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Comeback für die Dampflok

Technik. - Unwirtschaftlich und vor allem schmutzig - so lautet das Image von Dampflokomotiven. Kein Wunder, dass die günstigere, wenn auch nicht unbedingt sauberere Diesellok bald das Rennen machte. Vor fünf Jahren machte sich ein eingeschworener Kreis aus Ingenieuren daran, eine Renaissance des Dampfantriebes einzuläuten. Diesmal sollten die Stahlrösser allerdings umweltfreundlich und wettbewerbsfähig sein.

Von Sönke Gäthke |
    Den Wettbewerb mit der Diesellok hat die Dampflok verloren, weil ihr Betrieb sehr teuer war. Aber das wollten der Schweizer Eisenbahningenieur Roger Waller von der Firma Dampflokomotiv- und Maschinenfabrik DLM AG und ein kleiner Kreis von Ingenieuren ändern. Die Ingenieure sind überzeugt, dass das Aus für die Dampflok nicht an der Technik selbst lag, sondern daran, dass die Dampfmaschinen nie richtig zu Ende entwickelt wurden. Unter dem Motto "Modern steam" entwickelten sie eine Reihe von Verbesserungen: Als erstes wickeln die Techniker eine zehn Zentimeter dicke Isolierschicht um den Kessel, die Dampfleitungen und die Zylinder. Dadurch geht die Hitze des Feuers nicht so schnell verloren, der Wirkungsgrad stieg um 40 Prozent. Der zweite Vorteil der Isolation: Die Lok bleibt lange heiß, wenn sie einmal abgestellt ist. Waller:

    Das ist dann ähnlich wie bei einer Thermosflasche, der Tee bleibt warm über Nacht. Man kann dann unmittelbar wie eben auch bei der Diesellokomotive die Ölfeuerung starten - entsprechend der Motorstart der Diesellokomotive - aus dem Schuppen fahren, und dann ist man einsatzbereit.

    Alte Dampfloks dagegen müssen umständlich angefeuert werden, bevor sie losfahren können. Das kostet Zeit und Geld, denn der Heizer muss das Anfeuern überwachen. Neben der Wärmeisolierung setzt Roger Waller auf Leichtöl als Brennstoff.

    Dann haben wir den Rauch eliminiert, dank einer extrem sauberen Feuerung mit Heizöl-Extraleicht. Also wir fahren absolut rauchfrei, die Abgaswerte sind sogar wesentlich besser als bei Diesellokomotiven.

    So pustet die neue Dampflok nur rund elf Prozent der Stickoxide in die Luft, die eine Diesellok produziert. Außerdem ist die Ölfeuerung so einfach zu bedienen, dass sie der Lokführer während der Fahrt im Auge behalten kann.

    Dass heißt, auch wir benötigen keinen Heizer mehr. Das ist zwingend, um eine Wirtschaftlichkeitsrechung gegen Diesellokomotiven zu bestehen.

    Dass sich das Ganze auch in der Praxis bewährt, wollte der Schweizer Ingenieur mit dem Umbau einer alten Lok aus Deutschland nachweisen. Von 1997 bis 1999 dauerte die Umrüstung, dann ging die Lok an einen Eisenbahnverein. Der plante Dampflok gezogene Sonderzüge und erhoffte sich von der neuen Technik eine deutliche Verbesserung der Einnahmen. Doch es kam anders. Zuerst bereitete die neue Feuerung Probleme: Sie war zu laut. Dann, und das war gravierender, musste die Lok für deutsche Gleise zugelassen werden.

    Das ist richtig, ja, also das Verfahren in Deutschland ist wesentlich aufwändiger als in der Schweiz und sehr teuer.

    So hätten zum Beispiel die Achsen der Lok nach deutschem Recht zunächst einem aufwändigen und sehr teuren Materialtest unterzogen werden müssen. Das war zu viel für den Eisenbahnverein. Nach nur einem Jahr schob er die Lok in den Schuppen...

    ...und sie stand da etwa drei Jahre bloß herum. Das hat unserem Image natürlich sehr geschadet, und anstatt Rechtfertigungsschreiben zu machen, haben wir uns entschlossen, die Lokomotive zu kaufen, und wir fahren jetzt selber damit.

    Seit Herbst vergangenen Jahres setzt die Schweizer Firma die Lokomotive vor Zügen in der Schweiz ein. Nach eigenen Angaben ohne Probleme oder Verspätungen. Und Roger Waller ist überzeugt, dass die Dampflokomotive in Zukunft wieder einen Platz auf den Schienen haben wird.

    Wir haben jetzt bei diesen Bahnen, bei denen diese Lokomotiven eingesetzt werden, bewiesen, dass wir auch rein wirtschaftlich wohl mithalten können und gesamtwirtschaftlich ein besseren Ergebnis erzielen als mit Dieseltraktion.