Die Eröffnung des Humboldt Forums in Berlin wurde kürzlich um ein weiteres halbes Jahr bis in den Herbst 2020 verschoben, die ersten Ausstellungen es Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst werden frühestens in einem Jahr zu sehen sein. Dennoch erregt dieses aufwendigste Projekt der Bundeskulturbaupolitik immer wieder Aufsehen.
Detaillerte Rekonstruktion
Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten, zwei der "hohen" christlichen Feiertage, soll der überaus umstrittene Nachbau des goldenen Kreuzes auf die Kuppel gehoben werden. Zugleich wurde bekannt, dass auch die Inschrift unterhalb des Kuppelrandes detailliert wiederhergestellt wurde. Sie ist eine persönliche Schöpfung König Friedrich Wilhelm IV., der hier Stellen aus der Apostelgeschichte und dem Brief an die Philipper zusammengezogen hat: "Es ist kein anderer Heil, es ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn der Name Jesu, zu Ehren des Vaters, dass im Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind."
Im Vorfeld wurde nie über die Inschrift debattiert, denn dann, so Bernau, wäre klar geworden "wie hochpolitisch sowohl die Kuppel als auch das Kreuz unter Friedrich Wilhelm IV gewesen sind."
Siegesfeier der Hohenzollern
Die Befürworter des Kreuzes haben unter anderem damit argumentiert, dass "das Christentum universell sei", so Bernau. Das nehmen aber andere Religionen auch für sich in Anspruch, erklärte er weiter. Entstanden sind die Inschrift und das Kreuz zusammen mit der Kuppel, unter der sich einst die Schlosskapelle befand, zur Feier des Sieges der Hohenzollernmonarchie über die Revolutionäre von 1848, denen auch vorgeworfen wurde, antichristlich zu sein.
Zudem wird moniert, dass hier die Republik ein Triumphzeichen der Monarchie nachbaue, und auf die reiche Tradition der Bundesrepublik verwiesen, bei Wiederaufbau- und Nachbauten aus heutiger Sicht sinnfreie oder kaum noch ertragbare ideologische Botschaften durch abstrakte Formen zu ersetzen. In Berlin wurde trotzdem der detailgetreue Nachbau gewählt – obwohl an anderen Stellen des Humboldtforums erheblich vom historischen Vorbild des Schlosses abgewichen wird, indem etwa die Renaissancefassaden zur Spree nicht wiederhergestellt werden.
Kritische Distanz
Nach Informationen des Deutschlandfunk gibt es bereits interne Papiere der Stiftung Humboldt Forum, in denen versucht wird, den künftigen Umgang mit Kreuz und Inschrift zu skizzieren, nach dem Vorbild von kritisch kommentierenden Inschriften, die an "problematischen" Denkmälern wie der "Judensau" in Wittenberg oder dem Kriegerdenkmal in Buxtehude angebracht wurden. In den eigentlichen Ausstellungen zur Geschichte des Ortes soll allerdings die Geschichte von Kreuz, Kuppel und Inschrift und die Debatte, um deren Nachbau nach bisherigem Stand der Dinge keine Rolle spielen.