Climateflation
Wie die Klimakrise das Essen verteuert

Die Erderwärmung sorgt für Dürren und lässt Ernten ausfallen. Das sorgt für höhere Lebensmittelpreise und stellt die Landwirtschaft vor Herausforderungen. Was kann man dagegen tun?

    Olivenernte: Hände mit Handschuhen greifen in einen grossen Haufen reifer Oliven in einem grünen Netz.
    Eine schlechte Entwicklung: Durch die Klimaerwärmung fallen Olivenernten aus, die Qualität von Olivenöl sinkt und der Preis steigt. (imago / imagebroker / Tono Balaguer)
    Der Klimawandel sorgt für mehr extremes Wetter: Dürren, Hitze und Starkregen. Außerdem verschwinden mehr Arten und neue invasive Schädlinge breiten sich aus. Das alles hat Folgen für die Landwirtschaft und für Konsumenten. Schlechte Ernten machen Essen teurer.

    Inhalt

    Wie sehr steigen die Lebensmittelpreise?

    Der Klimawandel dürfte ein relevanter Faktor für steigende Preise werden. So steht es in einer aktuellen Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Schon im Jahr 2035 könnten Lebensmittel nur aufgrund des Klimawandels jedes Jahr um bis zu 3,2 Prozent teurer werden. Dieses Phänomen nennt man Climateflation.
    Für die Studie wurden die Lebensmittelpreise aus mehr als 100 Ländern der vergangenen 30 Jahre gesammelt und mit Klimadaten kombiniert. Dabei wurde deutlich, dass Klimaschwankungen die Preise beeinflusst haben.
    Das zeigte sich etwa beim Hitzesommer 2022. Die Lebensmittelpreise stiegen im gesamten Jahr um 0,6 bis 0,7 Prozent. Die Gesamtinflation stieg demnach um etwa 0,3 bis 0,4 Prozent.
    Das klinge zunächst nicht nach viel, aber das müsse man vor dem Hintergrund der Stabilitätsziele der Europäischen Zentralbank betrachten, sagt Maximilian Kotz, Hauptautor der Studie. Immerhin soll die Inflation zwei Prozent nicht überschreiten. Im konkreten Fall waren die Auswirkungen in Südeuropa besonders stark.
    Der Klimawandel wird den Anbau von Lebensmitteln verändern. Eine Studie in der Fachzeitschrift Nature Food aus dem Jahr 2021 prognostiziert, dass es in den nächsten 20 Jahren zu großen Veränderungen kommen wird. Zu Veränderungen, die ältere Studien erst Jahrzehnte später erwarteten. Insbesondere Mais ist betroffen. Er dürfte deutlich weniger Ertrag bringen.

    Welche Ernteausfälle gibt es bereits?

    Das betrifft besonders stark den globalen Süden und viele ärmere Staaten. Auch abseits der aktuellen Dürre muss sich beispielsweise Sambia auf eine neue Klimarealität einstellen, das zeigt auch diese Studie. Der Klimawandel macht Lebensmittel nicht nur teurer, er nimmt auch Millionen Kleinbäuerinnen und -bauern die Lebensgrundlage.

    Olivenbäume im Mittelmeerraum

    Beim Olivenöl zeigen sich die Auswirkungen des Klimawandels deutlich. Bei der spanischen Olivenernte 2022 brach die Erntemenge gegenüber den Vorjahren um mehr als die Hälfte ein. 2023 sah es nur wenig besser aus.
    Spanien ist weltweit das Land, in dem die meisten Oliven angebaut werden. Zwei schlechte Ernten hintereinander führen zu höheren Preisen.
    Heute ist Olivenöl im Durchschnitt mehr als doppelt so teuer wie im Jahr 2020. Zwischen Sommer 2023 und Sommer 2024 ist bei keinem anderen Lebensmittel in Deutschland der Preis stärker angestiegen.
    Mehr als zehn 10 Euro pro Liter kosten inzwischen hierzulande die günstigsten Olivenöle. Es spricht viel dafür, dass die Konsumenten sich an solche Preise gewöhnen müssen. Das, was gerade beim Olivenöl passiert, ist wohl nur ein Vorgeschmack auf weitere Preisanstiege.
    Gleichzeitig lässt die Qualität nach. Während bei Tests Anfang 2022 noch Zweidrittel der Öle gut abschnitten, waren es 2024 nur noch ein Sechstel. Viele Olivenöle, die in diesem Jahr erneut getestet wurden, sind deutlich schlechter.
    Dabei sind Olivenbäume eigentlich extrem widerstandsfähig. Doch der Erderhitzung können auch sie immer schlechter trotzen.

    Kartoffeln in Deutschland

    Auch in Deutschland macht sich die Dürre auf den Feldern bemerkbar. Der Anteil der bewässerten landwirtschaftlich genutzten Fläche ist zwar noch relativ gering, doch er stieg in zehn Jahren von 2,2 Prozent auf 3,3 Prozent im Jahr 2022 (von 0,37 auf 0,55 Millionen Hektar).
    Bei Kartoffeln waren es 44 Prozent der Fläche. In manchen Regionen geht es nicht ohne zusätzliche Bewässerung. Das ist aufwendig, es braucht kilometerlange Schlauchnetze, mit denen die Felder künstlich beregnet werden.
    Doch nicht nur Trockenheit, auch Hitze ist für die Kartoffeln ein Problem. Wenn es zu lange zu heiß ist, hören sie auf zu wachsen und aus der Knolle werden Nährstoffe ausgelagert, um die Blätter zu versorgen.

    Dürre in Sambia

    In Sambia herrscht die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten. Der Präsident hat den nationalen Notstand ausgerufen. Beim Grundnahrungsmittel Mais ist in der letzten Erntesaison 2023/2024 durch die Dürre die Ernte auf fast der Hälfte der Anbaufläche ausgefallen. Mais macht fast 80 Prozent der Nahrungsmittelproduktion aus. Der Preis hat sich verdoppelt, viele Menschen hungern.
    Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) schult in Sambia Bauern, damit sie mit neuen Methoden mehr und zuverlässiger ernten. Sojabohnen und Erdnüsse eignen sich für die Fruchtfolge mit Mais. Die Rotation trägt zur Bodenqualität bei. Wenn ein Teil der Ernte mit Mais ausfällt, können die Bauern immer noch Erdnüsse und Sojabohnen verkaufen. Auch die Umstellung auf hitzebeständige Getreidesorten wie Hirse ist möglich.
    Was in Sambia gerade geschieht, dürfte in Zukunft immer häufiger passieren. Einer Analyse des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung zufolge wird die Anzahl der heißen und sehr heißen Tage zunehmen. Gleichzeitig wird es weniger regnen.
    Damit in Sambia dennoch möglichst viel geerntet wird, setzt die GIZ auch auf Klima- und Wetterdaten. Tausende Kleinbauern hat die GIZ im Sambia geschult, damit sie die Daten lesen können.

    Welche Lösungsansätze gibt es?

    Abgesehen von der schnellen Reduktion von Treibhausgasen gibt es die Möglichkeiten, sich an den voranschreitenden Klimawandel anzupassen, etwa mit Bewässerungstechniken wie der Tröpfchenbewässerung. Die wird bereits im Olivenanbau praktiziert.
    Eine andere Möglichkeit ist es, die Pflanzen genügsamer und hitzebeständiger zu machen, etwa durch Gentechnik. Mit der Genschere CRISPR-Cas9 sind Eingriffe in das Erbgut einfacher und präziser möglich als mit anderen Methoden.
    Chinesischen Forschenden ist es so gelungen, salzresistenteren Reis zu züchten. US-Forschende haben Reis so verändert, dass er Wasser besser nutzt.
    Mit der Genschere könnte es nicht nur deutlich schneller gelingen, neue angepasste Arten aufs Feld zu bringen. Sie kann zudem gegen Pilze helfen, wie Krautfäule bei Kartoffeln. Das würde den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren.
    Gleichzeitig ist die Genschere umstritten. Einige warnen davor, die Methode unkontrolliert und unvorsichtig anzuwenden.
    In der EU gelten Pflanzen, die mit Hilfe der Genschere entstanden sind im Moment noch als gentechnisch verändert - mit entsprechend strengen Regeln. Ein Reformvorschlag der EU-Kommission könnte das ändern. Noch ist er nicht beschlossen.
    Um sich an die Veränderungen anpassen zu können, brauche es Unterstützung vom Staat, sagt Maximilian Kotz vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung. Für die notwendige Adaption brauche es Wissen und Ressourcen. Gerade kleineren Betrieben sollte der Staat schon jetzt helfen.

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