstumsmarkt erkannt. Im Rahmen von "Made in China 2025" sollen bis zum Jahr 2025 rund 80 Prozent der Elektroautos in China von heimischen Herstellern stammen. Bislang war China in der Autoindustrie kaum konkurrenzfähig, bei der Elektromobilität soll das nun anders werden. Damit auch ausländische Unternehmen weiter vom chinesischen Markt profitieren können, fordert die Europäische Handelskammer in Peking seit Jahren bessere Marktbedingungen in China. Handelskammer-Präsident Jörg Wuttke:
"Wir haben immer noch diese Zugangsprobleme in China. Einige Marktsegmente sind total verschlossen für uns. Auf der anderen Seite sind chinesische Firmen völlig frei auf dem europäischen Markt und kaufen sich bei Firmen ein. Wir können hier nicht ein Buffet in Europa sein und gleichzeitig karge Hausmannskost in China."
Deshalb die Forderung: gleiche Wettbewerbsbedingungen auf beiden Seiten, gleiche Möglichkeiten für chinesische und ausländische Firmen, auch in China. Den Befürchtungen, dass ausländische Unternehmen im Rahmen der Strategie "Made in China 2025" noch mehr benachteiligt werden als sowieso schon, hat Ministerpräsident Li Keqiang auf dem Volkskongress im März widersprochen. Von der chinesischen Industriepolitik würden ausländische Unternehmen genauso profitieren.
"Wir werden ausländische Firmen in gleicher Weise behandeln wie chinesische Unternehmen. Ob beim Thema Lizenzierung neuer Produkte oder anderen staatlichen Wettbewerbsregeln. Unter der Initiative "Made in China 2025" wird es gleiche Bedingungen für alle geben."
Seit Jahren beklagen europäische Unternehmen Wettbewerbsnachteile in China: fehlende Rechtssicherheit, Einschränkungen beim Internet, Diebstahl geistigen Eigentums, hohe administrative Hürden, der Joint Venture-Zwang. Verbessert hat sich die Situation in den vergangenen Jahren kaum.
Dass sich chinesische Unternehmen für zig Milliarden mehr und mehr Beteiligungen an Firmen im Ausland sichern, ist offensichtlich. In Australien zielen chinesische Investoren auf Rohstoffe, Lebensmittel und Land. In den USA sind es unter anderem Firmen der Unterhaltungs-, Hotel- und Medienbranche. In Europa bleibt vor allem die Industrie interessant. Und speziell auf dem deutschen Markt suchen sich chinesische Investoren inzwischen die Branchen aus, in denen die zahlreichen Mittelständler Weltspitze sind.
Die Zeiten, in denen Deutschland tonangebend waren, sind vorbei
Stefan Rummel ist Geschäftsführer der Münchener Messegesellschaft, die seit vielen Jahren auch in China aktiv ist.
"Wir haben zum Beispiel bei unserer Umwelttechnologie-Messe ein Forum gemacht mit dem Namen "Wie begleitet man deutsche Mittelständler nach China?" Natürlich kam dann umgekehrt auch gleich das Interesse an der Frage: Wie können chinesische Firmen nach Deutschland gehen? Diese Nachfrage hat sich deutlich erhöht."
"Wir haben zum Beispiel bei unserer Umwelttechnologie-Messe ein Forum gemacht mit dem Namen "Wie begleitet man deutsche Mittelständler nach China?" Natürlich kam dann umgekehrt auch gleich das Interesse an der Frage: Wie können chinesische Firmen nach Deutschland gehen? Diese Nachfrage hat sich deutlich erhöht."
So wie Stefan Rummel spüren viele, die regelmäßig zwischen beiden Ländern unterwegs sind: Die Zeiten, in denen Deutschland in den gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen tonangebend waren, sind vorbei. Der Einfluss und das Selbstbewusstsein Chinas steigen.
"Da treffen zwei Kulturen aufeinander, die sich annähern und besser kennenlernen müssen."
Der Geschäftsführer der Messe München hat es in den vergangenen Jahren immer wieder mit deutschen Firmen zu tun gehabt, die von chinesischen Investoren aufgekauft wurden. Zum Beispiel im Bereich der Baumaschinen-Branche.
"Mein Eindruck ist, dass die chinesische Seite recht smart vorgeht, weil sie den deutschen Betrieb oft sehr eigenständig laufen lässt. Eine deutsche Firma, die übernommen wird, von jetzt auf gleich rein chinesisch laufen zu lassen, wäre mit Sicherheit der falsche Weg."
Chancen und Risiken
Mit dem staatlich verordneten "Made in China 2025"-Programm wird der Hunger nach deutschem Hightech weiter wachsen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie sieht darin zugleich Chancen und Risiken. Hanna Müller vom Pekinger BDI-Lobbybüro.
"Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich sagen ja: Die Chancen sind noch deutlich größer als die Risiken. Wenn Sie mich in fünf Jahren noch mal fragen, weiß ich nicht, ob ich Ihnen noch mal die gleiche Antwort geben würde. Ich glaube, dass da noch einige Unsicherheiten dabei sind, die auch den Schluss in einigen Bereichen zulassen, dass das eventuell nicht in unserem Sinne umgesetzt wird."
Spricht man dieser Tage mit deutschen Mittelständlern in China blicken sie vor allem auf die kurz- und mittelfristige Zukunft. Und das tun sie häufig mit großem Optimismus.
"Unsere Firmen sind grundsätzlich nicht so negativ, wie das die Europäische Handelskammer beschreibt."
Bernd Reitmeier vom Start-up-Zentrum in Kunshan, westlich von Schanghai.
Markus Hipp vom Allgäuer Spezial-Maschinenbauer Bihler ist davon überzeugt: Stand heute haben deutsche Firmen immer noch einen deutlichen Technologie-Vorsprung gegenüber chinesischen. So schnell werde sich daran nichts ändern.
"Es gibt zwar ähnliche Maschinen aus chinesischer Produktion. Aber die reichen in Sachen Qualität bei Weitem nicht an die deutschen heran. Das ist ein Unterschied wie zwischen einem Trabi und einem Mercedes. Diese Maschine läuft mit 250 Umdrehungen ohne Probleme, und die Teile kommen exakt gleich raus. Das sind präzise Kopien. Und bei den chinesischen Maschinen hat man halt mal zwei zehntel Millimeter Luft hier und ein bisschen Luft dort. Das ist für manche Produkte gar kein Problem. Aber im Hightech-Bereich habe ich mit einer Chinesen-Maschine gar keine Chance. Da muss ich dann wieder eine deutsche oder eine schweizerische Maschine haben. Sonst geht das nicht."
Nach Ansicht der Wirtschaftslobbyverbände wird sich die Zukunft der deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen auch daran entscheiden, wie Deutschland auf das "Made in China 2025"-Programm reagiert. Jörg Wuttke von der Europäischen Handelskammer in China und Hanna Müller vom BDI in Peking:
"Die Chinesen werden jetzt definitiv stärker in Europa investieren. Da muss im Grunde die Politik auch der Bevölkerung erklären, inwieweit sie das im Griff hat."
"Wir haben in Deutschland letztendlich bisher keine China-Strategie. Und wenn man sich überlegt, wie wichtig China und der strategische Umgang mit dem Land sind, dann ist es höchste Zeit, dass wir mit Politik, Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft eine China-Strategie entwickeln und uns fragen, wie wir mit China umgehen wollen."