Archiv

Chinesische Spionage beim 5G-Ausbau?
"Huawei selber macht die Tür nicht auf"

Der Technikkonzern Huawei könnte wichtige Komponenten zum Ausbau des deutschen 5G-Mobilfunknetzes liefern. Drohen damit Spionageangriffe der chinesischen Regierung? Michael Lemke von Huawei Deutschland wies das im Dlf zurück: Nicht nur habe seine Firma kein Interesse daran - auch gebe es hohe technische Hürden dafür.

Michael Lemke im Gespräch mit Manfred Kloiber |
    Smartphone von Huawei in der Hand eines Nutzers.
    Huawei (picture alliance / Jaap Arriens)
    Manfred Kloiber: Zur Zeit wird nicht nur in Deutschlandland darüber diskutiert, aus Sicherheitsgründen auf Komponenten chinesischer Hersteller beim Aufbau des 5G-Netzwerkes zu verzichten oder sie stark einzuschränken. Können Sie die dahintersteckenden Bedenken nachvollziehen?
    Michael Lemke: Wir plädieren dafür, dass man die ganze Diskussion fakten- und evidenzbasiert führt, und in Bezug auf Fakten und Evidenzen fühlen wir doch eine große Lücke in der öffentlichen Diskussion bezogen auf unsere Wahrnehmung, auch auf die Nachweislage eventueller Verfehlungen et cetera und dem aktuellen Sachstand.
    Kloiber: Worin besteht die Lücke genau?
    Lemke: Es besteht schlichtweg darin, dass von den uns nachgesagten Möglichkeiten, so wird geredet über Backdoors, es wurde geredet über Datenabfluss, es wird geredet über Sabotageakte, und keiner dieser Akte lässt sich in irgendeiner Form mit bisherigen Kooperationen von Huawei global und auch in Deutschland in Verbindung bringen.!
    "Wir haben eine gewisse Marktwahrnehmung erreicht"
    Kloiber: Was machen Sie denn anders, dass Ihre Konkurrenten nicht so unter Bedrängnis geraten wie Sie?
    Lemke: Ach nun ja, wir möchten gerne technisch diskutieren, und genau diese Frage fragt nicht in den Bereich der Technik. Vielleicht der einzige Grund, der sich hier ablesen lässt, ist, dass wir doch eine gewisse Marktwahrnehmung erreicht haben. Diese Marktwahrnehmung ist gut. Das heißt, wir haben uns hervorragend entwickelt über die letzten, zehn, 15, 20 Jahre, insbesondere im Bereich Mobilfunk, und dass möglicherweise diese Stärke oder diese Innovationsgeschwindigkeit die einen oder anderen überrascht hinterlässt, die nicht so tief involviert sind in die Technologie oder in diese Industrie.
    "Wir wissen, dass man uns ganz genau beobachtet hat"
    Kloiber: Haben Sie eigentlich dieses Misstrauen, was im Moment so stark diskutiert wird, schon in der Vergangenheit, zum Beispiel von Netzbetreibern hier in Deutschland oder von deutschen Behörden gespürt?
    Lemke: Ja, das ist eine interessante Frage. Wir sind ja eigentlich seit sehr langer Zeit in Deutschland aktiv, genau genommen seit 2005. Wir haben ein hervorragendes Verhältnis zu den deutschen Netzbetreibern. Deutsche Netzbetreiber setzen unsere Technologie seit vielen Jahren ein. Wir haben wesentlich dazu beigetragen, dass beispielsweise das Thema Mobilfunk, Smartphone und so weiter hervorragend funktioniert in diesem Lande, und wir wissen, dass wir, bevor wir überhaupt in die Netze eingesetzt wurden, mussten wir doch sehr lange arbeiten und sehr viel Vertrauen schaffen, indem wir Einblick in unsere Technologie gewährt haben, indem wir sehr kooperativ beim Thema der Planung und der Entwicklung neuer Technologien waren.
    Wir wissen, dass man uns ganz genau beobachtet hat, aber wir sind nie einem, sagen wir mal, besonderen Misstrauen, dem sind wir nicht ausgesetzt gewesen.
    Kloiber: Warum gerade bei 5G-Netz gibt es diese starken Bedenken, wenn es sie beim 4G-Netz zumindest in Deutschland vorher nicht gab?
    Lemke: Da gibt es zwei Faktoren. Der erste ist, in Deutschland ist das Thema Digitalisierung stark mit dem Thema 5G verknüpft worden, sodass also in der Öffentlichkeit offenbar irgendwie der Eindruck entstanden ist, 5G ist was fundamental Neues. Das stimmt aber nicht. Die Technologie, die mit 5G fortentwickelt wird aus dem Umkreis 4G ist also ähnlich. Es werden nur höhere Fähigkeiten eingebaut, und mit diesen höheren Fähigkeiten wird aber auch eine größere Verbreitung quasi von vernetzten Geräten - werden wir sehen, das Thema Internet der Dinge. Das heißt, revolutionär ist die Reichweite dieser Technologie. Die Technologie selber ist evolutionär.
    "Wir sind eine Firma, die Geschäfte machen möchte"
    Kloiber: Mit welchen Argumenten begegnen Sie denn zum Beispiel der Befürchtung, dass Netzwerkkomponenten chinesischer Hersteller ja Hintertüren für den Zugang staatlicher Stellen aus China haben könnten?
    Lemke: Das erste Argument ist ein nicht technisches Argument: Wir haben daran kein Interesse. Wir sind eine Firma, die Geschäfte machen möchte, und wenn man sich diesem Verdacht nur nähert, das hat Einfluss auf das Geschäft. Das können Sie sich selber vorstellen. Technisch gesehen ist die Diskussion relativ einfach, weil die Mobilfunknetze – und wir reden ja gar nicht über 5G und die Anfälligkeit der Netzkomponenten im 5G-Umfeld -, da lässt sich ganz einfach sagen, keine der Netzkomponenten ist ans Internet angeschlossen. Die Netzbetreiber betreiben diese Netzkomponenten in einem eigenen abgeschlossenen Netz, in einem privaten Netz, ihr Mobilfunknetz, das vom öffentlichen Internet komplett separiert ist. Das heißt, es besteht eine sehr hohe Hürde, und man muss zusammen mit dem Betreiber offenbar kooperieren, um überhaupt an die Netzprodukte heranzukommen.
    "Unser Entwicklungsprozess in sich selber ist geschlossen"
    Kloiber: Ich will das noch mal konkretisieren: Der Vorwurf lautet ja gar nicht, dass Huawei selber Hintertüren einbauen würde und sich den Zugang schaffen möchte, sondern die Gefahr wird darin gesehen, dass staatliche Stellen Hintertüren in chinesische Produkte einbauen und diese dann nutzen würden. Können Sie das ausschließen?
    Lemke: Zunächst einmal, unser Entwicklungsprozess in sich selber ist geschlossen. Die Kette, das Produkt ist von den Komponenten, die Software et cetera ist von uns vollständig als Huawei kontrolliert, und auch der Lieferweg ist vollständig kontrolliert und auch nach Cybersecurity-Richtlinien zertifiziert und überwacht. Das heißt, es müsste dort tatsächlich illegalerweise passieren. Jetzt wird genau dieser illegale Zustand angenommen, das heißt, mit hoher krimineller oder auch, wie soll ich sagen, staatlicher Energie wird quasi versucht, Einfluss zu nehmen oder wird es versucht, das Produkt abzuändern.
    Tja, das ist außerhalb meiner Kommentierungsreichweite. Huawei selber macht die Türen nicht auf. Wenn das jemand anderes macht, ich meine, wenn man sich die Snowden-Papiere, die ja doch ein Teil der Fantasien in diesem Zusammenhang befeuern, durchliest, dann stellt sich heraus, dass dort einfach auch Befürchtungen formuliert werden, dass man eben nicht an die Huawei-Produkte rankommt.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.