Wenige Tage vor Ausstellungseröffnung wird noch gesägt im El Segundo Museum of Art. "Die Oger-Taverne sieht zu sehr nach Stall von Bethlehem aus," sagt Kurator Bernhard Zünkeler. Außerdem ist er nicht sicher, ob tatsächlich wie geplant ein Teich zwischen Taverne und Schreibhaus passt. Wichtiger sind ihm ein Spiel mit Schattenrissen an den zwei Stockwerke hohen Wänden.
Teich, Taverne und Schattenriss sind inspiriert von Cornelia Funkes "Mirrorworld"-App. Das Schreibhaus ist eine Mini-Version ihres Arbeitsplatzes in Los Angeles. Die Ausstellung ist eine Herausforderung.
"Aus einer reinen Fantasiewelt zu kommen, wo keine physischen Gegenstände da sind und gleichzeitig als Endprodukt ein digitale Computer App zu haben und sich zu fragen: Was zeigst du denn jetzt eigentlich hier?"
Seit der App keine Buchverfilmungen mehr
Seit Funke in Zusammenarbeit mit dem "Mirada"-Studio über eine App Geschichten erzählen kann, will sie ihre Bücher nicht mehr verfilmen lassen. "Die Erfahrung mit Film war für mich, dass meine Welt schrumpfte. Meine Erfahrung mit Mirada ist, dass sie wächst." Die Ausstellung führt Besucher mit einer Mischung aus digitalen und analogen Elementen in die Welt der App. In der nachgebauten Taverne sehen sie Hexen-Rezepte und Pflanzenzeichnungen. Am iPad folgen sie kinderfressenden Hexen und geheimnisvollen Schatten.
Kurator Zünkeler meint: "Wir wollen sehen, wo kommt die Fantasie her und wo geht sie am Ende hin in diese digitale Welt und wie kann sie aus der digitalen Welt wieder in die analoge Welt rüber hüpfen."
Am Eingang zum Museum steht ganz analog der Nachbau von Funkes Schreibwerkstatt. Die Autorin blättert mit Museumsangestellten durch eines ihrer Notizbücher: aufgeklebte Fotos von exotischen Vögeln, bunte Post-It-Sticker, handschriftliche Notizen und jede Menge Buntstift-Zeichnungen. Sie hat für die Ausstellung Möbel, Hefte, Bilder und Figuren ausgeliehen. Cornelia Funke findet überall Inspirationen: "Auf meinem Schreibtisch schreien hunderte Ideen durcheinander: Nimm mich, nimm mich! Guck mal hier, Cornelia! Ich bin viel aufregender. Und dann muss ich mir immer eine rausfischen oder die rempeln die anderen vom Tisch."
Geschichten hinter den Geschichten
Für sie ist das Tauchen in die digitale "Mirrorworld" mit "Mirada" eine geradezu beglückende Erfahrung. Grafiker, Animateure, Webdesigner und Regisseure entwickeln mit ihr Geschichten hinter den Geschichten.
Matthew Cullen, Mitbegründer des "Mirada"-Studios, öffnet die "Mirrorworld"- App: Es erscheint ein Spiegel. Wenn man den berührt, wird er zu Wasser. Wellen folgen jedem Fingerdruck. Hinter den Wellen öffnet sich die Spiegelwelt. Cullen erklärt: Cornelia Funke schafft die fantastische Welt. "Mirada" bevölkert sie mit sichtbaren Figuren und Orten.
"Jedes Mal wenn sie uns eine Geschichte brachte, damit wir sie zum Leben erwecken, wollte ich etwas Besonderes schaffen. Ich wollte die Frau, die Magie zu uns bringt verzaubern. Als ich das erste Mal zu Mirada kam, um mir deren Arbeit anzugucken. Ich kam mir vor, als würde ich in meinen eigenen Kopf gehen." so Matthew Cullen.
Inspiration wird zu Kunst
Es begann ein Kreislauf aus gegenseitiger Inspiration. "Magisch" sagt Cornelia Funke. SPARK-Ausstellungskurator Bernhard Zünkeler will diese kreative Dynamik im Museum nachempfinden. Analoge Elemente wie Notizbücher, Scherenschnitte und ein Hexen-Gewächshaus sollen Besucher zum Schreiben, Schneiden, Malen und Pflanzen anregen und eine Wand voller Spiegel zu "Selfies" animieren. Am Ende der Ausstellung werden sich Besucher an einer iPad-Theke über die App auf Spuren von Ungeheuern, Zauberern und Schatten der Spiegelwelt begeben.
"Dieses Thema, dass nur weil was in der digitalen Welt ist, kann es nicht in die reale Welt - das ist natürlich nicht so. Ich glaub, dass sich das sehr gut miteinander befruchten kann."
Inspiration wird zu Kunst. Kunst wird zur App. Die App wird zur Inspiration. Ein Kreislauf, den das Museum nachbilden will. Ob es funktioniert, wird sehr von Fantasie und Kreativität der Besucher abhängen.