"Aber ich erinnere mich noch an das Leben vor dem Krieg. Ich erinnere mich, dass wir anders waren und dort oben lebten, an der Oberfläche. Wir waren die Herrscher der gesamten Welt."
Die Welt im Jahr 2036: Ein Vierteljahrhundert nach einem Atomkrieg sind von den einst sieben Milliarden Menschen gerade einmal 50.000 übrig, und die hausen in den U-Bahn-Schächten der einstmals pulsierenden Welt-Metropolen.
Traum vom Leben an der Oberfläche
In "Metro: Exodus" schlüpfen wir in die Haut von Artyom, der mit seiner Frau Anna in der Moskauer Metro lebt, dort also, wo auch schon die Vorgänger-Titel "Metro 2033", "Metro: Last Light" und "Metro: Redux" spielten und natürlich auch die Romanvorlage von Dmitri Gluchowski, von der sich der neueste Ableger dieser Computerspielserie jedoch weit entfernt. Denn etwas ist anders in diesem "Metro"-Spiel, diesmal geht es hoch hinaus. Gleich zu Beginn schon träumt Artyom von einem Leben an der Oberfläche – und geht damit den anderen "Metro"-Bewohnern ganz schön auf die Nerven:
"Lass' uns nach Hause gehen Schatz, bitte! Ich würde es auch vorziehen, an einem Strand zu leben oder in einem grünen Wald. Aber was bringen Phantasien in so einer stillen Welt? Sie ist still, weil sie tot ist!"
Natürlich stellt sich heraus, dass die Welt da oben nicht ganz so tot ist, wie alle dachten. Artyom flieht mit ein paar seiner Leute und mit Hilfe der Dampflokomotive Aurora aus der Metro, und es beginnt die Suche nach einem neuen Zuhause, fernab der Strahlung. Die Reise führt den Spieler durch das zerstörte Russland – und so frieren wir an den Ufern der Wolga und schwitzen in den Sanddünen am kaspischen Meer. Wir wandern durch eine endzeitliche Welt, die kaputter ist, als man es von endzeitlichen Game- und Film-Welten ohnehin schon gewohnt ist: Überall blättert der Putz, diese Postapokalypse wird vom Gaffa-Tape zusammengehalten. Rost war noch nie rostiger, Mutanten noch nie mutantiger, die verstrahlte Trostlosigkeit noch nie trostloser.
"Unsere Reise hat endlich einen Sinn"
"Nach dieser langen Zeit im Untergrund ist die Luft an der Oberfläche unglaublich frisch und berauschend. Aber das war es nicht, was unsere Euphorie angefeuert hat. Unsere Reise hat endlich einen Sinn bekommen durch einen Funkspruch des Regierungsbunkers im Ural. Seit 20 Jahren haben wir gedacht, dass weder das Oberkommando noch die Regierung überlebt haben, doch jetzt stellt sich heraus, dass es sie noch gibt."
Als Artyom durchkämmen wir auf unserer Reise ehemalige Regierungsbunker, waten durch Schlamm, erforschen Schiffsfriedhofe und fahren mit dem klapperigsten VW-Bus der Computerspielgeschichte durch einen Sandsturm. Wir schrauben uns aus dem Schrott, den wir finden, Waffen zusammen und wenn die Gasmaske leckt, dann kleben schnell ein Stück Gaffa-Tape aufs Loch. Von unseren Streifzügen kehren wir immer wieder zurück in unser gemütliches Lager und trotzen dieser feindseligen Welt ihre warmen, hoffnungsvollen Seiten ab.
Eine Welt voller Geheimnisse
Die Menschen, die wir treffen sind oft verschroben, oft hilfsbereit, aber manchmal auch gefährlich, so wie die Anhänger eines irren Kults, der Technologie hasst:"Der Herr ist voller Gnade, denn er entsühnt jene, die der Torheit und der Versuchung Elektrizität und anderen Sünden des Feindes widerstehen. Und jenen, die staucheln."
"Metro: Exodus" ist ein First-Person-Shooter der reinsten Form. Wo andere Spiele die Welt mit dutzenden Missionen und Aufgaben vollstopfen, verlassen sich die ukrainischen Macher von "Metro: Exodus" selbstbewusst auf die dichte Atmosphäre und eine Welt voller Geheimnisse und atemberaubender Details. Und das Risiko zahlt sich aus, denn "Metro: Exodus" ist ein kleines Meisterwerk geworden. Noch nie war die Postapokalypse so deprimierend - und zugleich so wunderschön.