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Corona-Finanzhilfen
Rehberg (CDU): "Der Staat wird nicht alles leisten können"

Die Finanzhilfen für Unternehmen wegen der Coronakrise könnten im kommenden Jahr nicht auf der Basis des Umsatzes weitergehen, sondern müssten wieder auf Basis der Fixkosten erfolgen, sagte der Wirtschaftspolitiker Eckhardt Rehberg (CDU) im Dlf. 2022 müsse dann auch die Schuldenbremse wieder eingehalten werden.

Eckhardt Rehberg im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
Eckhardt Rehberg (CDU) während einer Plenarsitzung des deutschen Bundestags am 25.03.2020am Rednerpult
Eckhardt Rehberg, CDU, haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, kritiisiert die Schieflage zwischen Bund und Ländern (imago images / Christian Spicker)
Der Teil-Shutdown in Deutschland wird bis zum 10. Januar 2021 verlängert. Restaurants, Museen, Theater und Freizeiteinrichtungen bleiben also vorerst geschlossen. Das haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder bei ihren Beratungen am Mittwoch (02.12.2020) beschlossen. Merkel und die Länderchefs thematisierten auch den Streit der vergangenen Tage um die finanzielle Lastenverteilung bei den Kosten für die Corona-Überbrückungshilfen. Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sagte im Dlf, dass zwischen Bund und Ländern eine Schieflage entstanden sei. Die Situation des Bundes sei schwierig, da er massiv Umsatzsteuerpunkte an die Länder und Kommunen abgegeben habe. Die Länder würden bereits im nächsten Jahr Steuereinnahmen wie in 2019 haben, während das beim Bund erst 2023 der Fall sein werde, so Rehberg.
Gesundheitsminister Spahn (CDU) zu Corona - "Impfen – das ist der Weg raus aus dieser Pandemie"
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Tobias Armbrüster: Herr Rehberg, wie lange kann sich Deutschland diesen Lockdown denn eigentlich noch leisten?
Eckhardt Rehberg: Die Frage ist nicht, ob wir uns das leisten können, sondern wir müssen ihn uns aus Gesundheitsschutzgründen leisten – Stichwort Infiziertenzahlen, Zahlen der durch COVID-19 Umgekommen, die Todeszahlen. Die Frage ist nur, was wir uns leisten, wie wir uns es leisten können. Es kann sicher nicht so sein, wie bei der November- und Dezember-Hilfe, die zusammen runde 32 bis 35 Milliarden kosten wird, wo der Umsatz die Basis ist, auf der einen Seite eine Überkompensation und auf der anderen Seite Abbruchkanten für die nicht direkt Betroffenen.
Der Impfstoff ist in Sicht. Wir müssen auch als Bund daran denken: Wir nehmen die Schulden auf, indem wir die Schuldenregel außer Kraft setzen nach 115 Grundgesetz. Hier muss getilgt werden. Und alle wollen, dass in 2022 die Schuldenbremse wieder eingehalten wird. Das ist eine große Herausforderung. Deswegen gilt es, auch bei Wirtschaftshilfen Maß und Mitte zu halten.
"Nicht gegenüber den Steuerzahlern vertretbar"
Armbrüster: Deshalb meine Frage. Wie lang kann das denn noch so weitergehen, dass die Milliarden Monat für Monat gezahlt werden – dafür, dass Hotels und Restaurants geschlossen bleiben?
Rehberg: Das sicher nicht auf Basis des Umsatzes. Die Bundeskanzlerin hat recht, wenn sie sagt, wir müssen wieder auf die Basis der Fixkosten zurückkommen, wie das bei den Überbrückungshilfen eins und zwei der Fall war. Das wird bei der Überbrückungshilfe der Fall sein. 75 Prozent vom Umsatz können nicht Basis sein. Wenn wir zum Beispiel die November- und Dezember-Hilfen weiterführen sollten – ich sage einfach mal bis Ostern -, dann hätten wir fünf Monate mal rund 15 Milliarden. Dann wären wir bei 75 und das ist weder gegenüber anderen Branchen vertretbar, aber es ist auch nicht gegenüber den Steuerzahlern vertretbar.
Armbrüster: Wenn Sie allerdings auf die Fixkosten sich konzentrieren, dann werden viele Unternehmen, die das Geld natürlich bekommen, trotzdem in große wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Was wollen Sie denen sagen?
Rehberg: Ich habe nie den Eindruck erweckt, so wie andere, dass der Staat wird alles leisten können. Der Staat wird nicht alles leisten können. Wir haben weiter die Herausforderung zum Beispiel der Ausfinanzierung der Krankenhäuser, Stichwort Intensivbetten, Bereitstellung des Impfstoffes. Wir wollen auch gut aus der Krise herauskommen, Stichwort Investitionen auf einem hohen Niveau halten, und wir sind als Bund in diesem und im kommenden Jahr bei geplanten Schulden in der Größenordnung von 400 Milliarden Euro. Und wie gesagt, wir müssen auch aus verfassungsrechtlichen Gründen in 2022 wieder darauf gucken, dass wir die Schuldenbremse einhalten, und das wird ambitioniert genug.
"Hier ist eine Schieflage entstanden"
Armbrüster: Das war gestern mal wieder einer dieser typischen Momente. Die Kanzlerin macht Verabredungen, weitreichende Verabredungen mit den Ministerpräsidenten, auch über Finanzhilfen. Wie nervös macht Sie das als Haushaltspolitiker im Bundestag?
Rehberg: Ich habe schon beim zweiten Nachtrag und jetzt beim Regierungsentwurf darauf hingewiesen, dass wir Maß und Mitte auch bei den Ausgaben jetzt in der Pandemie halten müssen, weil ein Morgen und ein Übermorgen kommt. Die Situation des Bundes ist schwierig. Wir haben massiv Umsatzsteuerpunkte an die Länder und Kommunen abgegeben. Die Länder werden übrigens die Steuereinnahmen schon im kommenden Jahr in der Größenordnung ähnlich wie die Kommunen von 2019 haben, der Bund erst in 2023, und die Masse der Lasten – das sieht man auch in den Kreditfinanzierungsquoten – des Bundes liegt bei fast 40 Prozent, bei der Gesamtheit der Länder unter zehn. Hier ist eine Schieflage entstanden an der Stelle.
Natürlich auf Ihre Frage eingehend: Das macht mich schon nervös und auch mit Blick –ich habe zwei Kinder und fünf Enkelkinder. Wir können nicht jetzt mit vollen Händen das Geld ausgeben und unsere Kinder und Enkel müssen es zurückbezahlen.
Bund-Länder-Beratungen - Politologe: Neue Corona-Vorschläge nicht konsequent
"Weihnachtsromantik" sei bei den vorgeschlagenen Corona-Maßnahmen für Dezember spürbar, sagte der Politologe Karl-Rudolf Korte im Dlf. Mehr private Treffen an Weihnachten seien ein Hoffnungsschimmer, aber dieser sei trügerisch. Die Politik solle andere Zeichen setzen.

Weniger Forderungen der Länder an den Bund
Armbrüster: Herr Rehberg, wir haben von Ihnen und auch von Ihrem Fraktionskollegen Ralph Brinkhaus in den vergangenen Tagen immer wieder die Kritik gehört, der Bund schultert hier den Großteil der Lasten und die Länder halten sich da deutlich zurück, müssen nicht so viel zahlen. Haben Sie den Eindruck, dass das gestern bei diesen Beratungen irgendeine Rolle gespielt hat, dass die Länder da gesagt haben, okay, wir sind bereit, mehr zu übernehmen?
Rehberg: Nein, das haben die Länder sicher nicht gesagt, und ansonsten waren ja solche Zusammenkünfte davon begleitet, dass die Länder weitere Forderungen an den Bund gestellt haben – in der Vergangenheit zum Beispiel Bund, übernehme Lasten für den öffentlichen Personennahverkehr, Zuständigkeit Länder, Bund, übernehme Lasten zum Beispiel beim Ausbau von Schulen, Stichwort Lüfter. Das ist diesmal nicht passiert und das sehe ich schon als einen großen Fortschritt an.
Armbrüster: Das heißt, Sie haben den Eindruck, die Länder haben sich da zurückgehalten?
Rehberg: Ich habe die Tonlage von anderen Ministerpräsidenten-Konferenzen mit der Bundeskanzlerin zum Thema Corona im Ohr. Ich war im Vorfeld dabei und auch im Nachgang waren diese immer davon begleitet, dass die Länder mehr Forderungen an den Bund gestellt haben. Das habe ich gestern Abend nicht vernommen.
"Ich kritisiere diese Unwucht seit Jahren, sehr zum Missfallen der Länder"
Armbrüster: Haben Sie den Eindruck, dass die deutschen Landesregierungen manchmal Nachhilfe brauchen beim Thema Finanzen und Haushalten?
Rehberg: Zahlen lügen nicht. Ich habe die Einnahmesituation skizziert. Es ist sogar noch krasser, wenn ich die bereinigten Einnahmen der Länder nehme. Das heißt, plus die Zuweisungen von Seiten des Bundes. Dann sind sie dieses Jahr sogar schon leicht besser als im vergangenen Jahr. Und die Kreditfinanzierungsquote – ich referiere das noch mal: In diesem Jahr hat der Bund fast 40 Prozent, im nächsten Jahr 36, und die Länder liegen im unteren einstelligen Bereich, dieses Jahr bei 8,6 und im kommenden Jahr bei 4,5 Prozent. Das zeigen auch die Nettokreditaufnahmen Ende Oktober. Der Bund liegt bei fast 90 Milliarden, die Länder in der Gesamtheit bei 32 Milliarden. Das zeigen einfach diese Zahlen. Hier ist eine Unwucht zwischen Bund und Ländern.
Armbrüster: Aber die Kritik daran, die hören wir tatsächlich jetzt erst seit einigen Tagen. Ist das den Finanzpolitikern, den Haushaltspolitikern, auch Ihnen im Bundestag, ist Ihnen das Ungleichgewicht nicht vielleicht etwas spät aufgefallen?
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
Rehberg: Nein. Sie können alle meine Reden im Deutschen Bundestag zum Haushalt nachlesen oder nachhören. Ich kritisiere diese Unwucht seit Jahren, sehr zum Missfallen der Länder.
Armbrüster: Was machen denn die Länder da richtig, dass sie damit wegkommen?
Rehberg: Die Länder haben sich in den letzten Jahren - zum Beispiel dieses Jahr der Bund-Länder-Finanzausgleich; das ist eine Mehreinnahme bei den Ländern von zehn Milliarden Euro -, Bund und Länder haben in den letzten Jahren in vielfältiger Art und Weise Hilfen des Bundes verabredet, gerade im Bildungsbereich, im Kindertagesstättenbereich, und das wird dazu führen, dass ab diesem Jahr und in den kommenden Jahren die Länder Mehreinnahmen, Steuereinnahmen haben als der Bund. Das war in der Vergangenheit anders und die Lasten sind ungleich verteilt, zu Ungunsten des Bundes. In der Regel passiert das dann in Gesprächen zwischen der Bundesregierung und den 16 Ländern auf der Ministerpräsidentenkonferenz und dann hat leider der Deutsche Bundestag nur eine Notarfunktion und vollzieht das nach.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.