Für Bender-Fans war es ein besonderer Abend. Nicht nur wegen der Reunion des Duos, mit dem alles begann: Lengkeit gegen Bender spielten noch einmal ihre legendäre Godot-Nummer. Und am Schluss gab es auch mal wieder "Bohemian Rhapsody" auf deutsch und im "Paletten"-Shirt mit Union Jack.
"Und ich setze noch eins drauf: Ich singe es ohne alles, ich singe es komplett a capella."
Aber ansonsten war noch viel "Luft nach oben". Der programmatische Titel von Hennes Benders siebtem Bühnenabend. Doch der Reihe nach:
"Es geht um einen kleinen adipösen Komiker, der seine Miete bezahlen muss",
sagt er Journalisten wie mir, die danach fragen. Aber er ist Schlimmeres gewohnt.
"Haben Sie eine Botschaft? - Nein, ich habe keine Botschaft. Ich bin nicht die Schweiz. Ich bin das Nordkorea unter den Komikern. Ich habe keine Botschaft. - Ja was sollen die Leute denn mitnehmen aus ihrem Programm? - Ihre Jacken, wäre schön!"
Die Bühne - voll gestellt mit Kisten, wie sie Bands für den Transport ihres Equipments nutzen. Wirkt unfertig, wie vor einem Auftritt. Dazwischen: Bender. Ein "Hobbit auf Speed" - ist oft zu lesen. Stimmt auch, nicht nur der Länge wegen. Und es wird ja nicht besser.
Absurditäten der Sprache, Popkultur und das Altern
"Ich hab auch manchmal Angst, morgens aufzuwachen und die Bettdecke wegzuziehen und ich bin beige!"
Denn auch Hennes Bender wird älter. Na ja. Noch zwei Jahre, und er ist 50. Klar erzählt er viel davon, und von der Müdigkeit, dem Kränkeln oder den Gedanken an die senile Bettflucht, so diese Sachen. Und:
"Es geht natürlich wie immer um die Zeit, in der wir leben, und was da so alles passiert. Es geht wieder um Popkultur. Es geht diesmal nicht um "Star Wars", es geht diesmal nicht um "James Bond", es geht diesmal um "Asterix", aber es geht auch so ein bisschen darum, wie wir miteinander umgehen."
Hennes Bender spielt mit Dialekten, karikiert regionale Eigenarten, kommt immer wieder auf seine Heimat, das Ruhrgebiet zu sprechen, nimmt die Sprache beim Wort und klopft sie auf witzige Absurditäten hin ab.
"Die Mutter von 'nem Freund hat immer gesagt: Will jemand noch Kaffee, sonst mach ich noch einen. - Das ist mein Lieblingssatz in der deutschen Sprache."
"Es sieht ja immer so leicht aus, seien wir doch mal ganz ehrlich: Stand-up-Comedy, Kabarett."
Reden ohne Punkt und Komma
Natürlich ist er schlagfertig und spontan - seine große Stärke -, und er redet ohne Punkt und Komma, ist dabei immer im direkten Kontakt mit dem Publikum, das er offensiv anspricht und daraus improvisierte Pointen zaubert. Doch diesmal landet er deutlich weniger Gags, als man es sonst von ihm gewohnt ist.
"Dat is jedes Mal halt neu, weil du halt jedes Mal neues Material hast, was unterschiedlich stark ist."
Dafür wird er persönlich: erzählt zum Beispiel von seinem komischen Verhältnis zu seiner Frau, die zum Schluss für ein Erinnerungs-Lied an die so jung verstorbene Musikkabarettistin Christiane Weber auch selbst auf die Bühne kommt, - und er berichtet von einem ersten Schwächeanfall und den Erste-Hilfe-Maßnahmen.
"Die waren total professionell und die ham mich dann so gefragt: Wie geht es Ihnen? Wissen Sie, wo Sie sind? Wissen Sie, wie Sie heißen? - Jetzt bin ich Komiker, und wenn mir so ne Vorlage gegeben wird, die muss ich Volley nehmen. Es kann mir noch so schlecht gehen. Und ich lieg da und hör mich sagen: Brad Pitt!"
Ja, die USA haben es ihm angetan. Allein schon wegen der popkulturellen Errungenschaften von "Game of Thrones" bis "SpongeBob".
"Ja und die Amerikaner, die sind auch schon teilweise auch weiter, gerade was das Thema Inklusion und Chancengleichheit angeht. Während wir hier in Deutschland überlegen, ob wir mental herausgeforderte Schüler so in normale Klassen rein lassen sollen, werden in Amerika diese Leute Präsidentschaftskandidaten."
"Sachen, die mir richtig auf der Seele brennen, die ich wirklich als alter linker Gutmensch ... rausbrettern muss"
Hennes Bender wird nämlich diesmal auch deutlich politisch:
"Natürlich ist nicht jeder AfD-Wähler ein Nazi. Da sind auch ganz normale Idioten dabei. Das muss man einfach so sehen."
"Also bring die Leute zum Lachen, das ist schon das erste, was ich machen will. Aber es gibt im Moment Sachen, die mir richtig auf der Seele brennen, die ich wirklich als alter linker Gutmensch, der ich nun mal bin, so bin ich nun mal aufgewachsen, halt auch rausbrettern muss."
"Diese Flüchtlingssituation hier mit Syrien und Nordafrika, das ist alles nur ein Test. Da kommt noch was. Das ist alles nur ein Probedurchlauf. Denn wenn der Klimawandel kommt, und er ist schon da, und wenn die Meeresspiegel steigen, dann ist Holland weg. Wat meinste, wat bei uns dann hier los ist? Da ist aber samstags im Centro nix dagegen. Dann kommen die alle hierhin."
Insgesamt noch "Luft nach oben"
Obwohl Hennes Bender als Profi-Komiker sein Publikum fest in der Hand hatte, der Abend auch durchaus unterhaltsam war, fehlte der Kick, der ein Bender-Programm sonst zu einem Comedy-Highlight machte. Klar, das hat er schon zu Beginn gesagt:
"Ich werde mich heute Abend nicht ausziehen - Ooch!"
Wie bei seinem fulminantem Star-Wars-Stormtrooper-Striptease im letzten Programm.
Vielleicht lag es auch daran, dass man das Gefühl nicht los wurde, die Themen doch schon mal irgendwie gehört zu haben. Oder schlicht: dass das Programm zum Premierentermin einfach noch nicht rund war. Kann passieren. Und wer ihn kennt, weiß: Da ist noch einiges drin. Eben "Luft nach oben".
"Es kann auch sein, dass ich morgen wieder wat ganz anderes mache. Ich hab eine Nummer komplett nach zwei Mal spielen rausgeschmissen, weil die Leute bestimmen, was lustig ist und was nicht."
Die nächsten Termine der Tour: 28.09.2016 Bocholt, 30.09.2016 Karlsruhe, 01.10.2016 Wertheim