Nicht selten fehlte es am Nötigsten. Und er war sich nicht zu schade, Bittbriefe zu schreiben, an begüterte Freunde oder wohlwollende Sammler. Claude Monet, dessen Bilder heute auf Auktionen exorbitant hohe Preise erzielen, lebte in erbärmlichen Verhältnissen. Nachdem er es abgelehnt hatte, im Atelier eines akademischen Malers in die Lehre zu gehen, stellte sein durchaus wohlhabender Vater seine Zahlungen ein. Monet folgte dennoch seinem eigenen Kompass, konnte er sich doch meist auf seine Freunde verlassen.
"Renoir bringt uns Brot, damit wir nicht verhungern. Seit acht Tagen haben wir kein Brot, kein Feuer, kein Licht, es ist grauenhaft."
Schrieb Monet Ende August 1869 aus dem nordwestlich von Paris gelegenen Dorf Saint Michel an seinen Maler-Freund Frédéric Bazille. Acht Tage ohne Brot? Und das mit Frau und Kind? Monet neigte zur Übertreibung, das war sein Naturell. Auch wenn es um seine Malerei ging, schonte er sich nicht. Zeitzeugen berichteten:
"Wir entdeckten einen Fußwärmer, dann eine Staffelei, dann einen Herren, der in drei Mäntel gewickelt war, mit Handschuhen an den Händen, das Gesicht halb erfroren: Das war Monet, der an einer Schneestudie arbeitete."
Im Winter arbeitete der damals 29-Jährige an einem großen Bild, das er im offiziellen Pariser Salon einreichen wollte. Dort auszustellen und eine Medaille zu erhalten, galt als wichtiger Schritt auf dem Weg zu Ruhm und Anerkennung. Das Gemälde "La pie" zeigt eine ländliche Schneelandschaft. Eine Elster hat sich auf einem schiefen Gatter niedergelassen. Ein Zaun und ein paar kahle Bäume werfen Schatten auf den in der Abenddämmerung schimmernden Schnee. Das diffus durch den Wolkenhimmel fallende Licht erzeugt braunrosa und blaugrau erscheinende Flächen. Dieses Gemälde galt später als eines der ersten impressionistischen Bilder. Die Jury des Salons lehnte es ab.
Koloristische Sensationen des Lichts
Oscar-Claude Monet wurde am 14. November 1840 in Paris als Sohn eines Kaufmanns geboren, wuchs aber in Le Havre an der normannischen Küste auf. Bereits als Schüler zog er die Aufmerksamkeit auf sich, weil er aus purer Langeweile seine Lehrer karikierte. Bald erhielt er von allen Seiten bezahlte Aufträge, was dem 16-Jährigen zu Kopf stieg. Der örtliche Rahmenhändler war ihm wohlgesonnen und brachte den begabten Zeichner mit dem Landschaftsmaler Eugène Boudin zusammen. Nach anfänglichem Widerstand folgte Monet der Einladung des Älteren und begleitete ihn auf dessen Mal-Exkursionen.
"Ich beobachtete ihn sehr aufmerksam, und plötzlich kam es mir so vor, als sei ein Vorhang zerrissen: Ich hatte verstanden, ich hatte begriffen, was Malerei sein kann."
Monet betrachtete Boudin und den Niederländer Johan Barthold Jongkind, den er etwas später kennenlernte, als seine wichtigsten Lehrer. Doch reizte ihn weniger die Landschaft als die momentanen, koloristischen Sensationen des Lichts. Monet selbst sprach von Augenblicklichkeit, l'instantanéité, die er in seinen Bilder einfangen wollte. Paul Cézanne:
"Monet ist ein Auge, das wunderbarste Auge seit es Maler gibt."
Seerosenteiche als unerschöpfliches Motiv
Ihn faszinierte der Dunst des Morgenlichts im Hafen von Le Havre, das blasse Blaugrün des Wassers, das kräftige Orange der aufgehenden Sonne. Sein Bild "Impression, aufgehende Sonne" zeigte Monet 1874 auf der ersten Ausstellung der "Société anonyme". Zu seinen Mitstreitern gehörten damals Camille Pissarro, Alfred Sisley und Berthe Morisot. Nach der Eröffnung hagelte es Verrisse. Aber es gab auch begeisterte Stimmen. Der liberale Journalist Jules-Antoine Castagnary schrieb in Le siècle:
"Hier ist Talent, sogar sehr viel Talent. Diese jungen Maler begreifen die Natur in einer Art, die weder langweilig noch abgedroschen, vielmehr lebendig, scharf, flott, einfach bestrickend ist."
Obwohl die Ausstellung Claude Monet bekannt machte, hielt sich der Verkauf seiner Werke weiterhin in Grenzen. Erst knapp zehn Jahre später - der Künstler war 43 Jahre alt - konnte er nordöstlich von Paris, in Giverny, ein Haus erwerben. Dort legte er den Garten mit den berühmten Seerosenteichen an. In Giverny sollte er – zunächst noch unterbrochen von zahlreichen Malreisen - bis zu seinem Tod 1926 leben und arbeiten. Die Seerosenteiche wurden ihm zuletzt zum unerschöpflichen Motiv. Kritiker warfen ihm vor, er produziere in Serie. Ihm jedoch ging es um die Erscheinung des Augenblicks, und die war für "das Auge" Claude Monet niemals gleich.