Rechtsextremismus
Warum das Compact-Magazin verboten wurde

Einmal im Monat verbreitete das Compact-Magazin Rassismus und Antisemitismus. Im Netz sogar täglich. Damit ist jetzt Schluss. Nun hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser die neurechte Publikation verboten.

16.07.2024
    Das Cover des Compact Magazins zeigt am an einem Ausstellerstand der Buchmesse Leipzig Bundeskanzlerin Merkel mit einem Kopftuch.
    Das Spiel mit Ängsten: Das Compact-Magazin hat eine wichtige Rolle für die Verbreitung extrem rechter Ideologie gespielt. (picture alliance / dpa / Jens Kalaene)
    Es ist ein Redaktionsschluss der anderen Art: Am 16. Juli 2024 musste das Compact-Magazin, das gedruckt wie auch online herausgegeben wurde, das Erscheinen einstellen. Grund dafür ist ein Verbot durch das Bundesinnenministerium, das auch für die „CONSPECT FILM GmbH“ gilt.
    Begründet wird der Schritt damit, dass sich die Organisationen gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten. Compact sei „ein zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Im Zuge des Verbots wurden Büros und Wohnungen, die in Verbindung mit Compact stehen, durchsucht.

    Was ist das Compact-Magazin?

    Das Compact-Magazin erscheint seit 2010 und hat seinen Hauptsitz in Falkensee bei Berlin. Chefredakteur ist seit Gründung Jürgen Elsässer. Das Magazin wird monatlich in einer gedruckten Ausgabe publiziert. Die Auflage soll bei 40.000 Exemplaren liegen. Außerdem gibt es eine Internetseite, einen Videokanal mit werktäglicher Sendung sowie Social-Media-Auftritte. Compact TV hat bei YouTube 345.000 Abonnenten.
    Compact ist der Neuen Rechten zuzuordnen. Mit diesem Begriff wird eine Szene beschrieben, die Vorstellungen von einem ethnisch homogenen Staat mit autoritären Zügen vertritt. Sie setzt sich gleichzeitig von Rechten ab, die sich auf den historischen Nationalsozialismus berufen.
    Wo er das Magazin verortet, zeigt eine Aussage von Chefredakteur Elsässer. Er sagte im Januar 2018, Pegida, die Identitäre Bewegung, die AfD, „Ein Prozent“ und Compact seien wie fünf Finger, die eine Faust bilden könnten. Seit 2021 wird das Magazin vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Im Februar wurde es von vielen Bahnhofsbuchhandlungen aus dem Programm genommen.       

    Agieren gegen pluralistische Gesellschaft

    Compact fällt auf: Die Aufmachung setzt auf eine plakative und sogleich provokative Gestaltung bei der Bild- und Themenauswahl sowie der Zuspitzung etwa in Überschriften. Dabei werden Themen wie der Krieg in der Ukraine, Migration oder die staatlichen Maßnahmen während der Coronapandemie aufgegriffen und von rechtsaußen politisiert.
    Compact sei ein „sehr opportunistisches Medium“, analysiert der Soziologe Felix Schilk. Er forscht in Tübingen im Projekt REDACT zu Handlungsoptionen gegen Verschwörungserzählungen und Desinformation in Europa. Compact springe laut Schilk immer wieder auf Debatten auf und versuche, sie zuzuspitzen und zu instrumentalisieren.
    Was das bedeutet, führt das Innenministerium in einem Statement zum Verbot aus: Die Compact-Magazin GmbH verbreite „in ihren reichweitenstarken Publikationen und Produkten antisemitische, rassistische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte“. Außerdem agitiere sie „gegen ein pluralistisches Gesellschaftssystem“.

    Wer ist Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer?

    Jürgen Elsässer ist eigentlich Lehrer, arbeitet aber in den vergangenen Jahrzehnten als Journalist. In diesem Beruf hat der heute 67-Jährige – politisch gesehen – bereits einige Haken geschlagen. So schrieb er einst für linke Publikationen, bog aber spätestens seit 2009 nach rechts ab und gehört nun zum extrem rechten Spektrum.
    2010 gründete Elsässer Compact und ist seitdem der Chefredakteur des Magazins. Am 16. Juli wurden im Zuge des Verbots des Magazins auch seine Wohnung durchsucht.
    Elsässers Ziel ist es, verschiedene Akteure und Gruppen der Rechten zusammenzubringen. Das soll nicht nur die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) umfassen, sondern wie mit den Bewegungen Pegida oder den „Identitären“ (IB) sowie dem Institut für Staatspolitik darüber hinausgehen. Auch Kontakte ins Ausland werden gepflegt, etwa zum österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner.
    Elsässer ist eng mit rechten Vertretern der AfD, auf deren Parteitagen ist er ein gern gesehener Gast. Mit der Kampagne „Blaue Welle“ wirbt er für eine Regierungsbeteiligung der AfD nach der Bundestagswahl 2025. Während Politikerinnen und Politiker bürgerlicher Parteien von Compact zum Teil heftig kritisiert werden, sucht Elsässer die Nähe zu AfD-Politikern wie Björn Höcke.

    Was ist die rechtliche Grundlage des Compact-Verbots?

    Das Bundesinnenministerium bezieht sich bei seinem Verbot der Compact-Magazin GmbH auf das Vereinsverbot. Das könne, so heißt es in einem am 16. Juli veröffentlichten Statement, „unter bestimmten Voraussetzungen“ auch für Unternehmen gelten. Weiter heißt es: „Die Organisationen richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne von Artikel 9 des Grundgesetzes und § 3 des Vereinsgesetzes.“
    Außerdem nennt das Bundesinnenministerium weitere Punkte für das Verbot. So propagiere Compact „ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept, das nach ihrer Ansicht ‚ethnisch Fremde‘ aus dem Staatsvolk ausschließen will“. Damit werde die Menschenwürde derjenigen missachtet, „die nicht in dieses ethnische Konzept passen“.
    Ebenfalls wird genannt, dass Compact „ein Widerstands- und Revolutionsrhetorik“ nutzt, offensiv werde der Sturz der politischen Ordnung propagiert; Grenzüberschreitungen würden ebenso eingesetzt „wie verzerrende und manipulative Darstellungen“. Leser und Nutzerinnen der Compact-Angebote könnten „aufgewiegelt und zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert werden“.
    Mit dem Verbot darf Compact nicht mehr publizieren. Das betrifft die gedruckte wie die Onlineausgabe und die Social-Media-Kanäle. Auch alle bisherigen Inhalte auf den verschiedenen Kanälen müssen wohl gelöscht werden. Ein Verkauf des Magazins ist untersagt. Symbole, die Compact zugordnete werden, sind ebenfalls verboten. Dazu gehört auch die „Blaue Welle“, das Logo einer Compact-Kampagne für eine AfD-Regierungsbeteiligung.

    Kann Compact gegen das Verbot vorgehen?

    Compact kann gegen das Verbot des Bundesinnenministeriums klagen. Es kann davon ausgegangen werden, dass Jürgen Elsässer und seine Mitstreiter dies auch tun werden. Wenn der Rechtsweg beschritten werden sollte, werden die Argumente des von Nancy Faeser (SPD) geführten Bundesinnenministeriums vor Gericht mit denen von Compact abgewogen. Dabei kann interessant sein, wer das Magazin unterstützen wird.
    Knackpunkt einer eventuellen Klage dürfte die Frage sein, ob das Verbot mit dem Mittel des Vereinsrechts auf eine Publikation beziehungsweise ein Medienunternehmen angewendet werden kann. Außerdem müssten die Richter klären, ob Compact wegen der durch sie verbreiteten Ideologie verboten wurde oder aufgrund der durch die Zeitschrift eingenommene Rolle als Scharnier der extremen Rechten.
    Im Zusammenhang einer potenziellen Klage können auch die Durchsuchungen am 16. Juli wichtig werden. Die Einsatzkräfte durchsuchten Liegenschaften der Compact-Organisationen und die Wohnungen von führenden Akteuren wie Chefredakteur Jürgen Elsässer und wesentlichen Anteilseignern, um Vermögenswerte und weitere Beweismittel zu beschlagnahmen.

    rzr