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CO2-Kompensation bei Flügen
Kosten unterscheiden sich je nach Anbieter

Wer sich fürs Fliegen schämt, kann den CO2-Fußabdruck durch Geldzahlungen verkleinern. Allerdings: Gerade bei Langstreckenflügen variiert die Höhe je nach Anbieter. Denn: Lufthansa etwa berücksichtigt nur die reinen CO2-Emissionen, andere Anbieter beziehen auch auch Stoffe wie Stickoxide ein.

Von Josephine Schulz |
Ein Flugzeug fliegt bei strahlendem Sonnenschein tief über einem Strand mit Reihen voller Liegen und Touristen.
Wer seinen Flug kompensieren möchte, zahlt dafür unterschiedlich viel Geld (imago/Eibner Europa)
Als Hochschullehrer organisiert Uwe Kaspers Bildungsreisen mit seinen Studierenden, in die USA zum Beispiel und nach Indien. Wegen der Auswirkungen auf das Klima aber zunehmend mit schlechtem Gewissen, wie er sagt. Deshalb kompensiert er seine Flüge.
"Und dann hab ich halt zufällig gesehen, dass es bei der Lufthansa eine Initiative gibt, anderes Flugbenzin einzusetzen und dass es da auch eine Kompensationsmöglichkeit gibt."
Neben einem Aufforstungsprojekt investiert die Lufthansa die Kompensationszahlungen ihrer Kunden in "Sustainable Aviation Fuel" – eine Alternative zu fossilem Treibstoff, der die CO2-Emissionen beim Fliegen um 80 Prozent senken soll. Für Kaspers eine vielversprechende Idee.
"Ich hab dann mal den Flug eingegeben, der jetzt bevorsteht, nämlich: München - Indien. Und war überrascht, dass die CO2-Ersparnis, wie dieser Rechner meldet, 270 Kilo war. Und wenn ich denselben Flug bei Atmosfair eingebe, dann komm ich auf über 1700 Kilo. Und da dachte ich: Verdammt, an welche Zahl kann ich mich jetzt halten. Das hat mich doch ziemlich verunsichert. Ich dachte erstmal, das ist irgendwie Betrug - oder Lufthansa macht sich da ein Greenwashing."
Lufthansa berechnet nur Kerosinverbrauch
Kaspers Erfahrung lässt sich auf so ziemlich jeden Flug übertragen. Gerade bei Langstrecken unterscheidet sich die errechnete Menge an ausgestoßenem CO2 pro Passagier um ein Vielfaches - je nachdem, welchen Kompensationsanbieter man wählt.
Der Ursache liegt in unterschiedlichen Rechenmodellen und vor allem darin, welche Faktoren miteinbezogen werden. Neben CO2, das durch die Verbrennung von Kerosin entsteht, werden beim Fliegen auch andere Stoffe freigesetzt, die eine Wirkung auf das Klima haben. Stickoxide und Wasserdampf zum Beispiel, die zur Bildung von Ozon, Kondensstreifen und Schleierwolken führen. Viele Kompensationsanbieter rechnen diese Treibhausgase in CO2 um.
Martin Cames vom Öko-Institut erklärt: "Der Weltklimarat hat schon vor etlichen Jahren ermittelt, dass die Nicht- CO2-Wirkungen etwa im Faktor zwei bis vier gegenüber den CO2-Wirkungen noch oben drauf gerechnet werden müssen."
Die Plattform Atmosfair rechnet zum Beispiel mit Faktor 3. Das heißt, die Klimawirkung der Nicht-CO2-Emissionen macht in ihrer Kalkulation rund zwei Drittel aus. Lufthansa rechnet sie gar nicht mit ein. Auf Anfrage schreibt das Unternehmen, man berücksichtige ausschließlich den Kerosinverbrauch von Gate zu Gate, da die Wissenschaft die Wirkung der anderen Effekte noch nicht abschließend beurteilen könne. Martin Cames räumt zwar ein, dass die Wirkung von Nicht-CO2-Stoffen je nach Flughöhe, Flugzeugtyp und Wetter stark variieren könne. Trotzdem meint er:
"Wir denken, dass auf jeden Fall ein Faktor angesetzt werden sollte und zwar vor dem Hintergrund des Vorsorgeprinzips, das in der Umweltpolitik gelten muss."
Auch die Kompensationspreise unterscheiden sich je nach Anbieter
Und es gibt weitere Faktoren, die bei manchem Anbieter in die Rechnung einfließen, bei anderen nicht: Das CO2 zum Beispiel, das bei der Herstellung und beim Transport des Kerosins entsteht, oder etwa die Emissionen der Flughafeninfrastruktur.
Aber nicht nur die errechneten Emissionsmengen gehen stark auseinander, auch die Kompensationspreise. Das wiederum hängt davon ab, wie kostenintensiv die Klimaprojekte sind: Für 20 Euro pro Tonne CO2 kann man bei Lufthansa ein Aufforstungsprojekt in Nicaragua unterstützen, für 23 Euro bei atmosfair eine Biogasanlage in Nepal. Juliette de Grandpré von der Umweltorganisation WWF meint:
"Das ist für Privatverbraucher schon ein ganz schöner Dschungel da draußen, was es da alles gibt an Projekten. Also ich als Privatverbraucher, wenn ich nicht so viel Zeit hätte, mich damit zu beschäftigen, würde ich einfach auf Standards schauen."
Die Standards oder Siegel zertifizieren, wie viel CO2 durch das Projekt tatsächlich eingespart wird. Und sie bestätigen – denn das ist das wichtigste Kriterium bei freiwilliger Kompensation - , dass die Einsparung wirklich zusätzlich, also nicht etwa ohnehin schon geplant ist. Ein Windpark in Deutschland wäre nach dieser Logik keine zusätzliche Ersparnis, weil sich die Bundesregierung ja schon verpflichtet hat, den Anteil an erneuerbaren Energien zu steigern.
WWF: Fliegen müsse finanziell wehtun
Wie in jedem Bereich sind die Siegel unterschiedlich anspruchsvoll. Als eines der strengsten gilt der Goldstandard, den der WWF mitentwickelt hat. Dieser fragt auch nach den sozialen Auswirkungen der Projekte.
"Das heißt, das man nicht nur guckt, ob das Projekt einen Beitrag zum Klimaschutz leistet, sondern auch zu anderen wichtigen Kriterien, also zum Beispiel Zugang zu Wasser, Zugang zu Strom. Weil diese Projekte werden ja ganz oft in Entwicklungsländern durchgeführt."
Oft hätten kleinere Projekte einen größeren Mehrwert für die Menschen vor Ort, seien aber auch teurer.
"Sie werden Goldstandardprojekte oder Zertifikate für acht Euro finden, sie werden auch für 70 Euro welche finden."
In der Regel, meint Juliette de Grandpré, bedeute teuer bei freiwilliger Kompensation auch besser. Nicht nur, was die Projekte betrifft, sondern auch wegen der Wirkung beim Verbraucher. Um sich der realen Klimawirkung bewusst zu werden, müsse Fliegen finanziell wehtun.