590.000 Euro - so viel Preisgeld wird es heute regnen beim Deutschen Computerspielpreis, der wichtigsten Auszeichnung für Computerspiele in Deutschland. Normalerweise wird der Preis im Wechsel zwischen Berlin und München verliehen, diesmal aber coronabedingt im Internet. Corso-Spiele-Experte Christian Schiffer war selbst auch immer wieder Teil der Jury für den Deutschen Computerspielpreis. Im Deutschlandfunk erklärte er zunächst, dass man den Preis - wie so oft - auch in diesem Jahr mal wieder reformiert hat.
Spagat zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Im vergangenen Jahr gab es vor allem ein verheerendes Echo auf die Moderation von Ina Müller. "Eine Branche erniedrigt sich selbst" und andere entsetzte Äußerungen waren zu lesen. Nun, so Schiffer, setze man wieder auf die altbewährte Moderatorin Barbara Schöneberger, die die Verleihung schon des Öfteren unfallfrei über die Bühne gebracht habe. An ihrer Seite der Youtuber Nino Kerl.
Strategie - und Expertenspiele
Außerdem, so Schiffer, hat man die Kategorien verändert. Neu sei unter anderem die Kategorie "Bestes Expertenspiel" - darunter verstehe man beispielsweise komplexe Strategiespiele wie "The Longing". In diesem innovativen Spiel, das in Echtzeit abläuft - 400 Tage lang ist man damit beschäftigt - gehe alles sehr langsam, selbst das Öffnen einer Tür. Ein ungewöhliches Spiel für alle, die nach Entschleunigung suchen, so Computerspielexperte Schiffer. Warum die Veranstaltenden es allerdings als "Expertenspiel" bezeichneten, sei ihm persönlich rätselhaft.
Sowohl in der Kategorie "Bestes Expertenspiel" als auch "Bestes Deutsches Spiel" ist "Anno 1800" nominiert. In diesem Spiel baue man Städte auf und optimiere Produktionskreisläufe, was "typisch deutsch" klinge, so Schiffer - ein Aufbauspiel in einer idyllischen Welt eben. Aber auch hier sei der Begriff "Expertenspiel" problematisch.
Generell sieht Schiffer einen Trend hin zu gesellschaftlich relevanten Spielen, die Themen der Zeit anpacken, Historisches thematisieren und die Spielerinnen und Spieler ernst nehmen würden.
Internationales Interesse an deutschen Spielen
Beispielhaft für diesen Trend stehe etwa "Sea of Solitude", das in Berlin entwickelt wurde. Laut Schiffer ein gelungenes und sehr persönliches Spiel, das in einer abstrakten, überfluteten Stadt spiele und Themen wie Mobbing, Einsamkeit und Depression thematisiere.
Mehrere Expertinnen und Experten räumen auch dem Spiel "Trough The Darkest Of Times" gute Chancen auf Preise ein: Dort schlüpft der Spieler oder die Spielerin in die Rolle eines Charakters in einer zivilen Widerstandgruppe im Dritten Reich - ein Spiel, das sich dezidiert politisch und antifaschistisch versteht.
Dies alles seien Spiele, die ein gutes Licht auf die Spielekultur in Deutschland werfen, sind sich Experten einig. Da sie ungewöhnlich sind und nicht von der Stange.