Von den 21 Landesverbänden des Deutschen Fußball-Bundes pflegt nur der Berliner Fußball-Verband eine Kooperation mit einem Lesben- und Schwulenverband. Die große Mehrheit der meist älteren Entscheidungsträger im Fußball hat sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt.
Im europäischen Vergleich hat die Spitze des Deutschen Fußball-Bundes eine beachtliche Symbolpolitik geleistet: Der Verband hat 2009 ein Länderspiel gegen Finnland mit dem Kampf gegen Homophobie überschrieben, er hat schwullesbische Fanklubs unterstützt, eine Fachkonferenz organisiert und zuletzt eine Broschüre mit Leitfragen an die Vereine verschickt. Und dennoch ist die Aufklärung bislang kein Pflichtmodul von Schiedsrichter- oder Trainerschulungen.
Der Berliner Fußball-Verband zeigt, wie Aufklärung funktionieren kann. Seit drei Jahren baut der BFV mit dem Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg ein Netzwerk auf. Dazu gehören Workshops, Flyer und ein anonymes Postfach. Der BFV gilt innerhalb Deutschlands als fortschrittlich, trotzdem hat der Verband erst im November die erste Frau in sein Präsidium gewählt: Tanja Walther-Ahrens. Die ehemalige Bundesliga-Spielerin ist eine einflussreiche Aktivistin gegen Homophobie. Sie möchte das Coming-out von Thomas Hitzlsperger nutzen, um Rollenbilder des Fußballs zu hinterfragen: den Männlichkeitskult, das Körperbewusstsein, das Kämpferideal.
Vereine und Verbände haben in gesellschaftlichen Fragen lange eine Unterstützung von außen verweigert. Das hat die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld in Berlin zu spüren bekommen, als sie prominente Klubvertreter für ihr Konzept im Fußball gesucht hat. Inzwischen wird der Bedarf erkannt, dass die vielen Spekulationen zum Thema durch wissenschaftliche Verlässlichkeit ersetzt werden muss, glaubt Jörg Litwinschuh, Geschäftsführer der Hirschfeld-Stiftung. In Zusammenarbeit mit der Universität Vechta soll ein Bildungsprojekt etabliert werden, so dass schwulenfeindliche Einstellungen bei jungen Kickern gar nicht erst entstehen. Werder Bremen ist nun der erste Bundesligist, der sich diese Langzeitforschung auch Geld kosten lässt.
Die meisten Profivereine haben keinen Ansprechpartner für gesellschaftliche Vielfalt, kommentiert Dirk Brüllau, der Sprecher der Queer Football Fanclubs, ein 2006 gegründetes Netzwerk von nun 27 schwullesbischen Fanklubs. Dirk Brüllau fordert, dass die Klubs einen Antidiskriminierungs-Beauftragten beschäftigen. Eine Debatte, die in den Vereinen kaum geführt wird – Thomas Hitzlsperger könnte das ändern.