Archiv

Technologien zum CO2-Recycling
Gemessen an den Klimazielen nicht effizient genug

Zwischen 2020 und 2030 müssen die CO2-Emissionen halbiert und bis zum Jahr 2050 auf Null gebracht werden. Technologien, die der Erdatmosphäre Treibhausgase wieder entziehen, könnten beim Erreichen dieser Ziele helfen. Doch eine Analyse zeigt: Die Verfahren versprechen mehr als sie halten können.

Von Volker Mrasek |
Aus den Türmen des mit Braunkohle betriebenen Kraftwerks Niederaussem bei Bergheim in Nordrhein-Westfalen, steigt dichter Rauch auf.
Noch immer gelangen riesige Mengen CO2 bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe in die Atmosphäre. Sogenannte CCU-Technologien sollen sie nutzbringend recyceln. (picture alliance / Zoonar)
Die Studie ist ganz ähnlich angelegt wie eine Prüfung der Stiftung Warentest. Kohlendioxid aus der Luft oder aus Abgasen herauszufiltern und daraus zum Beispiel Chemikalien oder Treibstoffe zu machen, klingt ja erst einmal gut. Doch nur die wenigsten der sogenannten CCU-Technologien führen zu einer wirklich starken Minderung von CO2-Emissionen. Und das waren die klaren Testkriterien unter Klimaschutz-Gesichtspunkten, wie Kiane de Kleijne erläutert, die Erstautorin der neuen Studie aus den Niederlanden:

CO2 sparen mit CCU

“Die CO2-Emissionen müssen zwischen 2020 und 2030 halbiert und bis zum Jahr 2050 auf Null gebracht werden. Das ist der Weg, den der Klimaschutzvertrag von Paris vorgibt. Nehmen wir eine Grundchemikalie als Beispiel: Methanol. Man produziert es heute aus fossilen Rohstoffen. Man kann den Alkohol aber auch aus CO2 herstellen, also über CCU-Verfahren. Aber die müssen es bis 2030 schaffen, die Emissionen aus der heutigen Methanol-Produktion zu halbieren, und 2050 müssen sie sogar bei Null liegen.“                                                       

Auch den technischen Reifegrad der verschiedenen CCU-Methoden berücksichtigten Kiane de Kleijne und ihre Kollegen von der Radboud-Universität in Nimwegen – ob sich die Verfahren überhaupt schnell genug im Großmaßstab einsetzen lassen.

Von der Pilotanlage in den Großmaßstab

“Es gibt nicht viele Verfahren, die kompatibel sind mit den Pariser Klimaschutzzielen. Die Methoden, auf die das zutrifft, zeichnet Folgendes aus: Sie speichern den Kohlenstoff aus dem CO2 dauerhaft. Und sie verwenden Energie aus erneuerbaren Quellen sowohl für das Einfangen des Kohlendioxids als auch für seine stoffliche Umsetzung.“                    
Klarer Testsieger sind am Ende Verfahren zum Einbau des Treibhausgases in Baumaterialien, etwa in Schlacken zur Herstellung von Stahl. Dabei lässt man das CO2 etwa mit Magnesium- oder Kalziumoxiden reagieren; sie formen dann stabile Karbonate. Wenn man das Kohlendioxid dafür direkt aus der Atmosphäre saugt oder aus Pflanzen nimmt, die es vorher der Luft entzogen haben, kommt man sogar zu negativen Emissionen, das heißt man entzieht der Atmosphäre auf diese Weise CO2.

Testsieger sind Schlacken für die Stahlproduktion

Auch alternative Treibstoffe bewerteten die Forschenden aus den Niederlanden. Eine Sorte erwies sich dabei als beinahe Paris-kompatibel: sogenannte Fischer-Tropsch-Kraftstoffe. CO2 wird dabei zusammen mit Wasserstoff oder Methan in ein Synthesegas überführt. Das ist dann der Grundbaustein für Treibstoffe. Das Kohlendioxid sollte allerdings nicht aus dem Abgas von Kohle- oder Gaskraftwerken stammen. Denn dann, so Kiane de Kleijne, gehe die Rechnung nicht auf:

“Nimmt man Kohlendioxid aus fossilen Quellen für den Kraftstoff und verbrennt ihn, gelangt das CO2 letztlich wieder in die Atmosphäre. So etwas müssen wir verhindern, wenn wir es ernst meinen mit der Reduktion unserer Treibhausgas-Emissionen – zumindest langfristig!“         
Pascal Harder hat die Studie mit Interesse gelesen, wie er sagt. Der Geograph und Politikwissenschaftler arbeitet bei der Deutschen Energieagentur DENA und befasst sich schon länger mit CCU-Technologien:

Nicht jedes Recycling sinnvoll

„Ich finde, eine ganz, ganz wichtige Erkenntnis der Studie ist per se, dass wir nicht einordnen können und sagen: Alle CCU-Verfahren sind gleich. Dass nicht alle CCU-Verfahren grundsätzlich einen positiven Effekt für Energiewende und Klimaschutz haben müssen. Deswegen brauchen wir für verschiedene CCU-Anwendungen auch eine individuelle Bewertung.“                              

In Deutschland stehen bisher zwei Strategien für die Nutzung von CO2 im Vordergrund. Zum einen möchte man Grundbausteine für die Chemie daraus erzeugen, zum anderen synthetische Treibstoffe. Fossiles CO2 als Ausgangssubstanz fiel bei der Klimaprüfung nach Paris-Standards allerdings durch:

„Entsprechend sollten wir wahrscheinlich darauf hinarbeiten, dass wir in Deutschland dann das CO2 auch möglichst aus erneuerbaren Quellen eben haben.“                                                                                                                   

Also nicht aus dem Abgas fossil betriebener Kraftwerke oder Industrieanlagen, sondern aus pflanzlicher Biomasse oder direkt aus der Atmosphäre.