Das Mindesthaltbarkeitsdatum. Das auf der Verpackung anzugeben ist in Deutschland seit mehr als dreißig Jahren gesetzlich vorgeschrieben. Wenn es Bundesernährungsminister Christian Schmidt geht, dann sollte damit bald Schluss sein. Denn das Mindesthaltbarkeitsdatum ist eben kein Verfallsdatum sondern zeigt nur an, wie lange der Hersteller bestimmte Qualitätseigenschaften wie Geschmack, Geruch, Farbe oder Konsistenz garantiert, solange die Verpackung richtig verschlossen ist und das Produkt korrekt gelagert wurde. Weil die Hersteller nach Ansicht des Ministers hier zu große Sicherheitspuffer eingebaut haben, werden Lebensmittel oft viel zu früh entsorgt. Lieber wären dem CSU-Politiker intelligente Verpackungen, die anzeigen, wie es um die Qualität von Wurst, Fisch oder Obst steht.
Ein elektronischer Chip im Joghurtdeckel könnte den Verbrauchern etwa per Farbskala verraten, ob sie ihren Nachtisch noch mit Genuss essen können, oder nicht, skizzierte der Minister seine Idealvorstellung. Das ist eine Möglichkeit - allerdings auch komplexer als es auf den ersten Blick aussieht, erklärt Sabine Trupp.
Schutzgas zeigt an, ob Fleisch noch genießbar ist
"Weil es zum einen eine große Vielzahl von Lebensmitteln gibt, die aus unterschiedlichsten Gründen verderben können und auch unterschiedliches Verhalten zeigen können während des Verderbs."
Trupp arbeitet an der Fraunhofer Einrichtung für Mikrosysteme und Festkörper-Technologien EMFT.
Mit ihren Kollegen entwickelt die Wissenschaftlerin Materialien, die Kunden helfen können sollen, zu erkennen, wie es um ihr gekauftes Lebensmittel steht. Eine Folie, die die Farbe wechselt, etwa.
In Ansätzen gebe es ein solches Verfahren bereits heute, sagt Ulf Kelterborn, der Hauptgeschäftsführer der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen:
"In eine Fleischschale, die mit einer Folie abgedeckt wird, kann man ein Schutzgas einführen. Und wenn sich das Gas negativ verändert, dann wird dieses Schutzgas eine Farbe an, und der Verbraucher kann sehen, jetzt kann ich das Fleisch nicht mehr essen."
Allerdings, erläutert Sabine Trupp, den einen, den universellen Detektor kann es nicht geben, sagt sie.
"Es ist selbst beim Thema Fleisch so, dass verschiedene Fleischsorten verschiedene Zerfallsprodukte generieren, wenn sie verderben. Dass man nicht einmal eine Pauschalaussage über das Thema Fleisch machen kann. Wenn man zum Beispiel die entstehenden Gase misst, die entstehen."
Das aber bedeutet, um zum Beispiel intelligente Verpackungen herzustellen, muss man "für jedes Lebensmittel, das man für relevant hält, erst einmal eine Verderbsanalytik zu machen. Man muss dann herausfinden, ob es Indikatoren gibt, an denen ich messen kann, wie sich der Verderb gestaltet, und dann muss ich schauen, welche Mess- und Nachweismethoden ich habe, um diesen Verderb anzuzeigen."
Lebensmittel ohne Verpackungen sind ein Problem
Ein weiteres Problem. Ein großer Teil der Lebensmittel, die weggeworfen werden, sind Brot, Obst und Gemüse. Oft werden diese Produkte unverpackt verkauft. In dem Fall kann aber auch eine Gasanalyse nicht funktionieren. Deshalb müssten dann in Zukunft diese Produkte auch direkt nach der Produktion verpackt werden.
Mehr Verpackungsmaterial, wenn auch intelligentes, das laufe dem Ansatz zuwider, aus Umweltgründen weniger Verpackungsmaterial einzusetzen, kritisiert dann auch Georg Abel, der Bundesgeschäftsführer der Verbraucher Initiative e.V. Ulf Kelterborn widerspricht:
"Es kommt nicht so sehr darauf an, dass wir nun intelligente Verpackungen produzieren, sondern, dass wir den Verpackungsschutz, den Schutz der Lebensmittel weiter optimieren. Darum geht es. Und insofern sind Verpackungen in dem Zusammenhang, möglicherweise auch etwas aufwendigere, unverzichtbar. Denn der Schaden, wenn Lebensmittel weggeworfen werden, ist um ein Vielfaches größer als etwas aufwendigere Verpackungen, die in Deutschland ohnehin zu etwa 90 Prozent weggeworfen werden."
Abel aber fürchtet, es könnten noch mehr Lebensmittel weggeworfen werden, wenn die Verpackungen nur noch das Verfallsdatum enthielten. Statt auf Technik zu setzen, sollten die Verbraucher lieber wieder geschult werden, ihre Sinne zu benutzen. Sehen, riechen, schmecken – und dann entscheiden.