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CO2-Lager weiter im Gespräch

Umwelt. - Deutschlands Stromversorgung wird bis auf weiteres nicht ohne einen großen Kohleanteil auskommen. Das beim Kohleverbrennen frei werdende Kohlendioxid wollen manche unter der Erde deponieren und nicht in die Atmosphäre blasen. Dieses CCS genannte Konzept ist umstritten, befindet sich dennoch seit wenigen Jahren im Versuchsstadium. Es war Thema auf der Rohstoffkonferenz GeoHannover 2012.

Von Karl Urban |
    Das CO2 soll verschwinden – und stattdessen tief in die Erde gepresst werden. Diese Technik könnte vor allem Kohlekraftwerke klimafreundlicher machen: Sie heißt Carbon Capture and Storage, kurz CCS – und das Prinzip dahinter klingt einfach: Das CO2 wird aus dem Gasstrom abgetrennt, über Pipelines zum nächsten Tiefenspeicher transportiert und hineingepresst: Kilometertief ins Gestein, wo es dann lange bleiben soll. Am besten für die Ewigkeit. Peter Gerling, bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zuständig für unterirdische Gasspeicher.

    "Man redet ja über 10.000 Jahre. Natürlich kann keiner 10.000 Jahre nach vorne gucken. Das kann man nur modellieren."

    Wie sich das CO2 im Untergrund über so lange Zeiträume verhält, diskutierten Forscher jetzt auf der Rohstoffkonferenz GeoHannover. Ihren Versuchen zufolge löst sich das hinabgepumpte Gas im tiefen Grundwasser. Das könnte im ungünstigsten Fall über Spalten und Risse an die Oberfläche gelangen. Ein Risiko, das sich über geologische Zeiträume vielleicht entschärft. Zumindest Modellrechnungen zeigen, dass aus dem CO2-gesättigten Tiefenwasser nach Jahrtausenden neue feste Minerale wie Dolomit oder Siderit ausfallen, die in gewöhnlichem Gestein vorkommen. Jegliche Leckage des unterirdischen Speichers wäre dann gänzlich ungefährlich. Doch solche Prognosen sind derzeit kaum mit Experimenten zu überprüfen. Und in der Natur konnten Forscher bislang nur Erfahrungen über wenige Jahre sammeln. Peter Gerling:

    "Was mich auch ein bisschen zuversichtlich stimmt, sind natürlich die Erfahrungen, die man jetzt beispielsweise in Ketzin gemacht hat. Aber das ist natürlich jetzt mehr im Forschungsmaßstab."

    Ketzin liegt 40 Kilometer westlich von Berlin, wo Wissenschaftler ein CO2-Lager im kleinen Maßstab ausprobieren. Geführt vom Geoforschungszentrum in Potsdam, verpressten Ingenieure hier in den letzten vier Jahren über 60.000 Tonnen CO2. Bis 2013 sollen es noch etwas mehr werden, bevor dann der optimale Verschluss für die Ewigkeit erprobt wird. Mit welchem Material das Bohrloch sicher verschlossen bleibt, ist Inhalt einer aktuellen Studie aus Ketzin. Weil das CO2-gesättigte Tiefenwasser nämlich Rohre und Zement angreift, suchen die Ingenieure nach Alternativen: Kernstück einer abdichtenden Barriere könnten demnach beigemischte Salze und Tone sein, die sich mit dem Gestein über dem Tiefenspeicher verbinden sollen. Ob aus dem Forschungsspeicher in Ketzin auch industrielle CO2-Lager erwachsen, ist bislang unklar. Für Peter Gerling ist dieser Schritt nun dringend nötig, denn die in Brandenburg eingepressten Gasmengen sind klein vergleichen mit den immensen Emissionen einzelner Kohlekraftwerke.

    "Ketzin ist ganz ganz wichtig gewesen und auch weiterhin, weil man dort das Ganze einmal durchexerziert hat. Aber natürlich sind die Mengen, was man dort im Vergleich als potentielles Industrieunternehmen machen will, sehr klein. Wir brauchen eigentlich jetzt Demoprojekte. Das heißt, wir reden über Jahresspeichermengen von einigen hunderttausend bis eine kleine Milliontonnenzahl pro Jahr."

    Pläne für diese großen Speicher gab es bis vor kurzem. Doch RWE und Vattenfall legten ihre Vorhaben wegen politischer Unsicherheit auf Eis. Ein neu verabschiedetes CO2-Speichergesetz könnte jetzt zu neuen CO2-Lagern führen. Und zumindest die Wissenschaftler müssen sich noch ausgiebiger den Gasspeichern befassen: Laut dem Gesetz sollen die Forscher an der Bundesanstalt mögliche Speichergesteine genauer erkunden und sicherstellen, dass sie auch dauerhaft dicht bleiben. Selbst wenn die CCS-Technik in Deutschland also keine Zukunft haben sollte, kommt auf die Geologen viel Arbeit zu.