Die Beobachtungsreihen werden immer länger, die Computermodelle immer besser, und es gibt auch immer mehr Forscher, die auf dem Gebiet der sogenannten Climate Attribution arbeiten. Dabei geht es um extreme Wetterereignisse und die Frage: Wie stark werden sie schon heute durch den Klimawandel begünstigt oder verstärkt? Man könnte auch sagen: Welche dieser Extreme tragen bereits die Handschrift des Menschen, und wie deutlich ist sie?
Die Klimaforscherin Stephanie Herring von der NOAA, der Nationalen Fachbehörde für Ozean und Atmosphäre in den USA:
"Wenn man uns vor 15 Jahren gefragt hätte, ob so etwas möglich ist, hätten wir sicher mit ,Nein' geantwortet. Inzwischen sind wir so weit, dass sogar Wetterdienste wie der deutsche solche Studien zur Routine machen wollen. Schon ein bis zwei Wochen nach einem Extremereignis soll die Öffentlichkeit in Zukunft erfahren, welchen Anteil der Klimawandel daran hatte."
Dürre in Südafrika als Paradebeispiel
Um das zu ermitteln, erschaffen die Forscher in ihren Klimamodellen quasi zwei Welten: eine reale, wie wir sie heute haben, mit steigenden Treibhausgas-Konzentrationen in der Atmosphäre. Und eine fiktive ohne Zunahme von Klimagasen wie CO2. In beiden Welten wird dann ein Wetterextrem wie die jüngste Hitzewelle simuliert. Gibt es einen Unterschied, darf man annehmen, dass die globale Erwärmung dahinter steckt.
Geert Jan van Oldenborgh ist einer der Pioniere auf dem Gebiet der Klima-Indizienforschung, wenn man sie so nennen will. Der Physiker arbeitet beim Niederländischen Wetterdienst und sagt, es sei nicht immer leicht, die Beteiligung des Klimawandels herauszufiltern:
"Die Dürre in Südafrika, die so große Schlagzeilen machte, weil Cape Town das Wasser ausging - es war die erste, die wir wirklich mit dem Klimawandel in Verbindung bringen konnten. Wir haben vorher Trockenperioden in Brasilien und Ostafrika untersucht. Da war uns das nicht gelungen. Es gibt in solchen Fällen nämlich noch viele andere meteorologische Einflüsse. Für Südafrika konnten wir aber zeigen: Der Klimawandel hat die Wahrscheinlichkeit für solch eine Dürre wie zuletzt mindestens um den Faktor zwei erhöht."
Überschwemmungen und Wirbelstürme
Auch bei extremen Niederschlägen sei es mittlerweile immer häufiger möglich, den Anteil des Klimawandels zu bestimmen. Van Oldenborgh selbst gelang das zum Beispiel bei den starken Überschwemmungen in England im Winter 2015, wie er sagt. Klimaforscher in den USA haben derweil einige Hurricanes untersucht, die jüngst sintflutartigen Regen brachten, als sie auf Land trafen. Auch hier sei inzwischen klar, dass der Mensch seine Hände im Spiel hatte, so Stephanie Herring:
"Nehmen wir zum Beispiel Hurricane Sandy vor sechs Jahren. Da haben wir herausgefunden: Nicht der Wirbelsturm selbst, aber der Regen und die Sturmflut, die er brachte, waren intensiver und höher, weil der Mensch das Klima verändert. Das Gleiche bei Harvey mit den extremen Niederschlägen in Texas im letzten Jahr: Mehrere Studien haben gezeigt: Ohne den Klimawandel wäre der Regen nicht so intensiv gewesen."
Bewusstsein für den Klimawandel schärfen
Geert Jan van Oldenborgh hält es für äußerst nützlich, dass es immer mehr Studien dieser Art gibt. Denn sie motivierten viele Menschen dazu, sich auf häufigere und stärkere Wetterextreme einzustellen.
"Wir haben Kollegen im Klimazentrum des Roten Kreuzes, die uns sagen: Durch diese Studien wissen die Leute, dass das Risiko für Wetterextreme in Zukunft noch steigt. Wenn sie erfahren, dass eine Hitzewelle mit dem Klimawandel zu tun hat und deshalb häufiger auftreten könnte, dann unternehmen sie auch etwas, um in Zukunft besser darauf vorbereitet zu sein."
Bei einer Sorte von Wetterextremen beißen sich Van Oldenborgh und seine Kollegen aber noch immer die Zähne aus. Und das sind Stürme. Auch auf sie hat der Klimawandel sicher einen Einfluss. Doch abschätzen und beziffern lässt er sich bisher nicht genau. Dafür ist das Wettergeschehen in der Atmosphäre einfach zu komplex.