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Corona-App "Luca"
Smudo: "Konzerte sind der große Endgegner"

Die "Luca"-App zur Kontaktnachverfolgung soll Öffnungsschritte in der Corona-Pandemie erleichtern. Doch Mit-Initiator und Musiker Smudo glaubt nicht daran, dass es bald wieder Gedränge bei Konzerten und einen normalen Festivalsommer geben kann. "'Luca' macht Corona nicht weg", sagte er im Dlf.

Smudo im Gespräch mit Susanne Luerweg | 01.03.2021
Rapper Smudo demonstriert auf seinem Smartphone die funktionsweise der App "Luca".
Musiker Smudo wirbt für die "Luca"-App zur Kontakt-Nachverfolgung (dpa-news / Axel Heimken)
Je lauter über Lockerungen des Corona-Lockdowns diskutiert wird, desto mehr wird auch auf begleitende Maßnahmen geschaut: Impfungen, Schnelltests und Möglichkeiten der Kontaktnachverfolgung. Zunehmend in den Fokus kommt dabei die "Luca"-App, die etwa kulturelle Veranstaltungen in einem größeren Rahmen wieder möglich machen soll.
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Mit-Initiator der App ist der Musiker Smudo von den Fantastischen Vier. "Um Musik auf der Bühne zu machen, möchte ich mich gerne engagieren, dass das bald in einer guten Form möglich ist. Und 'Luca' ist mein Beitrag", sagte er im Deutschlandfunk. Gemeinsam mit anderen Prominenten und Kulturschaffenden wirbt Smudo für das Konzept der App, die allerdings nicht die Corona-Warn-App des Bundes ersetzen, sondern diese ergänzen soll.
"Luca" wurde vom Berliner Start-up neXenio entwickelt und könnte nach einer Öffnung von Gastronomie, Kultur und Einzelhandel bei der Nachverfolgung von Infektionsketten helfen. Dazu wird ein QR-Code eingescannt. Auf die Idee sei Smudo gestoßen, als er nach Möglichkeiten gesucht habe, "unter Pandemie-Bedingungen ein Konzert zu veranstalten".
Susanne Luerweg: Wann hatten Sie eigentlich das Gefühl, Sie müssten sich selbst um die Entwicklung einer App für die Kulturbranche kümmern? Sonst hilft keiner.
Smudo: Ja, die Geschichte ist uns eigentlich zugelaufen. Wir hätten ja im letzten Jahr "30 Jahre. Die Fantastischen Vier" veranstaltet. Wir haben fast 300.000 Tickets verkauft und schieben jetzt wie alle anderen Betroffenen die Tour auch so vor uns hin, von Jahr zu Jahr. Auf der Suche im letzten Sommer, ob es nicht irgendeine Möglichkeit gäbe, viele große Mengen an Zuschauern sozusagen in irgendeiner Form Informatik-mäßig zu formatieren oder zu verwalten, dass man es vielleicht doch hinbekommt, unter Pandemie-Bedingungen ein Konzert zum veranstalten, haben wir dann die Entwicklerfirma von "Luca", neXenio kennengelernt.
Es hat sich schnell herausgestellt, dass Konzerte nach wie vor der große Endgegner sind. Aber neXenio hatte mit so einer Dokumentationspflicht-Digitalisierung und Kontaktverfolgungs-Idee eigentlich ein ganz tolles Tool, was wir gleich verstanden haben und dass wir sowas unbedingt brauchen, weil wir auch gesehen haben, wie überlastet die Gesundheitsämter sind und sind an die Idee herangegangen: Wie können wir die Gesundheitsämter entlasten? Nicht nur, wie können wir die Doku-Pflicht digitalisieren, sondern wie können wir ganz konkret die Gesundheitsämter entlasten? Seitdem sind wir in Dialog mit verschiedenen Ämtern und auch verschiedenen Landesregierungen. Und Thüringen war eine der ersten Region, die sich für uns interessiert hat, mit der wir sehr viel Erfahrung gesammelt haben. Aktuell ist auch Sylt eingerichtet mit "Luca". Und so kam eins zum anderen und auf diesem Weg sind "Luca" und wir zusammengewachsen.

Politik überzeugen

Luerweg: CDU-Chef Armin Laschet, der lobt "Luca" schon. Sie waren auch bei Anne Will zu Gast, und alle scheinen ganz begeistert von "Luca". Sie hatten auch schon Kontakt mit Kanzleramtschef Helge Braun und haben es ja gerade schon gesagt: Auf Sylt ist die App bereits im Einsatz. Am Mittwoch trifft sich die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen. Wird "Luca" da Thema sein?
Smudo: Ich hoffe das sehr. Unsere Anstrengungen die letzten Tage waren genau darauf ausgerichtet, dass wir in der Ministerpräsidentenkonferenz stattfinden. Wir haben schon sehr viele Gesundheitsämter geboardet und wir sind auch mit vielen im ständigen Austausch. Aber es wäre schon gut, wenn von oben sozusagen so etwas wie ein allgemeines Wohlwollen erreicht werden würde, dann würde man das schneller erreichen. Weil: Gerade Geschwindigkeit ist das Ding. Wenn das Bundesgesundheitsamt davon fabuliert, dass sie eine Schnittstelle machen wollten, wo alle ran könnten, dann brauchte es dafür vier Monate. Aber wir sind der Ansicht, dass wir in vier Wochen die Gesundheitsämter boarden können.

"'Luca' macht Corona nicht weg"

Luerweg: Das heißt, dann wäre der Festivalsommer gerettet. Und auch ihre "30 Jahre Jubiläumstour" könnte stattfinden.
Smudo: Nein, nein, das sagen Sie. "Luca" macht Corona nicht weg. Es wird nach wie vor so sein, dass solange der Impf-Hintergrund so unbeständig ist und wir nicht wissen, wie sich die Pandemie verhält, gehe ich stark davon aus, dass dieses Jahr nicht nennenswert die Form von Konzerten stattfindet, wie wir sie kennen, dass sich da nackte Oberkörper aneinander reiben, während man der Band lauscht, sondern es werden Abstandskonzerte sein in Strandkörben oder auf Picknickdecken und so weiter. Nur es ist so, dass wir dadurch, dass wir "Luca" benutzen – also ich möchte es mal so sagen. Ohne "Luca" sieht so aus: Ich gehe meine Freundin besuchen, fahr mit der U-Bahn dahin und treffe da die Oma und dann fahre ich mit dem Taxi ins Restaurant, gehe ins Restaurant, da habe ich einen Zettel ausgefüllt. Am nächsten Tag gehe ich zu den Fantas aufs Konzert, 500 Leute mit Picknickdecken auf Riesenabstand auf einer riesen Wiese. Ob das richtig rockt, weiß ich auch nicht. Und das war's dann.
In der "Luca"-schönen Welt, die ich mir vorstelle, sieht das so aus: Ich gehe in die U-Bahn zu meiner Freundin, habe aber mit "Luca" in die U-Bahn eingecheckt, war bei meiner Freundin mit der Oma, hab ein privates Treffen eingecheckt, dann gehe ich ins Restaurant, checke auch mit "Luca" ein. Und dann gehe ich am nächsten Tag zum Schnelltest in die Apotheke gegenüber, weil der Apotheker Schnelltests abnehmen darf. Und dann stelle ich fest, ich bin positiv. Und dann kriegen die Leute in der U-Bahn, im Restaurant, im Taxi mit, dass da ein Positiver gewesen ist und können selber nach sich gucken. Ich kriege mein Geld vom Konzert wieder zurück, weil ich nämlich mit dem Positivtest gar nicht ins Konzert komme und auf einem Konzert sind nicht 500, sondern 2.500, weil sie etwas enger stehen können, weil wir dank dem Schnelltest-"Luca"-System höhere Toleranzen haben. Das ist der Unterschied.
Luerweg: Hört sich an, wie eine wunderbare Welt. Und dann schauen wir mal, ob sich das umsetzen lässt. Müssen Sie überhaupt noch Musik machen?
Smudo: Ja, was soll denn das bedeuten? Um Musik auf der Bühne zu machen, möchte ich mich gerne engagieren, dass das bald in einer guten Form möglich ist. Und "Luca" ist mein Beitrag.