Die sechs Freigelassenen wurden in Uruguay aufgenommen. Sie seien sehr froh, nach zwölf Jahren in Guantanamo wieder in Freiheit zu leben, erklärte ihre Anwältin, Cori Crider:
"Ich glaube, niemand von uns kann nachvollziehen, wie es für diese Männer nach zwölf Jahren ohne Anklage und ohne Prozess ist, endlich wieder frei zu sein, mit ihren Familien reden zu können. Sie sind sehr dankbar für die Gastfreundschaft des uruguayischen Volkes."
Bei den Freigelassenen handelt es sich um vier Syrier, einen Tunesier und einen Palästinenser. Insgesamt 19 Gefangene sind dieses Jahr aus Guantanamo entlassen worden, mehr als im ganzen letzten Jahr zusammen. 136 Gefangene werden noch festgehalten. Einst waren es 700. Der Hälfte der noch Inhaftierten ist eine Entlassung in Aussicht gestellt worden, sie gelten als nicht gefährlich. Fünf Gefangenen wird der Prozess vor einem Militärgericht gemacht, unter ihnen der mutmaßliche Chefplaner der 9/11-Terroranschläge, Khaled Scheich Mohammed.
Der Bericht des amerikanischen Senates über die Folterpraktiken der CIA und die weltweite Empörung haben erneut ein Schlaglicht darauf geworfen, dass auch Guantanamo die internationale Glaubwürdigkeit der USA beschädigt.
Aus dem Weißen Haus hieß es nach der Veröffentlichung des CIA-Folterberichtes, es sei an der Zeit gewesen, Transparenz herzustellen und vor allem der Welt zu zeigen, dass Amerika seine Fehler eingestehen und korrigieren könne. Die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, der den Bericht in fünf Jahren Arbeit zusammengetragen hatte, Dianne Feinstein, war in ihrem Urteil über die CIA vernichtend.
"Dieser Bericht zeigt, dass die Handlungen der CIA vor über einem Jahrzehnt ein Schandfleck sind auf unserer Geschichte und auf unseren Werten."
Obama: "Guantanamo ist nicht notwendig"
Dass Barack Obama über Guantanamo genau so denkt, ist bekannt. Er hatte seit seinem Amtsantritt dafür geworben, das Gefangenenlager auf Kuba zu schließen.
"Guantanamo ist nicht notwendig für Amerikas Sicherheit. Es ist teuer, ineffizient, es schadet unserem internationalen Ruf, es behindert die Zusammenarbeit mit unseren Verbündeten in Fragen der Terrorismusbekämpfung, es dient den Extremisten zur Rekrutierung - es muss geschlossen werden."
Doch die Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers gestaltet sich schwierig, weil das amerikanische Parlament sich sperrt. Der Kongress hat einen Transfer der restlichen Gefangenen in Hochsicherheitsgefängnisse in den USA untersagt. Noch Anfang dieses Monats scheiterte im Senat der Versuch, dem Präsidenten die Kompetenz zu erteilen, die Gefangenen in die USA zu holen und das Lager zu schließen. Die meisten Republikaner wollen auf keinen Fall Häftlinge aus Guantanamo in die USA holen, so zum Beispiel der Abgeordnete Doug Lamborn aus Colorado. In seinem Wahlkreis befindet sich ein Hochsicherheitsgefängnis.
"Guantanamo sollte offenbleiben, solange der Krieg gegen den Terror geführt wird, solange Terroristen Amerika zerstören und Amerikaner ermorden wollen."
Die schwierigste Frage ist, was mit den 46 Gefangenen geschehen soll, die man für zu gefährlich hält, um sie einfach zu entlassen. Die aber gleichzeitig zum Teil nicht vor Gericht gestellt werden können, weil man die Beweise gegen sie durch Foltermethoden erlangt hat. Andrea Prasow, eine ehemalige Guantanamo-Anwältin und jetzt bei Human Rights Watch zuständig für nationale Sicherheit, sagt dazu: Eine unbefristete Gefangennahme ohne Aussicht auf einen Prozess wäre rechtswidrig, egal ob auf Guantanamo oder in den USA:
"Obama sagt, dass Guantanamo falsch ist und geschlossen werden muss und dass es unserer nationalen Sicherheit schadet. Das ist zwar alles richtig, aber gleichzeitig akzeptiert er die Prämisse von Guantanamo, dass es rechtens ist, Leute unbegrenzt ohne Anklage und ohne Prozess festzuhalten."
Alliierte nicht bereit, zu helfen
Doch solange der Kongress sich sperrt, kann die Obama-Administration das Problem nur scheibchenweise lösen. Auch viele Alliierte sind nicht bereit zu helfen. Deutschland hatte sich zum Beispiel geweigert, eine erwiesenermaßen unschuldige Gruppe muslimischer Uiguren aufzunehmen.
Guantanamo wurde eröffnet, weil man nicht wusste, was man mit nicht-staatlichen Kombattanten machen sollte. Die Chance, sie nach amerikanischem Recht vor zivilen Gerichten abzuurteilen, hat man verpasst, obwohl dies zumindest in einigen Fällen möglich gewesen wäre. In ihre Heimatländer kann man viele nicht schicken, weil ihnen dort der Tod droht. Guantanamo, so schien es zumindest vor zwölf Jahren, war eine hochproblematische Idee, die ein dringendes Problem kurzfristig zu lösen schien. Und nicht nur Barack Obama hat es sich leichter vorgestellt, mit dieser schlechten Idee aufzuräumen.