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Christentum
"Jesus war mehr ein Reformer als ein Revolutionär"

Von vielen wird Jesus als radikaler Revolutionär der Weltgeschichte gedeutet. Doch nach seinem eigenen Selbstverständnis sei Jesus eher ein Reformer als ein Revolutionär gewesen, sagte der protestantische Theologe Friedrich Wilhelm Graf im Deutschlandfunk.

Friedrich Wilhelm Graf im Gespräch mit Dina Netz |
    Der Theologe Friedrich Wilhelm Graf
    Der Theologe Friedrich Wilhelm Graf (picture alliance / dpa / Horst Galuschka)
    Es müsse unterschieden werden, wie Jesus sich selbst gesehen hat und wie ihn später andere gedeutet haben. Aus seiner damaligen Perspektive habe sich Jesus selbst wohl eher als Reformer gesehen, dessen Credo gelautet habe, "kehret um und bindet euch an Gott", erläuterte Friedrich Wilhelm Graf, Professor für Systematische Theologie und Ethik an der Universität München, im DLF.
    Ein Revolutionär setze dagegen eher auf Gewalt, auf einen radikalen Umbruch und darauf, dass sich eine völlig neue Ordnung durchsetzen werde. Das habe Jesus damals nicht getan, so Graf.
    Verstehe man einen Revolutionär jedoch im übertragenen Sinne als einen Erneuerer, dann treffe die Bezeichnung durchaus auch auf Jesus zu. Und, so erklärte der Theologe, mit Jesu Kreuzestod seien auf jeden Fall revolutionäre Erwartungen verknüpft gewesen.
    Jesus brachte ein neues Gottesbild
    Jene, die Jesus später den Christus-Titel gegeben hätten, hätten in ihm den wichtigsten Revolutionär der Weltgeschichte gesehen. Denn Jesus habe den Menschen ein völlig neues Verständnis Gottes gebracht und so das Leben vieler fundamental verändert. Denn die Dreifaltigkeit Gottes impliziere zugleich, dass Gott sterblich ist, dass er durch Jesus selbst den Tod erleidet. Dabei sei die Geschichte Jesu bis zu dessen Tod "zunächst keine Siegesgeschichte", sie sei erst später so gedeutet worden.
    Graf verwies auf den Spruch Max Webers, dass Ideen sich dann durchsetzten, wenn sie sich mit Interessen verbänden, Das sei auch bei Jesus der Fall gewesen. Hier hätten die Anhänger mit der Aussicht auf das Reich Gottes eigene Interessen und Hoffnungen verknüpfen können.
    Menschenrechte in dem Sinne, wie wir sie als Grundrechte des Einzelnen verstünden, habe es zur Zeit Jesu noch nicht gegeben. Sie seien ein modernes Produkt. Es habe aber damals bereits ein "universalistisches Ethos" gegeben, das als eine "erste Vorform unseres heutigen universalistischen Menschenrechts" verstanden werden könne. Es gehe bei Jesus "um die Fortführung der prophetischen Tradition". Er habe gefordert, dass der Wille Gottes als heiliger Wille ernst genommen werde. Hierbei sei er ganz radikal gewesen, das zeige auch die Bergpredigt. Jesus habe "den ursprünglichen Sinn des Gesetzes freilegen" wollen, so Graf.
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