"Good evening Ladies and Gentlemen, Boys and girls. I’m about to take you on a journey. This month in Red Bull TV." Red Bull ist das Paradebeispiel für Content Marketing. Das Unternehmen verkauft nicht mehr nur ein Getränk, es verkauft Erlebnisse. "Fight the Elements in the hardest Sailing Competition in the world. Volvo Ocean Race. Life at the extreme on tuesday.”
Abenteuer, Freiheit, Adrenalin, so lautet die Botschaft. Um diese Botschaft zu verbreiten, feuert das Unternehmen aus allen Kanälen: TV, Print und Online. Die Inhalte sind hochwertig und aufwendig produziert - die Marke Red Bull taucht dabei dezent auf. "Werbung durch die Hintertür", nennt Lutz Frühbrodt das. Er leitet den Studiengang Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt.
"Content Marketing ist Marketing mit journalistischen Mitteln. Wie erreiche ich den Kunden?, ist die Frage beim Content Marketing. Hierbei sind die werbetreibenden Marketers auf die Idee gekommen, die Kunden mit werthaltigen, wie sie es nennen, Inhalten zu locken und zu ködern."
"Mit den gleichen Tugenden, die sich im Journalismus ziemen"
"Das, was wir hier tun ist, dass wir den Journalismus in den Dienst einer Sache stellen und mit den gleichen Tugenden, die sich im Journalismus nun mal ziemen, arbeiten für ein Marke. Das heißt nicht, dass wir versteckte Presse betreiben. Das heißt nicht, dass wir versteckte Werbung betreiben", kontert Marius Darschin.
Darschin ist Leiter Content Strategie bei Territory. Die Content Agentur Territory wurde im Mai gegründet und gehört zu Gruner + Jahr. In einer kürzlich in den USA. erschienenen Studie gaben über die Hälfte der Befragten an, dass sie ihre Online-Aktivitäten einschränken, weil sie die Werbung dort zunehmend nervt. Ähnliches gilt für TV und Print: wegzappen, umblättern.
"Wir sehen immer mehr, dass die Menschen das boykottieren und sich immer mehr davon abgestoßen fühlen. Wir sehen aber, dass die Menschen immer da zuhören wo es um Themen, die sie interessieren, wo sie relevante Themen finden."
Konzerne setzen auf eigene Plattformen
Der Trend geht deswegen in Richtung "Owned"-Media. Konzerne setzen auf eigene Plattformen. So bringen sie ihre Geschichten, ihre Produkte also, direkt zum Kunden. Content Marketing sei nichts anderes als interessengeleitete Kommunikation und deswegen eben kein Journalismus. Etwas überspitzt bezeichnet Frühbrodt das als Pseudojournalismus. In Hamburg kann Darschin mit dem Begriff wenig anfangen.
"Vom ‚Stern‘ erwarte ich absolut, dass er themenaktuell, dass er zeitlich aktuell und dass er auch relevant bei solchen Themen unterwegs ist wie Flugzeugabstürzen. Bei dem Kundenmagazin, da erwarte ich das nicht."
Transparenz sei wichtig, da sind sich Darschin und Frühbrodt einig. Frühbrodt kritisiert, dass durch mangelnde Offenheit mehr Verantwortung auf den Mediennutzer abgewälzt wird.
"Heute ist es so, wenn Sie ein langlebiges Konsumgut erwerben wollen, dass Sie der Forschung nach erst einmal zehn Stationen im Netz ansteuern, und nicht bei jeder Station ins Impressum schauen und immer gucken, von wem ist diese Information."
Langfristige Folgen nicht absehbar
Eines dieser Beispiele: "Beziehungsweise.de" ist aufgemacht wie ein Onlinemagazin rund um die Liebe. Erst der Blick ins Impressum zeigt, hinter der Webseite steht eine Dating-Agentur. Das seien schwarze Schafe, die Marke meistens erkennbar, relativiert Frühbrodt. Trotzdem warnt der Medienexperte vor langfristigen Folgen des Content Marketing.
"Wenn Journalismus umgedeutet wird und Content Marketing Auftritte von Unternehmen quasi als Journalismus wahrgenommen werden langfristig, dann tut sich auch um Hirn und im Verständnis des Mediennutzers etwa, und zwar wird er sich dann möglicherweise auch für tagesaktuelle oder gesellschaftliche Informationen doch mehr auf Coca Cola oder Apple verlassen, als auf die 'FAZ' oder den 'Spiegel'."