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Clean and Green: Grüner Zement

Technik. - Wenn man im Silicon Valley die richtigen Leute kennt, kann aus einer guten Idee schnell ein gutes Geschäft werden. So fand Stanford-Professor Brent Constantz, Experte für Biomineralisation, in dem Inder Vinod Koshla einen Finanzier für eine Bahn brechende Idee, die schlichten Zement in einen ökologischen Musterknaben wandeln soll.

Von Ralf Krauter |
    Brent Constantz hatte mit Mitte 40 schon drei Unternehmen gegründet. Zwei davon entwickelten einen medizinischen Zement für brüchige Knochen, der heute in Operationssälen Standard ist. Dass Kollegen an der Universität Stanford ihn deshalb Mr. Zement nennen, stört den Chemieprofessor nicht. Im Gegenteil: Denn auch seine vierte Firma, die 2007 gegründete Calera Corporation, bleibt dem Stoff, der ihn reich machte, treu. Nur dass es diesmal um viel größere Mengen und ein viel größeres Problem geht.

    "Ich habe Calera gegründet, um den Kohlendioxidausstoß der Zement-Industrie zu verringern, die weltweit die drittgrößte Quelle anthropogener Kohlendioxid-Emissionen ist. Als wir einen Weg gefunden hatten, um Zement mit viel weniger Energieaufwand herzustellen als bisher, wurde uns klar, dass wir dazu große Mengen Kohlendioxid brauchen. Also nahmen wir Kontakt mit Kraftwerksbetreibern auf, denn die sind der größte Kohlendioxid-Produzent."

    Aus der Idee für einen nachhaltigen Zement wurde so eine Blaupause dafür, wie sich im großen Stil das Treibhausgas Kohlendioxid bunkern ließe, das die Schornsteine von Kohle- und Gaskraftwerken in die Luft blasen.

    "Jede Tonne Zement, die wir herstellen, bindet eine halbe Tonne Kohlendioxid – und zwar chemisch stabil und dauerhaft. Würden wir künftig allen Zement so herstellen, könnten wir jedes Jahr über eine Milliarde Tonnen Kohledioxid bunkern. Außerdem können wir aber auch jene Füllstoffe herstellen, die für Beton- und Asphalt-Produktion gebraucht werden. Da geht es um fünf beziehungsweise zehnmal größere Mengen des Klimagases. Unser Verfahren erlaubt es, jedes Jahr zehnmal mehr Kohlendioxid zu speichern, als die Reduktionsziele des Kyoto-Protokolls vorschreiben."

    Klingt eigentlich zu gut, um wahr zu sein. Doch Brent Constantz ist kein Phantast. Bei einem großen Gaskraftwerk in Moss Landing an der Pazifikküste betreibt er eine Pilotanlage, die täglich bereits über eine Tonne seines grünen Zements herstellt. Dabei strömen die Abgase aus dem Kraftwerks-Schlot durch die riesigen Meerwassertanks einer still gelegten Fabrik. Das im Wasser gelöste Magnesium und Kalzium bildet mit dem Kohlendioxid Karbonate – eine chemische Reaktion, die jener Biomineralisation ähnelt, mit deren Hilfe Korallen ihr Skelett bilden.

    "Das Ergebnis dieser Reaktion ist ein mineralischer Schlamm, der aussieht wie Zahnpasta. Um ihn als Zement verwenden zu können, müssen wir ihn trocknen. Dazu nutzen wir die Abwärme des Kraftwerks, die sonst verpufft."

    Weil Abluft, Abwärme und Meerwasser die einzigen Zutaten sind, ist Brent Constantz überzeugt, den klimaschonenden Kitt zum selben Preis herstellen zu können wie klassischen Zement. Und da dessen Produktion Temperaturen von über 1400 Grad erfordert und Unmengen Energie verschlingt, dürften Kohlendioxidsteuern und Emissionshandel ihn künftig kräftig verteuern. Im Februar will der Zement-Mann aus Stanford seinen Durchbruch bei einem großen Baustoff-Kongress in Las Vegas publik machen. Dann müssten unabhängige Labors testen, ob der Meerwasser-Zement tatsächlich hält, was sein Erfinder verspricht. Bis die konservative Branche umschwenkt, werden deshalb noch Jahre vergehen. Es sei denn, die Stromerzeuger drücken auf die Tube. Sie könnten das neue Verfahren nämlich nutzen, um fast zum Nulltarif massenhaft Kohlendioxid aus ihrer Umweltbilanz zu entfernen.

    "Wir kaufen ihnen das Kohlendioxid für ein Trinkgeld ab und verkaufen es in Form von Baustoffen weiter, deren Herstellung das Klima schont. So helfen wir der Atmosphäre doppelt. Für Stromerzeuger ist die Kohlendioxidspeicherung in Zement und Baustoffen viel vorteilhafter als alle anderen technischen Optionen Kohlendioxid loszuwerden. Und es ist das bislang einzige Konzept, mit dem man auch Ländern wie Indien und China schmackhaft machen könnte, künftig einmal kohlendioxidfreie Gas- und Kohlekraftwerke zu bauen."