Die Einheit aller Christen müsse wiederhergestellt werden, erklärten die beiden Kirchenoberhäupter nach ihrem historischen Gespräch auf dem Flughafen der kubanischen Hauptstadt Havanna. "Wir sind von Schmerz erfüllt über den Verlust der Einheit, ein Ergebnis menschlicher Schwäche und Sünde." Ihr Treffen sei ein Signal der Hoffnung auf Wiedererlangung der Einheit. "Endlich treffen wir uns. Wir sind Brüder", hatte Franziskus Kyrill begrüßt. "Es ist klar, dass dieses Treffen von Gott gewollt ist."
Nach der zweistündigen Zusammenkunft unterzeichneten die beiden Kirchenoberhäupter eine achtseitige Erklärung, in der unter anderem der Wunsch nach Zusammenarbeit im Einsatz für bedrohte Christen in Nahost, für Frieden in der Ukraine und Religionsfreiheit betont wird. Die steigende Gewalt gegen Christen in der Golfregion und in Nordafrika in den vergangenen Jahren hatte dem Treffen besondere Dynamik verliehen. "In vielen Ländern werden ganze Familien, Dörfer und Städte unserer christlichen Brüder und Schwestern ausgelöscht", heißt es in der Erklärung. Die Staatengemeinschaft müsse "dringend handeln", um die weitere Vertreibung von Christen aus dem Mittleren Osten zu stoppen.
Warum Kuba?
Die Begegnung der Oberhäupter beider Kirchen, die 1,3 Milliarden Christen vertreten, war seit Jahrzehnten vorbereitet worden, das kommunistisch-atheistische Kuba wurde gezielt dafür ausgewählt. Eine Begegnung, die Folgen haben wird - davon geht Kirchenredakteur Andreas Main im Deutschlandfunk aus: Die achtseitige gemeinsame Erklärung biete viel Überraschendes, wie das konkrete Ansprechen der Kirchenspaltung.
In dem unterzeichneten Papier betonen beide außerdem: "Unser brüderliches Treffen hat auf Kuba stattgefunden, am Kreuzungspunkt von Nord und Süd sowie von Ost und West. Von dieser Insel, dem Symbol der Hoffnungen der "Neuen Welt" und der dramatischen Ereignisse der Geschichte des 20. Jahrhunderts, richten wir unser Wort an alle Völker Lateinamerikas und der anderen Kontinente."
Jaime Ortega, der ranghöchste katholische Amtsträger in Havanna, erklärte, Franziskus habe hervorragende Beziehungen zu Kuba, er pflege ein gutes Verhältnis zu Staatschef Raúl Castro. Und auch für den Patriarchen sei der Karibikstaat ein guter Ort der Begegnung, da Kuba schon enge Beziehungen zur Sowjetunion gehabt habe. Moskau hatte bei der Planung darauf bestanden, sich an einem neutralen Ort und außerhalb Europas zu treffen.
"Ich treffe den Patriarchen, wo immer er will"
Grund für die große Kirchenspaltung waren theologische und politische Streitigkeiten, vor allem, dass die Kirche im Osten den Autoritätsanspruch des Papstes nicht anerkannte. Letztlich ausschlaggebend für das Zustandekommen der Begegnung war zum einen die Entschlossenheit von Franziskus und zum anderen die Auffassung der russisch-orthodoxen Kirche, dass die Christen angesichts der Verfolgung im Mittleren Osten zusammenhalten müssen. Franziskus machte bereits 2014 deutlich, dass er die Beziehungen auf eine neue Stufe heben will, als er verkündete, er würde den Moskauer Patriarchen treffen, "wo immer" dieser wolle. Seit seiner Wahl zum Papst 2013 hat Franziskus bereits zwei Mal den russischen Präsidenten Wladimir Putin empfangen.
Kuba bildet für den Papst einen kurzen Zwischenstopp auf dem Weg nach Mexiko, wo er inzwischen zu einem mehrtägigen Besuch angekommen ist. Auf dem Programm stehen unter anderem Besuche in Städten, die vom Drogenhandel geprägt sind, darunter Ciudad Juárez an der Grenze zu den USA. Mexiko hat die zweitgrößte katholische Gemeinde der Welt nach Brasilien.
Russen wanderten einst nach Lateinamerika aus
Kyrill I. hält sich noch bis Sonntag in Kuba auf und reist dann nach Brasilien und Paraguay weiter. Nach der politischen Wende 1989/90 waren sowjetische Kader auf Kuba verblieben. Einige von ihnen bekennen sich heute wieder offen zum Christentum. Nach Kirchenangaben leben auf der Karibikinsel rund 15.000 russischsprachige orthodoxe Christen. In Lateinamerika unterhält das Moskauer Patriarchat die Diözese Argentinien sowie Gemeinden in Brasilien, Chile, Paraguay, Peru und Mexiko. Vor 95 Jahren hatte im brasilianischen Rio de Janeiro mit der Ankunft von rund 1.200 russischen Flüchtlingen eine Immigrationswelle begonnen. (tgs/kr)