74.000 Quadratkilometer Eukalyptus-Wälder wurden damals ein Opfer der Flammen – eine Fläche größer als Bayern. Normalerweise entziehen Bäume der Luft Kohlendioxid und speichern es in ihrer Biomasse. Doch bei einem Feuer verbrennt der eingelagerte Kohlenstoff, und CO2 wird wieder frei. In den drei Monaten der australischen Megabrände könnten es insgesamt über 700 Millionen [*] Tonnen gewesen sein. Und damit fast doppelt so viel wie durch die jährliche Verbrennung fossiler Energieträger auf dem fünften Kontinent.
Zu diesem Ergebnis kommt die neue Analyse aus dem Niederländischen Institut für Weltraumforschung. Der deutsche Physiker Jochen Landgraf hat daran mitgearbeitet: "Wir lernen davon, wie wichtig Brände auch sind. Und dass wir eigentlich die Klimaproblematik viel breiter angehen müssen – auch dass Brände von Relevanz sind in diesem Zusammenhang."
700 Millionen [*] Tonnen CO2
Die Analyse stützt sich auf ein neues Instrument an Bord eines europäischen Satelliten der Sentinel-Serie. Das Gerät misst allerdings nicht Kohlendioxid, sondern die Konzentration von Kohlenmonoxid, das bei Waldbränden ebenfalls entsteht. Es ist gewissermaßen das Schwestergas von CO2. Beide entstehen in einem bestimmten Verhältnis zueinander:
"Sie müssen sich vorstellen. Wir machen so etwas wie ein Foto vom Weltall aus. Und in dem Foto sehen Sie die Verteilung von Kohlenmonoxid in der Abgasfahne. Und hat man diese Abgasfahne, kann man dann zurückrechnen, wie viel Emissionen nötig waren, um diese Abgasfahne zu produzieren. Und das machen wir. Das ist der Trick."
Australiens schwarzer Sommer
So kommt das Forschungsteam auf die riesige Menge von mehr als 700 Millionen [*] Tonnen CO2 aus den Bränden im schwarzen Sommer Australiens, wie man ihn inzwischen nennt. Die Feuer waren eine Katastrophe für die Fauna in Australiens Südosten. Man schätzt, dass Milliarden Tiere getötet oder aus den Eukalyptus-Wäldern vertrieben wurden.
Doch die Brände wirkten sich auch an ganz anderer Stelle aus. Das macht die zweite Studie im Fachmagazin Nature deutlich. Für Nicolas Cassar war das selbst eine Überraschung, wie er sagt. Der französische Biogeochemiker ist Professor an der Duke University in den USA: "Die Auswirkungen solcher Feuer reichen viel weiter als wir dachten. Sie können Ökosysteme in Tausenden Kilometern Entfernung beeinflussen."
Aerosole haben den Ozean gedüngt
Der Grund dafür ist der ganze Rauch, den die Waldbrände hoch in die Atmosphäre katapultierten. Er enthielt sogenannte pyrogene Aerosole. Diese feinen Schwebstaubpartikel wehte es nach Osten, auf den Südlichen Ozean hinaus, fast bis nach Südamerika, wo die Brandschwaden wieder zur Meeresoberfläche sanken. Dort wirkten sie als Dünger und führten zu einer starken Algenblüte. Denn der verdriftete Rauch enthielt viel Eisen, und daran mangelt es dem Meeresplankton häufig. Ist plötzlich viel von dem Nährelement vorhanden, vermehren sich die Algen kräftig:
"Durch die Waldbrände wurden große Mengen CO2 freigesetzt, aber auch reichlich Aerosole, die den Ozean gedüngt haben. Wenn das passiert, nehmen Planktonalgen CO2 auf, genauso wie Landpflanzen. Und das waren sicher nennenswerte Mengen! Es könnte also sein, dass die Meeresdüngung mit Eisen aus den Brandpartikeln die CO2-Emissionen in Australien zum Teil kompensiert hat."
Task Force für künftige Megafeuer
Klar ist das aber nicht. Das CO2 verbleibt nämlich nur dann im Ozean, wenn die Algen nach dem Absterben in die Tiefe sinken und nicht an der Oberfläche zersetzt oder von Meerestieren verspeist werden. Dann landet das Treibhausgas doch wieder in der Luft.
Nicolas Cassar schlägt nun eine Task Force vor. Forschungsschiffe sollten im Fall künftiger Megafeuer rasch aufs Meer hinausfahren, damit man die Reaktionen der Algen genau untersuchen könne. Wenn Waldbrände wie erwartet zunähmen, wachse die Bedeutung dieser Prozesse für das Klima.
[*] Anmerkung der Redaktion: An dieser Stelle haben wir eine Zahlenangabe korrigiert.