Maximilian Schönherr: Raymond Yun Fei gehört zur Gruppe für Computergrafik an der Columbia Universität, New York. Seine Spezialität ist die Simulation von Wasser und wie Wasser mit Stoffen interagiert. Vor einem Jahr waren das Haare, jetzt ist es Tuch. Die New Yorker Doktoranden sind nicht die einzigen, die an diesem schwierigen Thema forschen.
Wer den Pixar-Film "Die Monsters AG" kennt, wird sich an die Tierfelle erinnern. Die waren damals, 2001, eine technische Revolution. Die Physik dahinter ist keine Zauberei, aber die extreme Menge an Haaren und ihre subtilen Lichtspiele wären wenige Jahre zuvor nicht in realistischer Zeit berechenbar gewesen. Die Felle der Monster-Familie wurden nicht nass. Dazu war weitere Forschung nötig, und die Ergebnisse sah man in Filmen der letzten Jahre.
Nun also können wir Stoff nass machen und digital auswringen, dass es nur so tropft. Diese Computeranimationen sind so fotorealistisch, dass sich bereits die Bekleidungsindustrie bei Raymond Yun Fei gemeldet hat. Ein Baumwollhandtuch, das sich mit Wasser getränkt dunkel färbt und richtig schwer wird – das gab es bisher noch nicht. Ich habe den Informatiker interviewt und ihn zunächst gefragt, welche Art der Physik hier eine Rolle spielt?
Raymond Yun Fei: Unsere Arbeiten bauen auf der Mischungstheorie auf, entwickelt vor rund 80 Jahren, wo es um Phasenübergänge geht. Wir können damit auch mehrere Phasen verbinden, also auch Öl, Wasser und Sand. Was die neue Simulation angeht, mussten wir zunächst die Strömungswiderstände, Trägheitskräfte und Reibung zwischen dem Stoff und der Flüssigkeit modellieren. Es findet auch ein Impuls-Austausch statt. Und schließlich bewirken Kapillarkräfte, dass sich die Wassertropfen in dem Stoff ausbreiten. All das zusammen haben wir in unser mathematisches Modell eingebaut.
Schönherr: In der Computergrafik kann man seit einiger Zeit die Viskosität von Flüssigkeiten und die Scherkräfte innerhalb von Kleidung simulieren – also wie zäh Honig auf Seide tropft, oder eben, mit geringerer Viskosität, Wasser auf Kashmir-Wolle. Spielen Viskosität der Flüssigkeit und die inneren Kräfte eines Gewebes auch bei Ihnen eine Rolle?
Fei: Ja, diese Parameter wirken sich direkt auf die Zugkräfte im Material aus, wenn es nass wird. Das alles spielt in dem Modell zusammen.
Schönherr: Bei Ihren Filmclips, die Sie auf der Siggraph in Vancouver zeigten, reagieren sehr verschiedene Stoffe auf sehr unterschiedliche Wasserstrahlen. Ein undurchlässiges Material hängt unter dem Gewicht des Wassers nach unten durch, bleibt aber dicht. Ein sehr locker gestrickter Pullover dagegen wird triefend nass und lässt das Wasser dann an anderer Stelle nach unten tropfen. Wie kommt es, dass Ihre Simulationen so schön und natürlich aussehen? Mit anderen Worten: Wie ist der Schritt vom physikalischen Modell zur Computeranimation?
Fei: Um das Modell zu visualisieren, also Einzelbilder zu rendern, mussten wir einiges tun. Wir haben Texturen für das Wasser und das Tuch entwickelt, virtuelle Lichter gesetzt und schließlich alles in einem Programm der Filmindustrie namens Houdini mit einem verbreiteten Verfahren namens Raytracing gerendert. Das Rendern dauerte für die nur wenige Minuten langen Filmclips, die wir auf der Siggraph gezeigt haben, etwa eine Woche. Die Berechnung dauerte auch deshalb so lang, weil bei Wasser-Interaktionen komplexe Lichtbrechungen in den oberen Materialschichten passieren, die wir Subsurface Scattering nennen. Von Echtzeit-Rendern sind wir noch weit entfernt.
Schönherr: In einer Simulation schütten Sie Wasser von der Seite auf ein braunes Tuch, das an einer Wäscheleine hängt. An den Stellen, wo die Flüssigkeit auftrifft, verfärbt sich der Stoff – er wird dunkler, weil er nass ist. Meldet diese Texturveränderung die Physik in Ihrem Rechenmodell, oder müssen Sie hier per Hand nacharbeiten, quasi nachfärben?
Fei: Die Physik sagt uns, wie gesättigt das Tuch ist. Diese Information müssen wir anschließend tatsächlich von Hand in Bildinformationen umrechnen.
Schönherr: Ihre Arbeit baut auf physikalischen Formeln und Mathematik auf und führt die Berechnungen deterministisch durch, also klassisch, eine Ausführung nach der anderen. Das Gegenteil ist heute sehr en vogue und wäre Künstliche Intelligenz. Sie müssten dann nicht mehr selbst berechnen, wie ein Wassertropfen in Seide oder in einem Tierfell versinkt, die Maschine würde aus vielen Daten lernen und das schließlich selbst tun.
Fei: Die Sache ist die: Maschinenlernen ist datenhungrig. Unser physikalisches Modell kann viele Daten auswerfen. Wenn wir genügend Computer zur Verfügung haben, darauf neuronale Netze laufen zu lassen, die wir mit unseren Simulationen trainieren, könnten wir zukünftig viele schöne neue Dinge zeigen.
Nun also können wir Stoff nass machen und digital auswringen, dass es nur so tropft. Diese Computeranimationen sind so fotorealistisch, dass sich bereits die Bekleidungsindustrie bei Raymond Yun Fei gemeldet hat. Ein Baumwollhandtuch, das sich mit Wasser getränkt dunkel färbt und richtig schwer wird – das gab es bisher noch nicht. Ich habe den Informatiker interviewt und ihn zunächst gefragt, welche Art der Physik hier eine Rolle spielt?
Raymond Yun Fei: Unsere Arbeiten bauen auf der Mischungstheorie auf, entwickelt vor rund 80 Jahren, wo es um Phasenübergänge geht. Wir können damit auch mehrere Phasen verbinden, also auch Öl, Wasser und Sand. Was die neue Simulation angeht, mussten wir zunächst die Strömungswiderstände, Trägheitskräfte und Reibung zwischen dem Stoff und der Flüssigkeit modellieren. Es findet auch ein Impuls-Austausch statt. Und schließlich bewirken Kapillarkräfte, dass sich die Wassertropfen in dem Stoff ausbreiten. All das zusammen haben wir in unser mathematisches Modell eingebaut.
Schönherr: In der Computergrafik kann man seit einiger Zeit die Viskosität von Flüssigkeiten und die Scherkräfte innerhalb von Kleidung simulieren – also wie zäh Honig auf Seide tropft, oder eben, mit geringerer Viskosität, Wasser auf Kashmir-Wolle. Spielen Viskosität der Flüssigkeit und die inneren Kräfte eines Gewebes auch bei Ihnen eine Rolle?
Fei: Ja, diese Parameter wirken sich direkt auf die Zugkräfte im Material aus, wenn es nass wird. Das alles spielt in dem Modell zusammen.
Schönherr: Bei Ihren Filmclips, die Sie auf der Siggraph in Vancouver zeigten, reagieren sehr verschiedene Stoffe auf sehr unterschiedliche Wasserstrahlen. Ein undurchlässiges Material hängt unter dem Gewicht des Wassers nach unten durch, bleibt aber dicht. Ein sehr locker gestrickter Pullover dagegen wird triefend nass und lässt das Wasser dann an anderer Stelle nach unten tropfen. Wie kommt es, dass Ihre Simulationen so schön und natürlich aussehen? Mit anderen Worten: Wie ist der Schritt vom physikalischen Modell zur Computeranimation?
Fei: Um das Modell zu visualisieren, also Einzelbilder zu rendern, mussten wir einiges tun. Wir haben Texturen für das Wasser und das Tuch entwickelt, virtuelle Lichter gesetzt und schließlich alles in einem Programm der Filmindustrie namens Houdini mit einem verbreiteten Verfahren namens Raytracing gerendert. Das Rendern dauerte für die nur wenige Minuten langen Filmclips, die wir auf der Siggraph gezeigt haben, etwa eine Woche. Die Berechnung dauerte auch deshalb so lang, weil bei Wasser-Interaktionen komplexe Lichtbrechungen in den oberen Materialschichten passieren, die wir Subsurface Scattering nennen. Von Echtzeit-Rendern sind wir noch weit entfernt.
Schönherr: In einer Simulation schütten Sie Wasser von der Seite auf ein braunes Tuch, das an einer Wäscheleine hängt. An den Stellen, wo die Flüssigkeit auftrifft, verfärbt sich der Stoff – er wird dunkler, weil er nass ist. Meldet diese Texturveränderung die Physik in Ihrem Rechenmodell, oder müssen Sie hier per Hand nacharbeiten, quasi nachfärben?
Fei: Die Physik sagt uns, wie gesättigt das Tuch ist. Diese Information müssen wir anschließend tatsächlich von Hand in Bildinformationen umrechnen.
Schönherr: Ihre Arbeit baut auf physikalischen Formeln und Mathematik auf und führt die Berechnungen deterministisch durch, also klassisch, eine Ausführung nach der anderen. Das Gegenteil ist heute sehr en vogue und wäre Künstliche Intelligenz. Sie müssten dann nicht mehr selbst berechnen, wie ein Wassertropfen in Seide oder in einem Tierfell versinkt, die Maschine würde aus vielen Daten lernen und das schließlich selbst tun.
Fei: Die Sache ist die: Maschinenlernen ist datenhungrig. Unser physikalisches Modell kann viele Daten auswerfen. Wenn wir genügend Computer zur Verfügung haben, darauf neuronale Netze laufen zu lassen, die wir mit unseren Simulationen trainieren, könnten wir zukünftig viele schöne neue Dinge zeigen.