In Goethes Egmont geht es um den Widerstreit von Loyalität und Freiheitsdrang vor dem Hintergrund der niederländischen Erhebung gegen die Spanier im 16. Jahrhundert. In der Neuinterpretation durch Christian Jost, der einen neuen Ton finde aber aus dem Geist Goethes arbeite, erfahre dieser Konflikt eine Radikalisierung.
Düsterer Bilderreigen
Eine gute psychologische Personenführung und harte, sehr realistische Gewaltszenen in einem düsteren Bilderreigen transportierten das Thema in die Gegenwart und sorgten für einen spannungsreichen Abend. Der Freiheitsgedanke, der sowohl Goethe als auch Beethoven beflügelt habe, präge auch die Oper von Christian Jost nach dem Libretto von Christoph Klimke. Mit Goethes Sprache aber habe das nur noch am Rande zu tun, auch das Frauenbild hat sich laut Fuchs geändert: Das Clärchen, das bei Goethe eher ein nettes Mädchen von nebenan gewesen sei, ist Clara geworden, eine emanzipierte Frau, die vor der Entscheidung stehe, wie sie mit ihren Gefühlen für Egmont umgeht.
Spannender Beitrag zum Beethovenjahr
Musikalisch biete der Abend einen Stilmix aus Klangwolken und feinen Gesangslinien, was dem Stoff sehr dienlich sei. Die Solisten Maria Bengtsson (Clara), Edgaras Montvidas (Egmont) und vor allem Bo Skovhus (Herzog Alba) brillierten mit großer Sinnlichkeit, ausgezeichnet auch der Schönberg Chor und das ORF Radio-Symphonieorchester Wien unter Michael Boder.
Ein spannender Beitrag zum Beethovenjahr, meint Jörn Florian Fuchs, der aus der Atmosphäre und dem Freiheitspathos Beethovens lebe aber erfreulicherweise Beethoven nicht einfach zitiere und damit zur bloßen Hommage werde.