Willkommen zu "Zambezi News". Dem Pionier der politischen Satire in Simbabwe. Online seit 2012. Über 20.000 Zuschauer klicken die Nachrichten-Parodie regelmäßig an. Die beiden Macher kommen ursprünglich aus Harares Hip-Hop-Szene. Comrade Fatso und Outspoken, der mit bürgerlichem Namen Tongai Makawa heißt:
"An Simbabwes Geschichte, seinem wirtschaftlichen und politischen Niedergang, ist vieles irrwitzig. Da wird man entweder depressiv, oder man entdeckt den Humor darin. Insofern war der Weg zur Satire für uns ganz natürlich. Die Propaganda in den Medien war ein Witz, ebenso wie die Aktionen oder die Untätigkeit der Regierung. In diesem Sinne ist Satire ein Spiegelbild der Gesellschaft."
Politische Spiele sind das Thema der aktuellen Ausgabe der "Zambezi News". Einen Monat vor den historischen Wahlen in Simbabwe steht Tongai Makawa als Sportreporter auf dem Spielfeld und fachsimpelt mit dem Nationaltrainer darüber, wie der die Opposition schlagen will. Die Taktik ist ganz einfach: Den Gegner erschrecken, alles was er zum Spiel braucht, konfiszieren und ihn dann vom Platz verweisen.
Manöver wie dieses waren unter dem Autokraten Robert Mugabe fast vier Jahrzehnte lang an der Tagesordnung. Gegen Oppositionelle, Journalisten, Zivilgesellschaft und regimekritische Kulturaktivisten wie Tongai Makawa, der neben den satirischen "Zambezi News", einmal im Jahr das "Shoko Festival" für urbane Kultur mitorganisiert.
Tongai Makawa: "Die Polizei hat versucht, unser Festival zu verbieten. Wegen der Comedians, die dort aufgetreten sind. Sie haben damit gedroht, unser Büro- und Studiogebäude abzureißen. Es gab Verhaftungen und Razzien. Das waren gezielte Attacken, um uns permanent abzulenken, einzuschüchtern und von unserer Arbeit abzuhalten."
Mit viel Galgenhumor, Mut und Klugheit haben der 35-Jährige und sein Team all diese Attacken abgewehrt. Mehr noch: Der zunächst kleine Kreis Kreativer ist trotz aller Repressalien zu einer Organisation gewachsen, dem "Magamba Network". Es tritt für Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Meinungsfreiheit ein.
Das Herz des Netzwerks schlägt in der sogenannten "Moto Republik", einem Gebäudekomplex mitten in Harare. Im Erdgeschoss findet ein Workshop für kreative Start-Ups statt, nebenan arbeiten junge Simbabwer an einem alternativen Medienprojekt, im Innenhof probt eine Gruppe für eine neue Comedy-Show. Viele junge Comedians haben hier einmal angefangen, erzählt Makawa:
"Politikmüdigkeit ist hier in Simbabwe verbreitet. Wir wecken die Leute mit Humor wieder auf. Ohne, dass dabei die Botschaft auf der Strecke bleibt. Der Humor hilft dabei, dass sie sich wieder mit Problemen auseinandersetzen, sich engagieren und Lösungen suchen. In den sozialen Medien gibt es mittlerweile einen regelrechten Boom von Parodien, die gepostet werden. Nicht immer mit dem gleichen Ziel. Aber: Für uns geht es darum, den Sinn im Sinnlosen zu finden, indem wir scheinbar Unsinn machen."
Gut gelaunt steigt er die Treppe zu seinem Büro hoch, einem lichtdurchfluteten, umgebauten Schiffscontainer. Er wirft seine langen Dreadlocks in den Nacken, klappt seinen Laptop auf und startet einen Videoclip, der den Sturz Mugabes vom November aufs Korn nimmt. Den Putsch, den das Militär nicht so nennen möchte.
Mugabe-Günstlinge weiterhin am Kabinettstisch
Dieser höfliche Putsch ist perfekt für ein modernes Land, heißt es in dem Clip. Zutaten unter anderem: sanft sprechende Generäle, eine sehnsüchtige Bevölkerung und jede Menge Panzer.
Tongai Makawa: "In der Zeit des Putsches, der offiziell kein Putsch war, gab es hier bei uns mal wieder Razzien und Festnahmen. Es war also eine surreale Situation. Wir sollten uns trotz der zwischenzeitlichen Euphorie fragen, was sich wirklich verändert hat. Der alte Mann ist zwar gestürzt worden, aber viele seiner Minister sitzen weiterhin am Kabinettstisch und bislang ist noch niemand wegen Korruption belangt worden. Es gibt zwar momentan auch für uns spürbar mehr Meinungsfreiheit, aber noch ist unklar ist, ob es auch nach den Wahlen dabei bleibt."
Tongai Makawa vertieft sich in seine Arbeit für die nächste Staffel "Zambezi News". Der Stoff für politische Satire liegt in Harare buchstäblich auf der Straße.
An den Kreuzungen stehen die Zeitungsverkäufer. Auf den Titelblättern geht es neben Wahlkampfthemen darum, was Simbabwe nun mit den Schneepflügen anfangen soll, die die alte Regierung für mehrere Millionen Dollar gekauft hat - als Planierraupen für den Straßenbau. Eine von vielen wahnwitzigen Korruptionsgeschichten - Realsatire eben.
Was die jahrzehntelange Misswirtschaft in Simbabwe angerichtet hat, ist nicht zu übersehen: Viele Straßen sind von Schlaglöchern übersät, die Stadt wirkt grau und müde. Vor den Banken stehen Menschen stundenlang Schlange, um etwas Bargeld abzuheben. Denn das ist rar. Ebenso wie Jobs. Tagsüber säumen fliegende Händler die Bürgersteige, nachts Prostituierte. Jeder kämpft auf seine Weise ums Überleben. Dass sich in diesem Klima trotzdem eine lebendige Comedy-Szene entwickeln konnte, ist für Victor Mpofu aber kein Wunder. Der Stand-Up-Comedian ist auf dem Weg zu einem Auftritt:
"Wir sind in einer desolaten Situation. Umso wichtiger ist es, die Leute zum Lachen zu bringen. Und genau das ist es, was ich mache. Mit Themen aus der Politik, aber auch aus dem Leben. Denn viele Leute scheren sich nicht um Politik. Sie wollen einfach nur lachen."
Kulturzentrum in finanzieller Schieflage
Humor ist für Victor Mpofu, der unter dem Künstlernamen Doc Vikela auftritt, ein Ventil, durch das der Druck des Alltags abgebaut werden kann. Er sieht sich nicht wie Tongai Makawa als Kulturaktivist, sondern in erster Linie als Entertainer.
In tailliertem Anzug fegt er in Harares "7 Arts Theatre" über die Bühne. Im Publikum sitzen überwiegend junge Simbabwer aus der Mittelschicht, die sich ein paar Dollar Eintritt leisten können. Er werde oft gefragt, warum er immer tanze, sagt der 32-Jährige zum Auftakt. Ganz einfach: Als Afrikaner sei er schließlich dafür geboren worden. Es folgt ein getanzter Exkurs durch den Kontinent: Von oben im Norden, in dem die Leute vor allem ihren Oberkörper bewegen, über das Hüft- und Hinterteil-betonte Zentralafrika bis zu virtuoser Fußarbeit in Simbabwe und anderen Ländern des Südens. Das Publikum biegt sich vor Lachen.
Seinen ersten Auftritt hatte Mpofu im einst legendären "Book Café". Lange ein wichtiges Zentrum der jungen Comedy- und Kulturszene in Harare, bis es wegen finanzieller Schieflage schließen musste.
Victor Mpofu: "Es hatte so ausgesehen, als sei Comedy tot. Wir hatten keine regelmäßigen Auftrittsmöglichkeiten mehr. Nur diejenigen von uns, die schon einen Namen in der Szene hatten, konnten sich über Wasser halten. Erst seit etwa einem Jahr ändert sich das langsam. Immer mehr Simbabwer erfahren, dass es in ihrer Heimat überhaupt eine Comedy-Szene gibt und begeistern sich dafür. Inzwischen ist es mir sogar gelungen, hier in Harare drei Comedy-Nächte im Monat zu organisieren. Das ist ein guter Start. Aber da geht sicher noch mehr. Ich kenne rund 40 Comedians, die einmal im Monat auftreten könnten."
Sein Traum ist es, Harare zu einer afrikanischen Comedy-Hochburg zu machen. Im "Theatre in the Park", einem Theater, in dem er selbst schon mehrmals aufgetreten ist, hat er sich mit zwei anderen Comedians zum Brainstorming verabredet. Die drei entwickeln das Konzept einer Fernsehshow nach dem internationalen Late-Night-Erfolgsrezept.
"Comedians dürfen im Fernsehen nicht fehlen"
Victor Mpofu: "Ich glaube daran, dass Humor im ganzen Land verbreitet werden sollte. Egal um welche Art von Humor es sich handelt. Also führe ich diese Mission an, kümmere mich um den Nachwuchs und eröffne uns neue Bühnen. Dabei dürfen Comedians im Fernsehen nicht fehlen."
Das gestaltet sich auf dem klassischen Verbreitungsweg allerdings schwierig: Fernsehen in Simbabwe ist gleichbedeutend mit dem regimetreuen Staatssender ZBC, den das Team von ‚Zambezi News‘ karikiert. Aber Victor Mpofu ist trotzdem Feuer und Flamme. Selbst die Vorgaben des Redakteurs, mit dem er bereits über seine Idee gesprochen hat, schrecken ihn nicht ab: kein Sex, keine Politik. Für Satiriker wie Tongai Makawa wäre das ein No-Go, Victor Mpofu könnte mit diesem Kompromiss jedoch leben. Vielleicht, so hofft er, wird die neue Regierung im Post-Mugabe-Simbabwe die Zügel ja weiter lockern. Die neugewonnene Meinungsfreiheit macht ihm Mut.