Mit Wagnermusik beschallte er in Weimar die Denkmale von Schiller und Goethe und in Namibia die Robben am Meeresstrand.
"Der Wagner zerstört eigentlich was. Weil er nämlich die ganze Weltgeschichte in Kurzform darstellt. Jeder Versuch scheitert ... von Anfang bis Ende. Und das als Endlosmusik."
Das Scheitern war ein Schlüsselbegriff für den bekennenden Katholiken Schlingensief. 2004 inszenierte er in Bayreuth den "Parsifal". Das Leiden Amfortas' wurde für Schlingensief zum Leiden der Welt: Seine Gralsburg und die Heimat der Gralsritter erschienen als modifizierte brasilianische Favela mit Guantánamo-Appeal. Daneben ein Friedhof der Künste mit der Mona Lisa als Grabstein, Warhols Suppendose, Hermann Nitschs Blutsudeltüchern, überblendet von einer wahren Videoprojektionsorgie verfremdeter Schwarz-Weiß-Bilder eines Voodoo-Rituals. Assoziatives Übergesamtkunstwerk.
Dann inszenierte Schlingensief 2007 in Manaos den "Fliegenden Holländer" aus dem Geist brasilianischer Sagen. Schlingensief erzählte von den rosaroten Delfinen im Amazonas und davon, dass die Indios daran glauben, dass sich die Tiere nachts einen Anzug anziehen, auf Landgang ausschwärmen und junge Frauen schwängern. Verfaulten in seinem Bayreuther "Parsifal" auf der Leinwand Kaninchen im Zeitraffer, konnte man in Manaos während der Ouvertüre Larven in monströser Großaufnahme dabei zusehen, wie sie langsam schlüpfen. Eher nebenbei wurden junge Mädchen geköpft, am Ende musste sogar Senta, die vergeblich Liebende, daran glauben. Nichts für zimperliche Wagnerianer.
2008 inszenierte Schlingensief an der Deutschen Oper in Berlin die erste szenische Aufführung der Braunfels-Oper "Jeanne d'Arc" beziehungsweise er ließ sie inszenieren, da seine schwere Erkrankung ihn ans Krankenbett fesselte. Anna-Sophie Mahler, Søren Schuhmacher und Carl Hegemann realisierten seine Konzeption. Afrikanische Schamanen, Nikolaus samt Rentierschlitten, ein buntes Kostüm-Tohuwabohu. Und wiederum Videos über Videos. Von Gewürm, Bakterien, Zersetzungsprozessen und von nepalesischen Leichenverbrennungen. Nicht jeder hat das verstanden.
"Aber im Kern ist es, dass jeder das Recht hat, eigentlich sein Scheitern als Kapital zu begreifen."
Immer wieder senkte sich das Bild einer roten, zerfransten Lunge vom Schnürboden herab. Und so wurde die "Johanna-Passion", zur Christoph-Passion, zum halb koketten, halb exhibitionistischen Bilderbogen vom Leiden und Sterben eines Visionärs.
"Der Wagner zerstört eigentlich was. Weil er nämlich die ganze Weltgeschichte in Kurzform darstellt. Jeder Versuch scheitert ... von Anfang bis Ende. Und das als Endlosmusik."
Das Scheitern war ein Schlüsselbegriff für den bekennenden Katholiken Schlingensief. 2004 inszenierte er in Bayreuth den "Parsifal". Das Leiden Amfortas' wurde für Schlingensief zum Leiden der Welt: Seine Gralsburg und die Heimat der Gralsritter erschienen als modifizierte brasilianische Favela mit Guantánamo-Appeal. Daneben ein Friedhof der Künste mit der Mona Lisa als Grabstein, Warhols Suppendose, Hermann Nitschs Blutsudeltüchern, überblendet von einer wahren Videoprojektionsorgie verfremdeter Schwarz-Weiß-Bilder eines Voodoo-Rituals. Assoziatives Übergesamtkunstwerk.
Dann inszenierte Schlingensief 2007 in Manaos den "Fliegenden Holländer" aus dem Geist brasilianischer Sagen. Schlingensief erzählte von den rosaroten Delfinen im Amazonas und davon, dass die Indios daran glauben, dass sich die Tiere nachts einen Anzug anziehen, auf Landgang ausschwärmen und junge Frauen schwängern. Verfaulten in seinem Bayreuther "Parsifal" auf der Leinwand Kaninchen im Zeitraffer, konnte man in Manaos während der Ouvertüre Larven in monströser Großaufnahme dabei zusehen, wie sie langsam schlüpfen. Eher nebenbei wurden junge Mädchen geköpft, am Ende musste sogar Senta, die vergeblich Liebende, daran glauben. Nichts für zimperliche Wagnerianer.
2008 inszenierte Schlingensief an der Deutschen Oper in Berlin die erste szenische Aufführung der Braunfels-Oper "Jeanne d'Arc" beziehungsweise er ließ sie inszenieren, da seine schwere Erkrankung ihn ans Krankenbett fesselte. Anna-Sophie Mahler, Søren Schuhmacher und Carl Hegemann realisierten seine Konzeption. Afrikanische Schamanen, Nikolaus samt Rentierschlitten, ein buntes Kostüm-Tohuwabohu. Und wiederum Videos über Videos. Von Gewürm, Bakterien, Zersetzungsprozessen und von nepalesischen Leichenverbrennungen. Nicht jeder hat das verstanden.
"Aber im Kern ist es, dass jeder das Recht hat, eigentlich sein Scheitern als Kapital zu begreifen."
Immer wieder senkte sich das Bild einer roten, zerfransten Lunge vom Schnürboden herab. Und so wurde die "Johanna-Passion", zur Christoph-Passion, zum halb koketten, halb exhibitionistischen Bilderbogen vom Leiden und Sterben eines Visionärs.