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Corona-Berichterstattung in Deutschland
NYT-Korrespondentin: "Stimmung in den Medien gekippt"

Zu Beginn der Pandemie ist deutschen Medien vorgeworfen worden, zu unkritisch mit der Politik umzugehen. Anfangs sei die Debatte nicht so politisch geführt worden, sagte Melissa Eddy, die Deutschland-Korrespondentin der "New York Times" im Dlf. Nun aber habe es einen Wandel gegeben.

Melissa Eddy im Gespräch mit Stefan Fries |
Eine Frau mit FFP2-Maske hält eine Printausgabe der "New York Times" in der Hand
Melissa Eddy berichtet für die "New York Times" aus Berlin über Deutschland (IMAGO / IPA Photo)
Vor einem Jahr galt Deutschland in Sachen Pandemie-Bekämpfung noch als Vorbild, mittlerweile zeichnen hiesige Medien das Bild, Deutschland sei abgehängt, die Politik chaotisch. Zuletzt ruderte Kanzlerin Angela Merkel bei der Idee von zwei Ruhetagen an Gründonnerstag und Karsamstag zurück und erntet für ihr Vorgehen Kritik aus Politik und Medien.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nimmt ihren Platz ein, bevor die im Bundestag bei der Regierungsbefragung die Fragen der Bundestagsabgeordneten beantwortet. Ein Hauptthema sind die Oster- und Lockdown-Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz zu der Corona-Pandemie.
Merkel und "Osterruhe" - Vertrauen "nachhaltig beschädigt"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angekündigt, die "Osterruhe" in der Coronakrise wieder zurückzunehmen. Das Vertrauen der Bürger in die Regierung sei "nachhaltig beschädigt", so die Politologin Andrea Römmele.
Trifft die Berichterstattung zu? Wie sehen es Medien aus dem Ausland? Melissa Eddy ist Deutschland-Korrespondentin für die "New York Times" in Berlin. Sie macht eine Veränderung der medialen Debatte über die Pandemiebekämpfung aus.

Veränderte Corona- Berichterstattung im Superwahljahr

Anfangs sei die Debatte nicht so politisch geführt worden: "Fast jeder stand hinter der Regierung, ganz anders als in den USA", so Eddy. Nun aber habe es einen Wandel gegeben. "Jetzt sind wir in einem Superwahlkampfjahr." Jede politische Partei versuche sich darzustellen und Medien würden hier eine wesentliche Rolle spielen.
33D-Modell des Coronavirus SARS-CoV2
Vor allem durch die "in letzter Zeit schieflaufende Impfkampagne" sei die Stimmung in den Medien gekippt und die Berichterstattung habe sich gedreht. Während zu Beginn der Pandemie die chaotischen Bilder aus den USA und Großbritannien gekommen seien, ständen diese Länder nun vergleichsweise gut da.
Insgesamt habe aber auch Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern sehr gut abgeschnitten. Leider werde sehr häufig nur auf die Zahlen geschaut - da fehle der Weitblick und der internationale Vergleich, so die "New York Times"-Korrespondentin.
28.02.2020, Berlin: Der Krisenstab der Bundesregierung kommt zu seiner Sitzung zusammen, um über weitere Vorkehrungen gegen das neue Coronavirus Sars-CoV-2 zu beraten.
Corona-Berichterstattung - Viele Zahlen, wenig Kontext?
Kritiker bemängeln die Fokussierung von Medien auf die Infektionszahlen. Doch "die Zahl der Neuinfektionen ist unser aktuellstes Maß", meint Dlf-Wissenschaftsjournalist Volkart Wildermuth.