Von Volker Mrasek
Wie immer steht am Anfang von Forschung eine mittel- bis schwergewichtige Ausgangsfrage, die zunächst niemand beantworten kann. In der Meeresforschung lautet sie im Moment:
Wie viel Kohlendioxid aus der Verbrennung fossiler Energieträger schluckt das Meer?
Das lässt sich noch ziemlich verlässlich abschätzen: Es sind um die 40 Prozent. Viel kniffliger sei eine andere Frage, sagt Paul Quay, Professor für Ozeanographie in den USA, an der Universität Washington in Seattle:
Wie kommt es, dass der CO2-Eintrag von Jahr zu Jahr schwankt?
Eine Beobachtung, die die Meereskundler verwirrt. Doch jetzt lägen erste Erklärungen für das Phänomen vor, freut sich der US-Forscher und spricht damit ein dickes Lob aus. An Kollegen, die ihre Studien jetzt im US-Wissenschaftsmagazin "Science" veröffentlichen.
Dazu zählt Nicolas Gruber. Der Umweltwissenschaftler lehrt an der Universität von Kalifornien in Los Angeles, stammt aber eigentlich aus Zürich.
Gruber analysierte eine inzwischen 18jährige Messreihe aus dem Gebiet der Bermuda-Inseln. Die liegen mehr als 1000 Kilometer vor der Küste Floridas, im subtropischen Nordatlantik. Regelmäßig aufgezeichnet wurde dort, wie viel Kohlendioxid das Oberflächenwasser enthält - beziehungsweise: welche Mengen an Kohlensäure und Carbonat-Verbindungen, in die das CO2 im Meer umgewandelt wird.
Gruber selbst zu den Messdaten:
Die zeigen uns, wie eigentlich Jahr für Jahr das System sehr sensitiv auf Veränderungen des Klimas, des Wetters, reagiert. Was wir gefunden haben in diesen 18 Jahren ist, dass wenn das Klima in Bermuda wärmer als normalerweise ist und auch die Winde weniger stark als normalerweise, dann sehen wir, dass die Aufnahme-Kapazität des Ozeans verringert wird. Auf der anderen Seite sehen wir: Wenn es kühler als normalerweise ist und die Winde auch stärker sind und dadurch auch mehr gemischt wird, die Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre verstärkt wird.
Dieses Ergebnis sei beunruhigend, meint der Schweizer. Offenbar - das zeigten die Daten - gibt es etwas im Zusammenspiel von Ozean und Atmosphäre, was die Forscher als "positive Rückkopplung" bezeichnen:
Wenn wir jetzt das projizieren, diese Aussage, auf was wir erwarten würden für zukünftige Klimaveränderungen. Das bedeutet: Wenn wir den Ozean erwärmen, würde der Ozean weniger CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen, als er das heutzutage tut. Und dadurch könnte sich das Klima schneller erwärmen, als wenn dieser Rückkopplungseffekt nicht bestehen würde.
Das verheißt nichts Gutes. Bisher gilt der Nordatlantik als wichtiges Faustpfand im Kampf gegen die Klimaerwärmung. 0,7 Milliarden Tonnen Kohlenstoff nimmt er nach aktuellen Berechnungen jedes Jahr aus der Luft auf. Das entspricht immerhin fast einem Sechstel der gesamten jährlichen CO2-Zufuhr durch menschliche Aktivitäten.
Doch nach Grubers Studie wird das vielleicht nicht mehr lange so bleiben. In der Vergangenheit mögen sich kältere und wärmere Episoden noch abgewechselt haben. Also nahm das Ozeanwasser mal mehr CO2 auf und mal weniger. Doch spätestens seit den 90er Jahren geht der Trend in Richtung einer stetigen Temperatur-Zunahme. Also lässt auch die Fähigkeit des Nordatlantik nach, atmosphärisches CO2 zu bunkern.
Immer vorausgesetzt, die Ergebnisse aus der Bermuda-Region sind auf den kompletten Nordatlantik übertragbar. Doch davon gehen Gruber und auch US-Forscher Quay aus:
Grubers Arbeit zeigt: Dass die CO2-Aufnahme so schwankt, hat physikalische Gründe. Die Temperatur des Oberflächenwassers spielt eine Rolle. Und seine Durchmischung im Winter. Beide Größen hängen eng mit Veränderungen der Luft-Zirkulation zusammen. Und die werden im gesamten Nordatlantik von der NAO bestimmt, der Nordatlantik-Oszillation.
Die NAO - das ist nur eine andere Bezeichnung für das, was wir als Island-Tief und Azoren-Hoch aus den Nachrichten kennen. Es sind die für Mitteleuropa wetterbestimmenden Drucksysteme über dem Ozean. Sie sind schon länger nur noch schwach ausgeprägt. Hält der Zustand weiter an, könnte das den Nordatlantik sein enormes CO2-Speichervermögen kosten.
Denn so viel ist sicher: Die NAO prägt nicht nur die Witterung im fernen Bermuda-Dreieck, sondern im gesamten Nordatlantik ...
Wie immer steht am Anfang von Forschung eine mittel- bis schwergewichtige Ausgangsfrage, die zunächst niemand beantworten kann. In der Meeresforschung lautet sie im Moment:
Wie viel Kohlendioxid aus der Verbrennung fossiler Energieträger schluckt das Meer?
Das lässt sich noch ziemlich verlässlich abschätzen: Es sind um die 40 Prozent. Viel kniffliger sei eine andere Frage, sagt Paul Quay, Professor für Ozeanographie in den USA, an der Universität Washington in Seattle:
Wie kommt es, dass der CO2-Eintrag von Jahr zu Jahr schwankt?
Eine Beobachtung, die die Meereskundler verwirrt. Doch jetzt lägen erste Erklärungen für das Phänomen vor, freut sich der US-Forscher und spricht damit ein dickes Lob aus. An Kollegen, die ihre Studien jetzt im US-Wissenschaftsmagazin "Science" veröffentlichen.
Dazu zählt Nicolas Gruber. Der Umweltwissenschaftler lehrt an der Universität von Kalifornien in Los Angeles, stammt aber eigentlich aus Zürich.
Gruber analysierte eine inzwischen 18jährige Messreihe aus dem Gebiet der Bermuda-Inseln. Die liegen mehr als 1000 Kilometer vor der Küste Floridas, im subtropischen Nordatlantik. Regelmäßig aufgezeichnet wurde dort, wie viel Kohlendioxid das Oberflächenwasser enthält - beziehungsweise: welche Mengen an Kohlensäure und Carbonat-Verbindungen, in die das CO2 im Meer umgewandelt wird.
Gruber selbst zu den Messdaten:
Die zeigen uns, wie eigentlich Jahr für Jahr das System sehr sensitiv auf Veränderungen des Klimas, des Wetters, reagiert. Was wir gefunden haben in diesen 18 Jahren ist, dass wenn das Klima in Bermuda wärmer als normalerweise ist und auch die Winde weniger stark als normalerweise, dann sehen wir, dass die Aufnahme-Kapazität des Ozeans verringert wird. Auf der anderen Seite sehen wir: Wenn es kühler als normalerweise ist und die Winde auch stärker sind und dadurch auch mehr gemischt wird, die Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre verstärkt wird.
Dieses Ergebnis sei beunruhigend, meint der Schweizer. Offenbar - das zeigten die Daten - gibt es etwas im Zusammenspiel von Ozean und Atmosphäre, was die Forscher als "positive Rückkopplung" bezeichnen:
Wenn wir jetzt das projizieren, diese Aussage, auf was wir erwarten würden für zukünftige Klimaveränderungen. Das bedeutet: Wenn wir den Ozean erwärmen, würde der Ozean weniger CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen, als er das heutzutage tut. Und dadurch könnte sich das Klima schneller erwärmen, als wenn dieser Rückkopplungseffekt nicht bestehen würde.
Das verheißt nichts Gutes. Bisher gilt der Nordatlantik als wichtiges Faustpfand im Kampf gegen die Klimaerwärmung. 0,7 Milliarden Tonnen Kohlenstoff nimmt er nach aktuellen Berechnungen jedes Jahr aus der Luft auf. Das entspricht immerhin fast einem Sechstel der gesamten jährlichen CO2-Zufuhr durch menschliche Aktivitäten.
Doch nach Grubers Studie wird das vielleicht nicht mehr lange so bleiben. In der Vergangenheit mögen sich kältere und wärmere Episoden noch abgewechselt haben. Also nahm das Ozeanwasser mal mehr CO2 auf und mal weniger. Doch spätestens seit den 90er Jahren geht der Trend in Richtung einer stetigen Temperatur-Zunahme. Also lässt auch die Fähigkeit des Nordatlantik nach, atmosphärisches CO2 zu bunkern.
Immer vorausgesetzt, die Ergebnisse aus der Bermuda-Region sind auf den kompletten Nordatlantik übertragbar. Doch davon gehen Gruber und auch US-Forscher Quay aus:
Grubers Arbeit zeigt: Dass die CO2-Aufnahme so schwankt, hat physikalische Gründe. Die Temperatur des Oberflächenwassers spielt eine Rolle. Und seine Durchmischung im Winter. Beide Größen hängen eng mit Veränderungen der Luft-Zirkulation zusammen. Und die werden im gesamten Nordatlantik von der NAO bestimmt, der Nordatlantik-Oszillation.
Die NAO - das ist nur eine andere Bezeichnung für das, was wir als Island-Tief und Azoren-Hoch aus den Nachrichten kennen. Es sind die für Mitteleuropa wetterbestimmenden Drucksysteme über dem Ozean. Sie sind schon länger nur noch schwach ausgeprägt. Hält der Zustand weiter an, könnte das den Nordatlantik sein enormes CO2-Speichervermögen kosten.
Denn so viel ist sicher: Die NAO prägt nicht nur die Witterung im fernen Bermuda-Dreieck, sondern im gesamten Nordatlantik ...