Helle Aufruhr in der Union. Warum jetzt - und das ohne Not? Keiner wusste Bescheid! Steckt womöglich Finanzminister Scholz dahinter, der Helge Braun nur vorgeschickt hat? So lauten einige erste Reaktionen hinter vorgehaltener Hand über den Vorstoß des Kanzleramtsministers. Im Handelsblatt rüttelt Helge Braun an einem Tabu von CDU und CSU. Die rechte Hand von Kanzlerin Angela Merkel will die Schuldenbremse des Grundgesetzes für die kommenden Jahre aussetzen. Begründung: "Die Schuldenbremse ist in den kommenden Jahren auch bei ansonsten strenger Ausgabendisziplin nicht einzuhalten".
Contra in der Union: "Schuldenbremse hat sich bewährt"
Schon am Morgen gab dazu aus den eigenen Reihen kräftig Contra. "Die Unionsfraktion im Bundestag hält an der Schuldenbremse fest, so der Chefhaushälter der Fraktion, Eckhard Rehberg. Rehberg gegenüber dem Deutschlandfunk:
"Es gibt in der Unionsfraktion eine klare Haltung: Die Schuldenbremse hat sich bewährt wir wollen auch mit der Schuldenbremse aus der Pandemie herauskommen. Das ist eine nicht abgestimmte persönliche Meinung von Helge Braun, die man überraschend zur Kenntnis nehmen muss."
Schuldenbremse - "dümmste Regel Deutschlands"
Um eine dauerhafte Aussetzung der Schuldenbremse geht es Braun auch nicht. Nachdem sie im vergangenen und für dieses Jahr wegen der Pandemie jeweils aufgehoben wurde, will Braun einen kontinuierlich sinkenden Korridor für die Neuverschuldung festsetzen – und ein klares Zieldatum, wann die Schuldenbremse wieder gilt. Doch das überzeugt Eckard Rehberg nicht:
"Ich sehe in der Unionsfraktion dafür keine Mehrheit, ganz im Gegenteil – und ich bin auch überzeugt, dass wir auch mit der Schuldenbremse aus der Pandemie herauskommen können."
Es dürfte deshalb am Nachmittag hoch her gehen in der Fraktionssitzung von CDU und CSU. Mit Genugtuung kommentieren dagegen Linke und Grüne den Vorstoß. Die dümmste Regel Deutschlands wird einen Tod auf Raten sterben, die Union traue sich nur noch nicht, sie endgültig zu beerdigen, erklärt Fabio de Masi von den Linken.
Ahnlich sieht es auch Sven-Christian Kindler von den Grünen: "Es ist gut, dass die ideologische Front bei der Schuldenbremse bei der Union jetzt bröckelt. Die Union muss sich jetzt der notwendigen Debatte zur Reform der Schuldenbremse stellen und darf sich nicht weiter blockieren."
FDP besorgt: Eine Koalition mit den Grünen in Vorbereitung?
FDP-Chef Christian Lindner kritisiert den Vorstoß dagegen scharf, die Schuldenbremse sollte nicht aufgegeben werden.
"Wenn höhere Schulden aufgenommen werden, muss das immer ein Ausnahmefall sein, der der Zustimmung des Bundestages bedarf, sonst geht die Disziplin und die Besonderheit höherer Kreditaufnahme verloren."
Und FDP-Haushälter Otto Fricke fragt, woher denn eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag für eine Änderung der Schuldenbremse herkommen solle, wenn die FDP nicht mitmache. Seine Antwort:
"Es zeigt sich einfach, dass man hier eine Koalition mit den Grünen vorbereitet, die ja mit großem Applaus bei Helge Braun dabei sind, und es zeigt sich, dass man auf Verfassungsänderungen mit Grünen und Linken setzt und deshalb eher den Machterhalt als wirtschaftliche Vernunft in den Vordergrund schiebt."
Für Fricke ist Brauns Vorstoß auch keine private Einzelmeinung, sondern ein gezielter Vorstoß des Kanzleramtschefs – mit Wissen und Rückendeckung der Kanzlerin.
Stichwort Schuldenbremse:
Die Schuldenbremse ist seit 2009 im Grundgesetz verankert. Derzeit gilt, dass der Bund nur in ganz geringem Maße neue Kredite aufnehmen darf, nämlich maximal 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung. In Notsituationen kann die Schuldenbremse jedoch vorübergehend aufgehoben werden. Das nutzte der Bundestag 2020, um hohe Kredite zur Bewältigung der Corona-Krise zu ermöglichen. Auch 2021 soll sie noch einmal ausgesetzt werden. Danach will Bundesfinanzminister Olaf Scholz eigentlich wieder im Rahmen bleiben.
(Quelle: dpa)
Die Schuldenbremse ist seit 2009 im Grundgesetz verankert. Derzeit gilt, dass der Bund nur in ganz geringem Maße neue Kredite aufnehmen darf, nämlich maximal 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung. In Notsituationen kann die Schuldenbremse jedoch vorübergehend aufgehoben werden. Das nutzte der Bundestag 2020, um hohe Kredite zur Bewältigung der Corona-Krise zu ermöglichen. Auch 2021 soll sie noch einmal ausgesetzt werden. Danach will Bundesfinanzminister Olaf Scholz eigentlich wieder im Rahmen bleiben.
(Quelle: dpa)