Im Stall von Karl-Eugen Kühnle stehen über hundert Holstein-Kühe. Manche angeln mit ihren langen Zungen Futter aus den Trögen, andere dösen auf dickem Stroh. Mit Gummistiefeln und grünem Overall läuft der Landwirt Karl-Eugen Kühnle durch den Mittelgang, den Blick auf die Tiere gerichtet. Den Hof in einem Vorort von Ulm betreibt er in dritter Generation.
"Der Hof wurde 1936 gekauft, von meinem Großvater mütterlicherseits, und seitdem wird hier gemolken."
Und das soll auch so bleiben – obwohl das Wirtschaften künftig schwieriger werden könnte für ihn. Heute schützt die Europäische Union Milchbauern wie Kühnle mit hohen Einfuhrzöllen vor Konkurrenzprodukten aus anderen Teilen der Welt. Bei Import-Milchpulver etwa werden über 1600 Euro pro Tonne fällig, bei Butter sogar mehr als 2300 Euro pro Tonne.
Doch nun wollen die Europäische Union und die USA Zollschranken abschaffen und ein umfassendes Freihandelsabkommen schließen. In der kommenden Woche werden die europäischen Handelsminister der EU-Kommission das offizielle Verhandlungsmandat erteilen. Es geht dabei um den freien Handel mit Waren und Dienstleistungen. Schon jetzt beträgt der jährliche transatlantische Wirtschafts-Austausch mehr als 450 Milliarden Euro. Eine Freihandelszone ohne Zölle dürfte die Geschäfte weiter beflügeln.
Lebensmittel und Agrarprodukte machen im transatlantischen Handel zwar nur einen kleinen Teil aus. Doch die Verhandlungsführer von USA und EU werden sich bei diesem Thema wohl ordentlich streiten müssen. Denn gerade bei der Herstellung von Lebensmitteln gibt es große Unterschiede.
In einer amerikanisch-europäischen Freihandelszone stünde Milchbauer Kühnle mit seinen Kühen und seiner Milch in direktem Wettbewerb zu Erzeugern in den Vereinigten Staaten. Das wäre unfair, sagt Kühnle, wegen der besonders strengen Produktionsvorschriften hier in Europa.
Bei uns sind die Standards – Umwelt, ökologisch, hygienisch – einfach relativ hoch im weltweiten Vergleich. Und somit ist es unseren Wettbewerbern, unseren Kollegen in den USA einfach möglich, einfach günstiger zu erzeugen.
"Der Hof wurde 1936 gekauft, von meinem Großvater mütterlicherseits, und seitdem wird hier gemolken."
Und das soll auch so bleiben – obwohl das Wirtschaften künftig schwieriger werden könnte für ihn. Heute schützt die Europäische Union Milchbauern wie Kühnle mit hohen Einfuhrzöllen vor Konkurrenzprodukten aus anderen Teilen der Welt. Bei Import-Milchpulver etwa werden über 1600 Euro pro Tonne fällig, bei Butter sogar mehr als 2300 Euro pro Tonne.
Doch nun wollen die Europäische Union und die USA Zollschranken abschaffen und ein umfassendes Freihandelsabkommen schließen. In der kommenden Woche werden die europäischen Handelsminister der EU-Kommission das offizielle Verhandlungsmandat erteilen. Es geht dabei um den freien Handel mit Waren und Dienstleistungen. Schon jetzt beträgt der jährliche transatlantische Wirtschafts-Austausch mehr als 450 Milliarden Euro. Eine Freihandelszone ohne Zölle dürfte die Geschäfte weiter beflügeln.
Lebensmittel und Agrarprodukte machen im transatlantischen Handel zwar nur einen kleinen Teil aus. Doch die Verhandlungsführer von USA und EU werden sich bei diesem Thema wohl ordentlich streiten müssen. Denn gerade bei der Herstellung von Lebensmitteln gibt es große Unterschiede.
In einer amerikanisch-europäischen Freihandelszone stünde Milchbauer Kühnle mit seinen Kühen und seiner Milch in direktem Wettbewerb zu Erzeugern in den Vereinigten Staaten. Das wäre unfair, sagt Kühnle, wegen der besonders strengen Produktionsvorschriften hier in Europa.
Bei uns sind die Standards – Umwelt, ökologisch, hygienisch – einfach relativ hoch im weltweiten Vergleich. Und somit ist es unseren Wettbewerbern, unseren Kollegen in den USA einfach möglich, einfach günstiger zu erzeugen.
Schon heute deckt der Milchpreis oft nicht die Kosten
Schon heute deckt der Milchpreis die Kosten der deutschen Erzeuger oft nicht. Wenn ein Freihandelsabkommen Europas großen Lebensmittelherstellern die Möglichkeit gäbe, Milchpulver zollfrei und damit billig aus den USA zu beschaffen – was dann?
Dann wüchse der Preisdruck hierzulande weiter und am Ende blieben noch weniger Cent pro Liter übrig, fürchten viele kleine Milchbauern, vor allem diejenigen im Bundesverband deutscher Milchviehhalter, wie Karl-Eugen Kühnle. Sie haben die Sorge, dass die industriell arbeitende Landwirtschaft aus den USA Europas kleine Bauern in Existenznöte bringt.
Fragt man nicht in Ulm nach dem Freihandelsabkommen, sondern in Brüssel, hört sich alles ganz anders an. EU-Handelskommissar Karel De Gucht wird mit der amerikanischen Regierung verhandeln, im Auftrag der 27 EU-Staaten. Er sei von den Vorteilen eines solchen Abkommens überzeugt, sagt er im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.
"Wir rechnen damit, dass das Bruttoinlandsprodukt der EU um ganze 0,5 Prozent steigt, wenn wir das Abkommen erfolgreich abschließen. Das wäre ein gewaltiger Wachstumsschub. Und darum geht es letztlich: um richtig viel Geld."
Dafür wollen Europa und die USA nicht nur Zölle abschaffen, sondern auch sogenannte nicht-tarifäre Handelshemmnisse. Damit sind ganz praktische Hürden gemeint, wie etwa unterschiedliche technische Standards, lebensmittelrechtliche Vorschriften oder Hygieneauflagen. Diese müssten entweder gegenseitig akzeptiert oder angeglichen werden – so das Ziel. Denn sie kosten Exporteure heute Nerven, Zeit und Geld – und machen die Warenausfuhr manchmal sogar völlig unrentabel.
Dann wüchse der Preisdruck hierzulande weiter und am Ende blieben noch weniger Cent pro Liter übrig, fürchten viele kleine Milchbauern, vor allem diejenigen im Bundesverband deutscher Milchviehhalter, wie Karl-Eugen Kühnle. Sie haben die Sorge, dass die industriell arbeitende Landwirtschaft aus den USA Europas kleine Bauern in Existenznöte bringt.
Fragt man nicht in Ulm nach dem Freihandelsabkommen, sondern in Brüssel, hört sich alles ganz anders an. EU-Handelskommissar Karel De Gucht wird mit der amerikanischen Regierung verhandeln, im Auftrag der 27 EU-Staaten. Er sei von den Vorteilen eines solchen Abkommens überzeugt, sagt er im Gespräch mit dem Deutschlandfunk.
"Wir rechnen damit, dass das Bruttoinlandsprodukt der EU um ganze 0,5 Prozent steigt, wenn wir das Abkommen erfolgreich abschließen. Das wäre ein gewaltiger Wachstumsschub. Und darum geht es letztlich: um richtig viel Geld."
Dafür wollen Europa und die USA nicht nur Zölle abschaffen, sondern auch sogenannte nicht-tarifäre Handelshemmnisse. Damit sind ganz praktische Hürden gemeint, wie etwa unterschiedliche technische Standards, lebensmittelrechtliche Vorschriften oder Hygieneauflagen. Diese müssten entweder gegenseitig akzeptiert oder angeglichen werden – so das Ziel. Denn sie kosten Exporteure heute Nerven, Zeit und Geld – und machen die Warenausfuhr manchmal sogar völlig unrentabel.
Ökonomen und Lebensmittelindustrie sehen große Chancen
Wie sehr ein Freihandelsabkommen Europa und die USA wirtschaftlich voranbringen könnte, wissen wenige so genau wie Gabriel Felbermayr vom Münchner Ifo-Institut. Der Ökonom hat im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums untersucht, welche Folgen eine solche Übereinkunft hätte. Das zentrale Ergebnis: Je umfassender das Abkommen wäre, desto mehr würde es sich für beide Wirtschaftssysteme auszahlen.
"Um was es mir geht in dieser ganzen Debatte, ist, dass man auch im Agrarbereich die Marktchancen sieht, die europäische Produzenten haben in den USA. Auch mit den europäischen Wertvorstellungen – gentechnikfrei, hormonfrei, biologisch, all diese schönen Dinge. Das ist ja für viele Amerikaner auch erstrebenswert. Nicht für jeden, aber für gerade die reichere Mittelschicht. Und das ist ein Marktsegment, das gerade in den USA nicht gut bedient wird."
Gerade die Agrar- und Lebensmittelexporte würden mit einem Freihandelsabkommen zunehmen, so Felbermayrs Studie – weit mehr noch als der Austausch von Industriegütern und Dienstleistungen. Seinen Berechnungen zufolge würde allein Deutschland in zwölf Jahren knapp ein Drittel mehr landwirtschaftliche Güter und Nahrungsmittel in die USA exportieren als heute.
Von diesen guten Perspektiven profitieren will beispielsweise die deutsche Süßwarenindustrie. Für sie zählen die Vereinigten Staaten schon heute zu den wichtigsten Auslandsmärkten. 62.000 Tonnen Schokolade, Zuckerwaren, Knabberartikel und Eis exportierten sie 2012 dorthin. Wert: knapp 267 Millionen Euro.
"So, das klassische Geräusch einer zuckerfreien Pulmoll-Dose."
Werner Simonis trägt einen weißen Hygienekittel und eine weiße Einweghaube auf dem Kopf.
In der Produktionshalle nebenan laufen die Bonbondosen tausendfach vom Band. Simonis ist Exportleiter des Bonbonproduzenten Kalfany bei Freiburg – und auch seine Dosen sollen bald über den Atlantik.
"Wir planen den Markteintritt mit unserem Pulmoll-Hustenbonbons, die in Deutschland seit nunmehr 64 Jahren im Markt sind, in den USA in diesem Herbst. Wir haben schon über 35 Exportmärkte für Pulmoll und da wird es an der Zeit, dass dieser große Markt, der für viele deutsche Süßwarenhersteller, große wie kleine Hersteller, eine sehr große Bedeutung schon hat, da wird es allerhöchste Zeit, dass wir auch in die Startlöcher kommen."
Doch in der Praxis ist das gar nicht so einfach, merkt Werner Simonis gerade. Denn nicht alles, was er Europäern verkauft, darf er auch Amerikanern verkaufen.
"Wie zum Beispiel unsere Sorte Pulmoll Kirsch: Da drin ist ein Kirscharoma, was keine Zulassung für die USA besitzt. Oder aber es gibt eine Sorte, die heißt Pulmoll Orange. Darin enthalten ist ein färbender Paprikaextrakt und dieser färbende Paprikaextrakt besitzt ebenfalls keine Zulassung für die USA."
Für Exportleiter Simonis heißt das: Diese beiden Sorten darf er nicht ausführen. Und für die übrigen muss sein Unternehmen erst einmal zusätzlich investieren: Die Dosen brauchen eine spezielle Beschriftung. Denn für Nährwertangaben gelten jenseits des Atlantiks andere Vorschriften als in Europa.
"Um was es mir geht in dieser ganzen Debatte, ist, dass man auch im Agrarbereich die Marktchancen sieht, die europäische Produzenten haben in den USA. Auch mit den europäischen Wertvorstellungen – gentechnikfrei, hormonfrei, biologisch, all diese schönen Dinge. Das ist ja für viele Amerikaner auch erstrebenswert. Nicht für jeden, aber für gerade die reichere Mittelschicht. Und das ist ein Marktsegment, das gerade in den USA nicht gut bedient wird."
Gerade die Agrar- und Lebensmittelexporte würden mit einem Freihandelsabkommen zunehmen, so Felbermayrs Studie – weit mehr noch als der Austausch von Industriegütern und Dienstleistungen. Seinen Berechnungen zufolge würde allein Deutschland in zwölf Jahren knapp ein Drittel mehr landwirtschaftliche Güter und Nahrungsmittel in die USA exportieren als heute.
Von diesen guten Perspektiven profitieren will beispielsweise die deutsche Süßwarenindustrie. Für sie zählen die Vereinigten Staaten schon heute zu den wichtigsten Auslandsmärkten. 62.000 Tonnen Schokolade, Zuckerwaren, Knabberartikel und Eis exportierten sie 2012 dorthin. Wert: knapp 267 Millionen Euro.
"So, das klassische Geräusch einer zuckerfreien Pulmoll-Dose."
Werner Simonis trägt einen weißen Hygienekittel und eine weiße Einweghaube auf dem Kopf.
In der Produktionshalle nebenan laufen die Bonbondosen tausendfach vom Band. Simonis ist Exportleiter des Bonbonproduzenten Kalfany bei Freiburg – und auch seine Dosen sollen bald über den Atlantik.
"Wir planen den Markteintritt mit unserem Pulmoll-Hustenbonbons, die in Deutschland seit nunmehr 64 Jahren im Markt sind, in den USA in diesem Herbst. Wir haben schon über 35 Exportmärkte für Pulmoll und da wird es an der Zeit, dass dieser große Markt, der für viele deutsche Süßwarenhersteller, große wie kleine Hersteller, eine sehr große Bedeutung schon hat, da wird es allerhöchste Zeit, dass wir auch in die Startlöcher kommen."
Doch in der Praxis ist das gar nicht so einfach, merkt Werner Simonis gerade. Denn nicht alles, was er Europäern verkauft, darf er auch Amerikanern verkaufen.
"Wie zum Beispiel unsere Sorte Pulmoll Kirsch: Da drin ist ein Kirscharoma, was keine Zulassung für die USA besitzt. Oder aber es gibt eine Sorte, die heißt Pulmoll Orange. Darin enthalten ist ein färbender Paprikaextrakt und dieser färbende Paprikaextrakt besitzt ebenfalls keine Zulassung für die USA."
Für Exportleiter Simonis heißt das: Diese beiden Sorten darf er nicht ausführen. Und für die übrigen muss sein Unternehmen erst einmal zusätzlich investieren: Die Dosen brauchen eine spezielle Beschriftung. Denn für Nährwertangaben gelten jenseits des Atlantiks andere Vorschriften als in Europa.
Industrie ohne Angst vor Konkurrenz
Praktisch jeder Süßwarenfabrikant kennt solche Exporthürden. Deshalb hofft die Branche, dass ein Freihandelsabkommen diese Barrieren mittelfristig beseitigt, etwa indem Europa und die USA ihr Lebensmittelrecht und ihre Kennzeichnungsvorschriften angleichen oder gegenseitig anerkennen. Kirsch-Aroma, Paprika-Farbstoff und Nährwertangaben aus der EU wären dann in den USA kein Problem mehr – und umgekehrt.
Anders als beispielsweise die kleinen Milchbauern haben Süßwarenhersteller keine Angst vor den Wettbewerbern aus Übersee. Sie seien harte Konkurrenz gewohnt – durch die ohnehin große Konzentration im deutschen Einzelhandel, sagt Carsten Bernoth, Geschäftsführer des Süßwaren-Exportverbands "German Sweets".
"Die Unternehmer sind hoch kompetitiv, eben weil die Struktur des heimischen Marktes so ist, wie sie ist. Und das eröffnet Potenzial in anderen Ländern."
Wie die Süßwarenhersteller, verspricht sich der Großteil der deutschen Lebensmittelwirtschaft viel vom Freihandel mit den USA.
"Rein in die USA sehe ich die allergrößten Chancen in der Fleischindustrie, weil dort die Potenzialausschöpfung noch nicht so weit ist wie in der Süßwarenindustrie, also mit Schokoladen, feine Backwaren, Dauerbackwaren. Und ich sehe auch ein großes Potenzial in der Milchindustrie."
Sagt Willie Meier von der "German Export Association for Food and Agriproducts", kurz GEFA. Das ist die Exportförder-Dachorganisation für die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft. Sie unterstützt Hersteller dabei, ihre Produkte ins Ausland zu bringen. Wenn Zölle und rechtliche Handelshürden fallen, wird das einfacher. Kein Wunder, dass Willi Meier den geplanten Freihandel positiv bewertet.
"Sicherlich wird mehr Wettbewerb entstehen, aber Wettbewerb ist auch gut für uns, Wettbewerb bringt uns nach vorne. Letztlich entscheidet die Qualität, die wir herstellen, und da habe ich gar keine Angst vor amerikanischer Konkurrenz."
Anders als beispielsweise die kleinen Milchbauern haben Süßwarenhersteller keine Angst vor den Wettbewerbern aus Übersee. Sie seien harte Konkurrenz gewohnt – durch die ohnehin große Konzentration im deutschen Einzelhandel, sagt Carsten Bernoth, Geschäftsführer des Süßwaren-Exportverbands "German Sweets".
"Die Unternehmer sind hoch kompetitiv, eben weil die Struktur des heimischen Marktes so ist, wie sie ist. Und das eröffnet Potenzial in anderen Ländern."
Wie die Süßwarenhersteller, verspricht sich der Großteil der deutschen Lebensmittelwirtschaft viel vom Freihandel mit den USA.
"Rein in die USA sehe ich die allergrößten Chancen in der Fleischindustrie, weil dort die Potenzialausschöpfung noch nicht so weit ist wie in der Süßwarenindustrie, also mit Schokoladen, feine Backwaren, Dauerbackwaren. Und ich sehe auch ein großes Potenzial in der Milchindustrie."
Sagt Willie Meier von der "German Export Association for Food and Agriproducts", kurz GEFA. Das ist die Exportförder-Dachorganisation für die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft. Sie unterstützt Hersteller dabei, ihre Produkte ins Ausland zu bringen. Wenn Zölle und rechtliche Handelshürden fallen, wird das einfacher. Kein Wunder, dass Willi Meier den geplanten Freihandel positiv bewertet.
"Sicherlich wird mehr Wettbewerb entstehen, aber Wettbewerb ist auch gut für uns, Wettbewerb bringt uns nach vorne. Letztlich entscheidet die Qualität, die wir herstellen, und da habe ich gar keine Angst vor amerikanischer Konkurrenz."
Streit über Gentechnik-Standards
Auch wenn die Lebensmittelwirtschaft bereits vom Freihandel mit dem riesigen Absatzmarkt USA träumt: Gerade bei Agrargütern und Nahrungsmitteln zeichnen sich große Konflikte ab. Denn die Herstellung von Lebensmitteln markiert kulturelle Unterschiede zwischen Europäern und Amerikanern.
Landwirt Kühnle begegnet vielen dieser Streitpunkte in seinem eigenen Stall. Er muss bloß in den Futtertrog seiner Kühe schauen. Gentechnik ist hier absolut tabu.
"Wir selber sind Biobetrieb, zertifiziert nach Bioland-Richtlinien – und da ist das ja deutlich reglementiert, was gefüttert werden darf und woher das Futter kommt."
Zwar dürfen konventionell arbeitende Landwirte in Europa gentechnisch veränderte Pflanzen verfüttern – aber eben nur relativ wenige.
Die EU-Vorschriften für grüne Gentechnik sind deutlich strenger als die der Amerikaner. So sind in Europa beispielsweise nur sieben Gensoja-Sorten für den Futtertrog zugelassen, in den USA sind es fast doppelt so viele. Angebaut werden darf Gensoja hierzulande gar nicht, in den USA dagegen sind 15 Sorten erlaubt. Außerdem gibt es in den USA keine Kennzeichnungsvorschriften für Gentechnik-Lebensmittel, in Europa dagegen die strengsten der Welt.
Das wollen die Vereinigten Staaten so nicht akzeptieren. Seit Jahren machen sie Druck, dass Europa sein striktes Regelwerk lockert und mehr grüne Gentechnik zulässt. Bislang weitgehend erfolglos. Doch es gilt als sicher, dass die Amerikaner während der Freihandelsgespräche einen neuen Anlauf starten. Denn es geht für die US-Agrarunternehmen um Milliardengeschäfte.
"Da stehen natürlich große Konzerninteressen dahinter, das wissen wir alle. Dass Monsanto sich natürlich verspricht, hier Marktzugang zu bekommen, ohne behindernde – in Anführungszeichen – behindernde Regeln. Das sind natürlich Sachen, an denen die USA ein großes Interesse haben."
Sagt Martin Häusling. Der Hesse sitzt für die Grünen im EU-Parlament – und gehört dort zu den größten Kritikern des Freihandels mit Lebensmitteln und Agrargütern. Zwar darf das EU-Parlament das Abkommen nicht direkt mitverhandeln – aber in Kraft treten kann die Vereinbarung nur, wenn die Parlamentarier sie mehrheitlich absegnen.
Milchbauer Karl-Eugen Kühnle in Ulm schaut jetzt in seinem Stall nach einer sichtbar trächtigen Kuh. Sie steht in einem abgetrennten Bereich des Stalls auf dickem Stroh. Kühnle zeigt auf ihre Ohrmarke.
"Das ist die Golfi mit der Nummer 49. Die ist jetzt kurz vorm Abkalben, die ist bei uns praktisch im Kreißsaal oder im Abkalbe-Stall, darf sich darauf vorbereiten, damit sie in den nächsten Tagen irgendwann entspannt ihr Kalb zur Welt bringen kann."
Kälbern auf die Welt zu helfen, darin hat Kühnle Routine. Irgendwann in den nächsten Tagen, schätzt er, ist es bei Golfi so weit. Ihr Kalb wurde durch künstliche Befruchtung gezeugt – und wird naturgemäß die genetische Information beider Elternteile in sich tragen.
Landwirt Kühnle begegnet vielen dieser Streitpunkte in seinem eigenen Stall. Er muss bloß in den Futtertrog seiner Kühe schauen. Gentechnik ist hier absolut tabu.
"Wir selber sind Biobetrieb, zertifiziert nach Bioland-Richtlinien – und da ist das ja deutlich reglementiert, was gefüttert werden darf und woher das Futter kommt."
Zwar dürfen konventionell arbeitende Landwirte in Europa gentechnisch veränderte Pflanzen verfüttern – aber eben nur relativ wenige.
Die EU-Vorschriften für grüne Gentechnik sind deutlich strenger als die der Amerikaner. So sind in Europa beispielsweise nur sieben Gensoja-Sorten für den Futtertrog zugelassen, in den USA sind es fast doppelt so viele. Angebaut werden darf Gensoja hierzulande gar nicht, in den USA dagegen sind 15 Sorten erlaubt. Außerdem gibt es in den USA keine Kennzeichnungsvorschriften für Gentechnik-Lebensmittel, in Europa dagegen die strengsten der Welt.
Das wollen die Vereinigten Staaten so nicht akzeptieren. Seit Jahren machen sie Druck, dass Europa sein striktes Regelwerk lockert und mehr grüne Gentechnik zulässt. Bislang weitgehend erfolglos. Doch es gilt als sicher, dass die Amerikaner während der Freihandelsgespräche einen neuen Anlauf starten. Denn es geht für die US-Agrarunternehmen um Milliardengeschäfte.
"Da stehen natürlich große Konzerninteressen dahinter, das wissen wir alle. Dass Monsanto sich natürlich verspricht, hier Marktzugang zu bekommen, ohne behindernde – in Anführungszeichen – behindernde Regeln. Das sind natürlich Sachen, an denen die USA ein großes Interesse haben."
Sagt Martin Häusling. Der Hesse sitzt für die Grünen im EU-Parlament – und gehört dort zu den größten Kritikern des Freihandels mit Lebensmitteln und Agrargütern. Zwar darf das EU-Parlament das Abkommen nicht direkt mitverhandeln – aber in Kraft treten kann die Vereinbarung nur, wenn die Parlamentarier sie mehrheitlich absegnen.
Milchbauer Karl-Eugen Kühnle in Ulm schaut jetzt in seinem Stall nach einer sichtbar trächtigen Kuh. Sie steht in einem abgetrennten Bereich des Stalls auf dickem Stroh. Kühnle zeigt auf ihre Ohrmarke.
"Das ist die Golfi mit der Nummer 49. Die ist jetzt kurz vorm Abkalben, die ist bei uns praktisch im Kreißsaal oder im Abkalbe-Stall, darf sich darauf vorbereiten, damit sie in den nächsten Tagen irgendwann entspannt ihr Kalb zur Welt bringen kann."
Kälbern auf die Welt zu helfen, darin hat Kühnle Routine. Irgendwann in den nächsten Tagen, schätzt er, ist es bei Golfi so weit. Ihr Kalb wurde durch künstliche Befruchtung gezeugt – und wird naturgemäß die genetische Information beider Elternteile in sich tragen.
Klonfleisch auf dem europäischen Mittagstisch?
Bei Kälbern in den USA ist das nicht immer so. Denn hier gehören geklonte Tiere – also genetische Kopien eines einzigen Elternteils – bei der Lebensmittelerzeugung zum Geschäft. Gerade wertvolle Zuchtbullen werden auf diese Weise im Labor vervielfältigt.
Dabei ist es belegt, dass die Klontechnik für die Tiere oft Quälerei bedeutet. Europas Tierschützer kritisieren das Klonen zu Zuchtzwecken deshalb heftig. Auch Cédric Cabanne. Der Franzose arbeitet für die Tierschutzorganisation "Eurogroup for Animals" in Brüssel.
"Klonen führt bei den Muttertieren öfter zu Fehlgeburten und zu Komplikationen bei der Geburt, denn geklonte Tiere sind am Ende der Tragzeit deutlich größer als normale Tiere. Außerdem überlebt die Mehrheit der Klontiere die Trächtigkeit nicht. Und von denen, die lebend zur Welt kommen, sterben viele schnell nach der Geburt oder in den Tagen oder Wochen danach."
Die wenigen gesunden Klone jedoch versprechen viel Profit: Das Sperma geklonter Zuchtbullen beispielsweise lässt sich teuer verkaufen. So spielen die Tierschutz-Bedenken der Europäer in den USA keine Rolle: Hier wurden bereits mehrere Hundert Tiere geklont, vor allem Rinder.
Zwar gelangt das Fleisch eines Klon-Rinds nicht in die Lebensmittelkette – einfach deshalb, weil das Klonen teuer ist und die Tiere zum Schlachten zu wertvoll sind. Milch und Fleisch ihrer Nachkommen aber landen auf den Tellern der amerikanischen Verbraucher. Und zwar unbemerkt. Denn eine Kennzeichnungspflicht für Klon-Produkte existiert in den USA nicht. Auch das beobachtet der grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling angesichts des geplanten Freihandelsabkommens mit Sorge:
"Je mehr geklont wird in den USA, desto schwieriger wird es auch, nachträglich eine Kennzeichnung herbeizuführen. Also auch da ist ein grundlegender Konflikt, weil die USA es komplett ablehnen, dass man Tiere, die aus Klonprozessen stammen, kennzeichnet."
Und bei der Fleischerzeugung ist das Klonen nicht der einzige Konfliktpunkt: Europäer und Amerikaner streiten auch erbittert über die Frage, ob Masttiere mit Hormonen behandelt werden dürfen, damit sie besser Fleisch ansetzen: in den USA ja – in der EU nein. Und darüber, ob Geflügel nach dem Schlachten mit einer Chlorlösung gesäubert werden darf. Auch hier wieder: in Amerika ja – in Europa nein.
Dabei ist es belegt, dass die Klontechnik für die Tiere oft Quälerei bedeutet. Europas Tierschützer kritisieren das Klonen zu Zuchtzwecken deshalb heftig. Auch Cédric Cabanne. Der Franzose arbeitet für die Tierschutzorganisation "Eurogroup for Animals" in Brüssel.
"Klonen führt bei den Muttertieren öfter zu Fehlgeburten und zu Komplikationen bei der Geburt, denn geklonte Tiere sind am Ende der Tragzeit deutlich größer als normale Tiere. Außerdem überlebt die Mehrheit der Klontiere die Trächtigkeit nicht. Und von denen, die lebend zur Welt kommen, sterben viele schnell nach der Geburt oder in den Tagen oder Wochen danach."
Die wenigen gesunden Klone jedoch versprechen viel Profit: Das Sperma geklonter Zuchtbullen beispielsweise lässt sich teuer verkaufen. So spielen die Tierschutz-Bedenken der Europäer in den USA keine Rolle: Hier wurden bereits mehrere Hundert Tiere geklont, vor allem Rinder.
Zwar gelangt das Fleisch eines Klon-Rinds nicht in die Lebensmittelkette – einfach deshalb, weil das Klonen teuer ist und die Tiere zum Schlachten zu wertvoll sind. Milch und Fleisch ihrer Nachkommen aber landen auf den Tellern der amerikanischen Verbraucher. Und zwar unbemerkt. Denn eine Kennzeichnungspflicht für Klon-Produkte existiert in den USA nicht. Auch das beobachtet der grüne EU-Abgeordnete Martin Häusling angesichts des geplanten Freihandelsabkommens mit Sorge:
"Je mehr geklont wird in den USA, desto schwieriger wird es auch, nachträglich eine Kennzeichnung herbeizuführen. Also auch da ist ein grundlegender Konflikt, weil die USA es komplett ablehnen, dass man Tiere, die aus Klonprozessen stammen, kennzeichnet."
Und bei der Fleischerzeugung ist das Klonen nicht der einzige Konfliktpunkt: Europäer und Amerikaner streiten auch erbittert über die Frage, ob Masttiere mit Hormonen behandelt werden dürfen, damit sie besser Fleisch ansetzen: in den USA ja – in der EU nein. Und darüber, ob Geflügel nach dem Schlachten mit einer Chlorlösung gesäubert werden darf. Auch hier wieder: in Amerika ja – in Europa nein.
Viele Europäer lehnen die Agrarproduktionsweisen der USA ab
Viele europäische Verbraucher lehnen die Produktionsweisen der US-Landwirtschaft ab – vor allem die Deutschen. Bei knapp 80 Prozent der Bundesbürger löst etwa Gentechnik auf dem Teller Unbehagen aus, das zeigt eine Studie der EU-Kommission.
Doch wenn die EU-Handelsminister in der kommenden Woche grünes Licht geben, dann könnten die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen möglicherweise noch in diesem Monat beim G8-Gipfel beginnen. In zwei Jahren soll das Abkommen stehen. So könnte US-Präsident Barack Obama es noch als wichtigen wirtschaftspolitischen Erfolg verbuchen. Ein ehrgeiziger Zeitplan – aber machbar, sagt der Ökonom Gabriel Felbermayr vom Münchner ifo-Institut.
"Die große Frage ist, wie tief dieses Abkommen sein wird, wie tief es geht. Ob man sagt: Okay, wir ernten jetzt schon mal die tiefhängenden Früchte, das, was man ohne Anstrengungen abpflücken kann. Das ist dann vielleicht im Industriebereich, im KFZ-Bereich, und lassen mal schwierige Bereiche außen vor. Das kann durchaus am Ende des Tages so sein. Das sollte man aber nicht jetzt schon als Ergebnis präjudizieren, sondern man sollte gucken, was denn nun in diesen zwei Jahren wirklich möglich ist."
Trotzdem: Einige Grünenpolitiker wie der Europaparlamentarier Martin Häusling haben bereits gefordert, den Agrar- und Lebensmittelbereich aus der Freihandelsvereinbarung ganz herauszuhalten. Das aber dürfte schon deshalb schwierig sein, weil die Amerikaner gerade für ihre landwirtschaftlichen Produkte einen besseren Marktzugang in Europa erreichen wollen. Ohne den Agrarbereich könnten sie möglicherweise das gesamte Freihandelsabkommen kippen.
Realistischer scheint daher, dass die EU und die USA den Agrarhandel zwar grundsätzlich liberalisieren, zugleich aber Ausnahmen oder Schutzmaßnahmen für einzelne strittige Lebensmittel einführen – wie gentechnisch veränderte Sojabohnen, Fleisch oder Milch möglicherweise.
Denn klar ist auch: Kein Abkommen mit den USA kann gültige europäische Lebensmittelvorschriften einfach aushebeln. EU-Handelskommissar Karel De Gucht:
"Wenn wir uns auf etwas einigen, muss es entweder den EU-Gesetzen entsprechen – oder wir müssen die Gesetze ändern. Man kann natürlich ein Abkommen schließen und als Folge daraus, noch vor dessen Ratifizierung, dann geltende Vorschriften ändern. Aber das haben wir nicht vor. Wir werden die EU-Gesetze so einhalten, wie sie bestehen."
Doch wenn die EU-Handelsminister in der kommenden Woche grünes Licht geben, dann könnten die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen möglicherweise noch in diesem Monat beim G8-Gipfel beginnen. In zwei Jahren soll das Abkommen stehen. So könnte US-Präsident Barack Obama es noch als wichtigen wirtschaftspolitischen Erfolg verbuchen. Ein ehrgeiziger Zeitplan – aber machbar, sagt der Ökonom Gabriel Felbermayr vom Münchner ifo-Institut.
"Die große Frage ist, wie tief dieses Abkommen sein wird, wie tief es geht. Ob man sagt: Okay, wir ernten jetzt schon mal die tiefhängenden Früchte, das, was man ohne Anstrengungen abpflücken kann. Das ist dann vielleicht im Industriebereich, im KFZ-Bereich, und lassen mal schwierige Bereiche außen vor. Das kann durchaus am Ende des Tages so sein. Das sollte man aber nicht jetzt schon als Ergebnis präjudizieren, sondern man sollte gucken, was denn nun in diesen zwei Jahren wirklich möglich ist."
Trotzdem: Einige Grünenpolitiker wie der Europaparlamentarier Martin Häusling haben bereits gefordert, den Agrar- und Lebensmittelbereich aus der Freihandelsvereinbarung ganz herauszuhalten. Das aber dürfte schon deshalb schwierig sein, weil die Amerikaner gerade für ihre landwirtschaftlichen Produkte einen besseren Marktzugang in Europa erreichen wollen. Ohne den Agrarbereich könnten sie möglicherweise das gesamte Freihandelsabkommen kippen.
Realistischer scheint daher, dass die EU und die USA den Agrarhandel zwar grundsätzlich liberalisieren, zugleich aber Ausnahmen oder Schutzmaßnahmen für einzelne strittige Lebensmittel einführen – wie gentechnisch veränderte Sojabohnen, Fleisch oder Milch möglicherweise.
Denn klar ist auch: Kein Abkommen mit den USA kann gültige europäische Lebensmittelvorschriften einfach aushebeln. EU-Handelskommissar Karel De Gucht:
"Wenn wir uns auf etwas einigen, muss es entweder den EU-Gesetzen entsprechen – oder wir müssen die Gesetze ändern. Man kann natürlich ein Abkommen schließen und als Folge daraus, noch vor dessen Ratifizierung, dann geltende Vorschriften ändern. Aber das haben wir nicht vor. Wir werden die EU-Gesetze so einhalten, wie sie bestehen."
Der Einigungsdruck ist vor allem für die Europäer groß
Der Einigungsdruck ist vor allem für die Europäer groß. Denn ohne Abkommen würde wohl ein Schiedsgericht der Welthandelsorganisation etwa über die chlorierten Hähnchen entscheiden. Und da ist die Gefahr groß, dass das bisherige Importverbot der Europäer fällt. Hinzu kommt: Weder Europa noch Amerika wollen sich vor der Weltöffentlichkeit und den aufstrebenden Wirtschaftsmächten mit gescheiterten Freihandelsgesprächen blamieren.
Auch für Milchbauer Karl Eugen Kühnle steht bei dem Freihandelsabkommen viel auf dem Spiel. Es überrascht ihn nicht, …
"…, dass ein Barack Obama dieses Abkommen auf Wolke sieben lobt. Ganz klar – wer die Politik der Amerikaner kennt, mit den liberalen Märkten, da ist das zwangsläufig so. Und unsere Politik wird mitziehen, weil sie für unsere Industrie Vorteile sieht."
Kühnle wird die Freihandelsgespräche genau verfolgen. Auch wenn Brüssel und Washington weit entfernt sind: Was dort verabredet wird, hat möglicherweise Konsequenzen in seinem eigenen Kuhstall.
Auch für Milchbauer Karl Eugen Kühnle steht bei dem Freihandelsabkommen viel auf dem Spiel. Es überrascht ihn nicht, …
"…, dass ein Barack Obama dieses Abkommen auf Wolke sieben lobt. Ganz klar – wer die Politik der Amerikaner kennt, mit den liberalen Märkten, da ist das zwangsläufig so. Und unsere Politik wird mitziehen, weil sie für unsere Industrie Vorteile sieht."
Kühnle wird die Freihandelsgespräche genau verfolgen. Auch wenn Brüssel und Washington weit entfernt sind: Was dort verabredet wird, hat möglicherweise Konsequenzen in seinem eigenen Kuhstall.