Ende des Jahres soll Kemper County Energy, das erste "grüne" Kraftwerk Amerikas, in Mississippi an den Start gehen und mit der Abscheidung von Kohlendioxid beginnen, um "sauberen" Strom aus Braunkohle zu erzeugen.
Trotz Verspätung und Kostenüberschreitungen: Gut so, meint Ed Holland, Chef des Energiekonzerns Mississippi Power, die Muttergesellschaft von Kemper.
"Kemper County Energy ist das sauberste Kohlekraftwerk, das je erbaut wurde mit einer Kohlevergasungsanlage auf dem neuesten Stand der Technik."
Ein kleiner Sieg für die Obama Regierung – und ein großer für die mächtige Ölbranche. Sie will das abgetrennte CO2 kaufen, um damit die letzten Tropfen des fossilen Energieträgers aus alten Bohrlöchern zu locken. Eine bewährte Methode, die der Ölkonzern Chevron zum ersten Mal in den 70er-Jahren gewinnbringend mit reinem Kohlendioxid aus der Erdkruste in Texas angewandt hat - und die nun, weil die natürlichen Vorkommen immer schwerer ausbeutbar sind, mit abgetrenntem CO2 in großem Stil fortgesetzt werden soll.
Befürworter wie Judi Greenwald vom US-Energieministerium versprechen sich viel von dieser Strategie. Sie glaubt, dass sich die Ausbeute der Ölvorkommen in den USA, die durch das Verpressen des Kohlendioxids gewonnen wird, von 300.000 Barrel täglich auf 3 Millionen Barrel pro Tag verzehnfachen könne – ein großer Sprung, auch verglichen mit der gesamten Ölförderung, die laut US-Energieministerium bei etwa 7.5 Millionen Barrel pro Tag liegt. Das abgetrennte Kohlendioxid ist für Greenwald kein Abfall, sondern ein wertvolles Produkt.
"Wenn wir das abgetrennte CO2 zur Ölgewinnung benutzen, können wir die Ölproduktion erhöhen, die Wirtschaft ankurbeln, CO2 Emissionen senken und neue CCS Technologien entwickeln."
Besonders klimafreundlich ist diese Technik allerdings nicht. Eine Studie der Carnegie Mellon Universität in Pennsylvania hat 2009 herausgefunden, dass sie von der Kohlegewinnung und CO2 Abtrennung bis zur Umwandlung des Rohöls und deren Verbrennung mehr Kohlendioxid freisetzt als in den Ölfeldern gespeichert wird. Genauer gesagt: bis zu vier Mal so viel.
Gefahr durch Lecks
Hinzu kommt, dass die US-Umweltschutzbehörde EPA die Gesetze für die Ablagerung von CO2 in Ölfeldern gelockert hat, um die teuren Projekte voranzutreiben und Kosten zu sparen – dabei sind die langfristigen Gefahren für die Umwelt noch gar nicht geklärt. Michael Gerrard, ein Juraprofessor an der Columbia Universität:
"Die Frage ist doch: Wie sicher ist die unterirdische Speicherung von CO2 in den Ölfeldern eigentlich? Die Gesetze für gefährlichen Abfall sind nicht gut geeignet für diese Gase. Sollte sich aber herausstellen, dass die Gefahr von Lecks besteht, dann brauchen wir neue Gesetze."
Solche Lecks sind bereits aufgetreten. Beispiel: Aus einem Bohrloch des texanischen Ölunternehmens Denbury Resources entwich im letzten Jahr CO2, die Firma musste deswegen eine Strafe von mehr als 660.000 Dollar an die Umweltschutzbehörde des US-Bundesstaates Mississippi bezahlen. Laut Umweltschutzbehörde entwichen aus einem 600 Meter tiefen Loch Kohlendioxid und andere Gase – 37 Tage lang. Rehe und andere Tiere erstickten - zu einer Verschmutzung des Grundwassers kam es aber nicht und der Konzern hat das Problem inzwischen gelöst.
Denbury Resources ist das Unternehmen, das das abgetrennte Kohlendioxid der von Kemper County Energy kaufen und in ihren Ölfeldern einsetzen will. Auch Judi Greenwald vom US-Energieministerium träumt von neuen Möglichkeiten.
"Vor allem in Texas wird Kohlendioxid bei der Gewinnung von Öl gebraucht, aber auch in Wyoming, der Golfküste, Oklahoma und Michigan gibt es ähnliche Projekte. Wir könnten 10 bis 20 Milliarden Tonnen CO2 speichern. "
Während Umweltschützer vor dem hohen Energie und Wasserverbrauch der CCS Anlagen warnen, startet das nächste Großprojekt: Eine Petrolkoks-Vergasungsanlage in Louisiana. Erbaut wird die Anlage, die von Steuergeldern in Millionenhöhe mitfinanziert wird, von der New Yorker Investment Firma Leucadia.
Wer kauft das abgetrennte CO2? Der texanische Konzern Denbury. Das kostbare Gut wird in einer 515 Kilometer langen Leitung zu seinen Ölfeldern an der Golfküste transportiert.