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Commonwealth Games
Ein Hauch von London

Athleten aus 71 Ländern waren bei den 20. Commonwealth Games in Glasgow am Start. Die Zuschauer bekamen zum Teil Weltklasse-Leistungen zu sehen, dazu Randsportarten im Rampenlicht, aber auch Enttäuschen und Dopingfälle. Eine Bilanz.

Von Silvia Engels |
    Clyde - das offizielle Maskottchen der Commonwealth Games in Glasgow, 2014
    Clyde - das offizielle Maskottchen der Commonwealth Games in Glasgow, 2014 (picture alliance / dpa)
    Ein wenig erinnerte die Stimmung schon an die Olympischen Spiele von London 2012, als Queen Elisabeth vor eineinhalb Wochen im vollbesetzten Stadion in Glasgow ans Mikrofon trat: "It now gives me the greatest pleasure to declare the 20th Commonwealth Games open."
    Nach dieser offiziellen Eröffnung folgten Wettkampftage vor begeistertem Publikum. Zuweilen auf Weltklasseniveau, wie beim Schwimm-Weltrekord der australischen Frauen-Freistilstaffel. Und mit Überraschungen: Der kenianische Weltrekordhalter und Olympiasieger David Rudisha musste sich über 800 Meter Nijel Amos aus Botswana geschlagen geben.
    71 Länder, ehemals Teil des britischen Kolonialreichs, nahmen teil. Von Australien und Indien bis hin zu Mauritius und Fiji. Großbritannien hatte sich aufgeteilt in gleich vier Mannschaften: England, Schottland, Wales und Nordirland. Die 20. Commonwealth-Spiele boten so eine erstaunliche Mischung aus Weltläufigkeit und Regionalität. Und genauso weit lag in manchen Wettbewerben zuweilen der sportliche Wert auseinander. In der Nationenwertung räumte die englische Mannschaft ab; belegte mit deutlichem Vorsprung Platz eins. Vor Australien, Kanada und ja: Schottland. Und dann kam er: "The Usain Bolt Show starts."
    Der Sprint-Doppelolympiasieger aus Jamaica ging nach Verletzungspause hier nur in der Sprintstaffel an den Start. Doch allein das Erscheinen von Usain Bolt wertete den Event auf. Umso größer war die Aufregung, als Medien berichteten, der Leichtathletikstar habe sich abfällig über die Spiele geäußert. Er dementierte: "Ich liebe den Wettbewerb und die Fans. Ich wollte bei den Commonwealth-Spielen starten. Ich würde so etwas niemals sagen." Am Ende gewann Favorit Jamaica die 4x 100-Meter-Staffel. Und Usain Bolt feierte ausführlich mit dem Publikum. "It's Glasgow-Gold for Bolt"
    Aber auch ein paar nicht-olympische Sportarten, wie Squash oder Bowling, konnten hier für sich werben. Eine Besonderheit auch, dass die Behinderten-Wettbewerbe in den regulären Ablauf der Spiele integriert waren. Daneben die Enttäuschungen: Der Doppelolympiasieger von London über 5000 und 10.000 Meter Mo Farah konnte krankheitsbedingt nicht antreten. Bradley Wiggins, vierfacher Olympiasieger auf dem Rad, verpasste den Sieg in Glasgow. Außerdem waren zwei Doping-Fälle zu melden: Gewichtheberin Chika Amalaha aus Nigeria musste ihre Goldmedaille zurückgeben. Gestern wurde die frühere 400-Meter-Weltmeisterin Amantle Montsho aus Simbabwe positiv getestet.
    Die Verantwortliche für den britischen Spitzensport, Liz Nicolle wertet gegenüber der BBC die Spiele dennoch als gute Zwischenetappe für Olympia in Rio 2016: "Commonswealth Spiele sind ein Hinweis auf das Gesamtsystem. Ich vertrete ja nur rund 1400 Spitzensportler. Die Erfolge hier zeigen, dass das das Zusammenspiel der Sportstrukturen funktioniert."
    Das Ziel von Nicolle, in Rio die britische Medaillenausbeute gegenüber London 2012 noch zu steigern, setzt allerdings voraus, dass Großbritannien dann noch als Einheit existiert. Am 18. September stimmt Schottland über die Unabhängigkeit ab. Die Frage, ob der Auftritt der Schotten als Einzelmannschaft den Separatismus schüre, wurde oft gestellt. Für die meisten Sportler schien das jedoch kein Thema zu sein. Zum Beispiel für Louis Smith, Goldmedaillengewinner mit der englischen Turnmannschaft, knapp vor dem schottischen Team. "Das ist eigentlich ganz lustig. Wir ziehen schon mal übereinander her in der Halle, wer jetzt wen schlagen kann. Wir messen uns im Wettbewerb, aber dann feuern wir einander auch wieder an. Es ist sehr entspannt, sehr lustig."
    Was bleibt am Ende für Glasgow? 6000 Jobs haben die Commonwealth-Games in der strukturschwachen Gastgeberstadt geschaffen sagen die Veranstalter. 65 Millionen Euro flossen in Region. Wohnungen und Sportstätten sind entstanden. Mancher Kritiker fürchtet allerdings, dass der einfache Bürger nichts davon haben wird. Wenn der Rausch der Spiele verflogen ist.