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Coliseum in Los Angeles wird 100
Ein Stadion für Sport und Politik

Das Coliseum in Los Angeles feiert im Sommer seinen 100. Geburtstag. Das Stadion war immer mehr als eine reine Sportarena, dort fanden Konzerte, Filmaufnahmen und politische Kundgebungen statt. 2028 wird das Coliseum das erste Stadion sein, in dem zum dritten Mal Olympische Sommerspiele stattfinden.

Von Ronny Blaschke |
Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele am 28. Juli 1984 im Coliseum von Los Angeles
Das Coliseum in Los Angeles, weltweit berühmt seit der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 1984 (imago / AFLOSPORT)
In den VIP-Logen des Coliseums, hoch über dem Spielfeld, ist das Staunen der Touristengruppe besonders groß. Ledersessel auf einem feingewebten Teppich. Flachbildschirme an holzvertäfelten Wänden. Mitten im Raum ein Beistelltisch aus massivem Holz und mit Glasverkleidung.
Der Wert des Tisches liege bei 15.000 Dollar, erzählt Christina Boonmag, die an diesem Vormittag knapp 20 Touristen durchs Stadion führt: "In L.A. halten sich Leute gern in Premium-Logen auf. Wir müssen auf Schönheit setzen. Vor kurzem wurde das Coliseum für 320 Millionen Dollar renoviert. Wir haben neue Sitzreihen und Videowände. Und Katakomben mit sieben Etagen, darin viele Suiten. Das Coliseum steht unter Denkmalschutz, daher darf die Außenfassade nicht verändert werden. Es ist eine Herausforderung, auf der Höhe der Zeit zu bleiben, und gleichzeitig den historischen Charme zu bewahren."

Eröffnung des Coliseum vor 100 Jahren

Das riesige Oval des Coliseums liegt im "Exposition Park", im Herzen von Los Angeles. Kinder spielen auf Grünflächen. Familien strömen in das Naturkundemuseum. Auf der anderen Straßenseite öffnet sich der Campus der University of Southern California. Und in der Nachbarschaft liegt das BMO Stadium, eine reine Fußballarena. In dieser Umgebung ist das Coliseum ein interessantes Gebäude unter vielen.
Das war bei der Eröffnung vor 100 Jahren ganz anders, erinnert Christina Boonmag: "Dieses Areal war riesiges unbebautes Land, ohne Absperrungen. Der Bau des Coliseums begann 1921. Als die Olympischen Spiele 1932 stattfanden, war das Coliseum das einzige nennenswerte Gebäude weit und breit. Das Stadion sollte ein Veranstaltungsort für die Bevölkerung von Los Angeles sein."

Kulisse für Rodeo, Skispringen und Hollywood

In den 1920er Jahren zählt Los Angeles gerade mal 500.000 Einwohner. Die Stadt möchte sich in Kalifornien gegen das beliebtere San Francisco behaupten. Einflussreiche Politiker und Mäzene sorgen dafür, dass das Coliseum schon früh mehr ist als eine reine Sportarena. 
1927 begrüßen Zehntausende im Coliseum den Piloten Charles Lindbergh, der den Atlantik überquert hatte. In den folgenden Jahrzehnten etabliert sich das Stadion als Schauplatz für Unterhaltungskünste unterschiedlicher Art: Für Rodeo-Reiten, Zirkus, Skispringen auf einer eigens gebauten Schanze. Das Coliseum wird zur Filmkulisse für Hollywood-Studios, sogar für einen Pornofilm.

Nominierungsfeier für John F. Kennedy im Coliseum

Und das Stadion wird zur politischen Bühne: 1960 nimmt der Demokrat John F. Kennedy im Coliseum die Nominierung seiner Partei für die Präsidentschaftswahl an. Acht Jahre später, 1968, versammeln sich hier Zehntausende zu einer Trauerfeier für den ermordeten Bürgerrechtler Martin Luther King.
Christina Boonmag sagt: "Fast jeder US-Präsident hat zu einem bestimmten Zeitpunkt das Coliseum besucht. Auch Nelson Mandela hat hier gesprochen. Doch das größte Publikum hat eine christliche Veranstaltung angezogen. Was einmal mehr zeigt, wie sehr das Stadion als Wahrzeichen wahrgenommen wird."
1963 ist der Erweckungsprediger Billy Graham für mehrere Veranstaltungen im Coliseum zu Gast. Diese so genannte "Evangelisation" zieht insgesamt mehr als eine Million Menschen an. Einmal sind es an einem Tag mehr als 130.000. Es ist ein Rekord, der nicht mehr gesteigert werden kann. Durch Renovierungen wird das Fassungsvermögen des Coliseums reduziert, auf knapp 80.000 Zuschauer.

Coliseum - weltweit berühmt seit den Sommerspielen 1984

International bekannt ist das Coliseum für die Olympischen Sommerspiele 1984, als Schauplatz der Eröffnungsfeier und der Leichtathletik. Diese Spiele gehören zu den wenigen der Geschichte, die mit einem Überschuss endeten. Doch die Wahrnehmung in Kalifornien geht über Olympia hinaus, sagt Sportreporter Kevin Baxter von der LA Times: "Das Besondere an L.A.: Hier ist Hollywood, hier finden ständig große Veranstaltungen statt. Deshalb hat auch das Coliseum alle möglichen Events ausgetragen, die man sich vorstellen kann. Vor allem American Football, aber auch Fußball und sogar Baseball. In den vergangenen Jahren gab es hier sogar Nascar-Autorennen."

Ausbau des Nahverkehrs für Olympia 2028

In den kommenden Jahren wird Los Angeles wieder im Fokus stehen: Als einer der Spielorte der Fußball-WM 2026, die in den USA, Kanada und Mexiko stattfinden. Und als Gastgeber der Olympischen Sommerspiele 2028. Die geschätzten Kosten für Olympia mussten seit der Bewerbungsphase bereits nach oben korrigiert werden, von 5,3 Milliarden Dollar auf fast sieben Milliarden. Stadt und Bundesstaat wollen Kostensteigerungen ausgleichen.
Doch sie rechnen nicht mit Preisexplosionen, wie sie bei Spielen in Rio, Peking oder Tokio zu beobachten waren. In L.A. sind Hotels und Sportstätten in beachtlichem Maß vorhanden, sagt Kevin Baxter: "Aber es gibt auch bei uns Probleme. Die Obdachlosigkeit ist stark gewachsen. Viele Menschen können sich die hohen Preise nicht mehr leisten. Und auch der Nahverkehr muss ausgebaut werden. Es entsteht eine Bahnstrecke vom Flughafen in die Stadt. Überall sind Baustellen, was den Verkehr für Einwohner schwer erträglich macht."

Mehrere Millionen Dollar für Tickets in VIP-Logen

Bei den Sommerspielen 2028 werden wohl wieder die Leichtathletik-Wettbewerbe im Coliseum stattfinden. Bis dahin wird vor allem das Football-Team der University of Southern California für ein ausverkauftes Stadion sorgen. Tickets für VIP-Logen kosten mitunter mehrere Millionen Dollar pro Saison. Und im Hintergrund kümmern sich 40 Mitarbeitende um den Stadionbetrieb.
Scott Lupold ist für das Spielfeld zuständig: "Häufig finden bei uns Konzerte statt, dadurch wird der Rasen beschädigt. Wir haben wenig Zeit, um das Feld wieder in einen optimalen Zustand zu bringen. Die Fernsehzuschauer bekommen davon nichts mit und erwarten beim nächsten Football-Spiel einen perfekten Rasen. Deshalb wächst der Druck für uns. Und das Wichtigste ist die Sicherheit der Spieler. Hier geht es um Millionen-Verträge. Auf keinen Fall darf ein unebener Rasen zu Verletzungen führen."
Scott Lupold, Greenkeeper im Coliseum von Los Angeles
Scott Lupold, Greenkeeper in einem der berühmtesten Stadien der Welt (DLF / Ronny Blaschke)
Insbesondere an der Ostseite erinnert das Stadion an das alte Kolosseum von Rom. Zwischen Torbögen und Säulen verweisen Plaketten auf Persönlichkeiten, die in den vergangenen 100 Jahren im Coliseum aufgetreten sind. Und es ist wahrscheinlich, dass spätestens 2028 weitere Tafeln hinzukommen werden.