"Aus vielen Häusern kamen Frauen heraus. Frauen haben die Angewohnheit zu klagen. Sie dachten, wenn sie klagen, würde uns das beeindrucken. Aber uns ließ das kalt. Weil sie herauskamen, starben vor allem Frauen in Sabra und Shatila. Sie kamen heraus und schrien: 'Habt Mitleid!', und was weiß ich. Diese Frau starb als erste. Dann kamen ihr Sohn, ihr Vater, ihr Mann und starben auf ihr. Dann ihre Tochter, ihr Enkel und was weiß ich wer. Das wiederholte sich. Wer auftauchte, wurde erschossen. Egal, wie alt sie waren oder wie sie aussahen, ob sie schossen oder nicht. Es ging darum, eine Botschaft zu übermitteln, ich weiß nicht, an wen. Die Botschaft lautete: 'Wir sind traurig.'"
So beschreibt ein ehemaliger libanesischer Milizionär das Massaker in den Beiruter Flüchtlingslagern Sabra und Schatila, das am 16. September 1982 begann. Seine Kommandanten wussten sehr wohl, an wen die mörderische Botschaft gerichtet war, an die Palästinenser nämlich, die zu Tausenden im Libanon Unterschlupf gefunden und das vom Bürgerkrieg zerrüttete Land zur militärischen Basis für ihren Kampf gegen Israel gemacht hatten.
"Traurig" waren die christlichen Marodeure, weil ihr charismatischer Führer Bashir Gemayyel zwei Tage vor dem Massaker einem Attentat zum Opfer gefallen war. Der Milizenführer entstammte einem der einflussreichen christlich-maronitischen Clans und war am 23. August 1982 zum libanesischen Staatspräsidenten ernannt worden. Bis heute ist nicht geklärt, wer die Attentäter waren, aber das interessierte die Milizionäre nicht, sie hatten ein klares Feindbild.
"Wir hatten im Kopf, dass der Palästinenser unser einziger Feind war. Uns war egal, ob der Palästinenser Zivilist war oder nicht, ob er Kämpfer war oder nicht. Für uns zählte nur, dass der Palästinenser der Palästinenser war. Damals sagten wir: 'Kaufst Du einen Palästinenser, dann kauf auch einen Stock, denn der Palästinenser ist schmutzig und verflucht.""
So sahen das auch viele Israelis, insbesondere der damalige Verteidigungsminister Ariel Sharon. Am 6. Juni 1982 war die israelische Armee unter seiner Führung in den Libanon eingerückt, um die PLO zu vernichten. Die Israelis rückten bis Beirut vor und überzogen die libanesische Hauptstadt mit Flächenbombardements. Unter amerikanischer Vermittlung einigte man sich auf ein Abkommen, das den Abzug der PLO-Kämpfer vorsah, aber auch den Schutz ihrer im Libanon verbleibenden Familien. Beides sollten multinationale Streitkräfte garantieren. Sie verließen das Land wieder, nachdem am 3. September der Abzug der palästinensischen Kämpfer abgeschlossen war. Am Tag darauf wird Bashir Gemayyel ermordet, und zwei Tage später beginnt das Massaker.
"Sie stellten sich um den Kreis auf. An den Rand des Kreises. So! Alle standen im Kreis. Alle. Sechs oder sieben Kämpfer standen hinter ihnen. Viele Kämpfer waren da. Die sechs oder sieben, sie schossen. Sie schossen auf einen und sagten dem dahinter: 'Wirf ihn in die Grube.' Er warf ihn in die Grube. Dann kam der Nächste dran und so weiter."
Drei Nächte und zwei Tage lang wüten die zum Teil in Israel ausgebildeten Milizionäre in den Lagern. In einem wahren Blutrausch schießen sie auf alles, was sich bewegt. Sie schlachten Menschen mit Äxten und Messern regelrecht ab, vergewaltigen Frauen und Mädchen, rauben und plündern.
"Man tötet den Ersten widerstrebend. Beim Zweiten und Dritten fällt es einem schon leichter. Beim Vierten beginnt es, Spaß zu machen. Ich meine, wenn man fünf getötet hat, können es auch sechs sein. Es macht einem nichts mehr aus. Beim Ersten denkt man noch: 'Nein, das ist ein Mann, eine Frau. Das ist ein Mensch.' Man schaut ihn an und schießt dann trotzdem. Beim Zweiten fällt es einem leichter. Man hat sich sozusagen daran gewöhnt. Ab dann stellt man sich keine Fragen mehr."
Die israelische Armee hatte den Schauplatz der Gewaltorgie hermetisch abgesperrt und die Falangisten mit dem Auftrag in die Lager kommandiert, sie von möglicherweise zurückgebliebenen PLO-Kämpfern zu säubern. Die israelischen Soldaten schickten palästinensische Zivilisten, die dem Gemetzel entfliehen wollten, wieder zurück in die Lager, das sie in den Nächten zur besseren Orientierung der Todesschwadronen mit Leuchtraketen ausleuchteten. Sie stellten auch Bulldozzer zur Verfügung, mit deren Hilfe die Spuren des Massakers beseitigt werden sollten. Das geschah so gründlich, dass die Zahl der Opfer bis heute nicht ermittelt werden konnte. Schätzungen schwanken zwischen 1000 und 3500 Opfern.
Als bekannt wurde, was in Sabra und Schatila geschehen war, demonstrierten in Tel Aviv 400.000 Menschen gegen den israelischen Krieg im Libanon. Regierungschef Menachem Begin sah sich gezwungen, eine Untersuchungskommission zu ernennen. Die kam zu dem Ergebnis, dass die israelische Armee und politische Führung für das Massaker mitverantwortlich seien. Ariel Sharon musste als Verteidigungsminister zurücktreten, konnte seine politische Karriere aber bis hin zu seiner Wahl zum Ministerpräsidenten fortsetzen. Im Libanon sorgte eine am Ende des Bürgerkriegs erlassene Amnestie dafür, dass keiner der Killer von Sabra und Schatila vor Gericht gestellt wurde.
Die Originaltöne sind dem Dokumentarfilm "Massaker" entnommen, den Hermann Theissen mit Monika Borgmann und Lokman Slim gedreht hat und der von Polar Film vertrieben wird.
So beschreibt ein ehemaliger libanesischer Milizionär das Massaker in den Beiruter Flüchtlingslagern Sabra und Schatila, das am 16. September 1982 begann. Seine Kommandanten wussten sehr wohl, an wen die mörderische Botschaft gerichtet war, an die Palästinenser nämlich, die zu Tausenden im Libanon Unterschlupf gefunden und das vom Bürgerkrieg zerrüttete Land zur militärischen Basis für ihren Kampf gegen Israel gemacht hatten.
"Traurig" waren die christlichen Marodeure, weil ihr charismatischer Führer Bashir Gemayyel zwei Tage vor dem Massaker einem Attentat zum Opfer gefallen war. Der Milizenführer entstammte einem der einflussreichen christlich-maronitischen Clans und war am 23. August 1982 zum libanesischen Staatspräsidenten ernannt worden. Bis heute ist nicht geklärt, wer die Attentäter waren, aber das interessierte die Milizionäre nicht, sie hatten ein klares Feindbild.
"Wir hatten im Kopf, dass der Palästinenser unser einziger Feind war. Uns war egal, ob der Palästinenser Zivilist war oder nicht, ob er Kämpfer war oder nicht. Für uns zählte nur, dass der Palästinenser der Palästinenser war. Damals sagten wir: 'Kaufst Du einen Palästinenser, dann kauf auch einen Stock, denn der Palästinenser ist schmutzig und verflucht.""
So sahen das auch viele Israelis, insbesondere der damalige Verteidigungsminister Ariel Sharon. Am 6. Juni 1982 war die israelische Armee unter seiner Führung in den Libanon eingerückt, um die PLO zu vernichten. Die Israelis rückten bis Beirut vor und überzogen die libanesische Hauptstadt mit Flächenbombardements. Unter amerikanischer Vermittlung einigte man sich auf ein Abkommen, das den Abzug der PLO-Kämpfer vorsah, aber auch den Schutz ihrer im Libanon verbleibenden Familien. Beides sollten multinationale Streitkräfte garantieren. Sie verließen das Land wieder, nachdem am 3. September der Abzug der palästinensischen Kämpfer abgeschlossen war. Am Tag darauf wird Bashir Gemayyel ermordet, und zwei Tage später beginnt das Massaker.
"Sie stellten sich um den Kreis auf. An den Rand des Kreises. So! Alle standen im Kreis. Alle. Sechs oder sieben Kämpfer standen hinter ihnen. Viele Kämpfer waren da. Die sechs oder sieben, sie schossen. Sie schossen auf einen und sagten dem dahinter: 'Wirf ihn in die Grube.' Er warf ihn in die Grube. Dann kam der Nächste dran und so weiter."
Drei Nächte und zwei Tage lang wüten die zum Teil in Israel ausgebildeten Milizionäre in den Lagern. In einem wahren Blutrausch schießen sie auf alles, was sich bewegt. Sie schlachten Menschen mit Äxten und Messern regelrecht ab, vergewaltigen Frauen und Mädchen, rauben und plündern.
"Man tötet den Ersten widerstrebend. Beim Zweiten und Dritten fällt es einem schon leichter. Beim Vierten beginnt es, Spaß zu machen. Ich meine, wenn man fünf getötet hat, können es auch sechs sein. Es macht einem nichts mehr aus. Beim Ersten denkt man noch: 'Nein, das ist ein Mann, eine Frau. Das ist ein Mensch.' Man schaut ihn an und schießt dann trotzdem. Beim Zweiten fällt es einem leichter. Man hat sich sozusagen daran gewöhnt. Ab dann stellt man sich keine Fragen mehr."
Die israelische Armee hatte den Schauplatz der Gewaltorgie hermetisch abgesperrt und die Falangisten mit dem Auftrag in die Lager kommandiert, sie von möglicherweise zurückgebliebenen PLO-Kämpfern zu säubern. Die israelischen Soldaten schickten palästinensische Zivilisten, die dem Gemetzel entfliehen wollten, wieder zurück in die Lager, das sie in den Nächten zur besseren Orientierung der Todesschwadronen mit Leuchtraketen ausleuchteten. Sie stellten auch Bulldozzer zur Verfügung, mit deren Hilfe die Spuren des Massakers beseitigt werden sollten. Das geschah so gründlich, dass die Zahl der Opfer bis heute nicht ermittelt werden konnte. Schätzungen schwanken zwischen 1000 und 3500 Opfern.
Als bekannt wurde, was in Sabra und Schatila geschehen war, demonstrierten in Tel Aviv 400.000 Menschen gegen den israelischen Krieg im Libanon. Regierungschef Menachem Begin sah sich gezwungen, eine Untersuchungskommission zu ernennen. Die kam zu dem Ergebnis, dass die israelische Armee und politische Führung für das Massaker mitverantwortlich seien. Ariel Sharon musste als Verteidigungsminister zurücktreten, konnte seine politische Karriere aber bis hin zu seiner Wahl zum Ministerpräsidenten fortsetzen. Im Libanon sorgte eine am Ende des Bürgerkriegs erlassene Amnestie dafür, dass keiner der Killer von Sabra und Schatila vor Gericht gestellt wurde.
Die Originaltöne sind dem Dokumentarfilm "Massaker" entnommen, den Hermann Theissen mit Monika Borgmann und Lokman Slim gedreht hat und der von Polar Film vertrieben wird.