Das Interesse an der Anhörung der Arzneimittelbehörde EMA war groß: Mehr als 3.500 Menschen waren via Youtube dabei. Aus über 100 Einreichungen wurden acht Statements von Bürgervertretern ausgewählt. Eine klare Forderung dabei war mehr Transparenz. Die EMA wird ihren detaillierten Report nach der Entscheidung veröffentlichen. Michèle Rivasi, eine EU Parlamentarierin forderte sogar, die Rohdaten schon vor der Entscheidung zu veröffentlichen, damit auch unabhängige Gruppen die Daten analysieren können.
Das zweite Thema waren genauere Daten für spezielle Gruppen. Dafür sollte die EMA in der Zulassung Auflagen für weitere Studien machen. Peg Maguire vom Europäischen Institut für Frauengesundheit betonte, dass Frauen Medikamente anders verstoffwechseln. Das muss in den Studien berücksichtigt werden. Zudem fehlen auch Daten für Schwangere. Ähnlich fordert Marilena Vrana vom European Heart Network, dass die Effekte der Impfstoffe auch detailliert für Risikogruppen aufgeschlüsselt werden. Francois Houyez von der Europäischen Gesellschaft für seltene Krankheiten betont, dass es gut wäre, sich zwischen Impfstoffen entscheiden zu können. Dafür sollte es auch nach der Zulassung vergleichende Studien geben. Er fordert auch spezifische Hinweise für kleine Gruppen. Man müsse beispielsweise wissen, ob Patienten, die immundämpfende Medikamente nehmen, vor der Impfung ihre Therapie absetzen sollen.
Es gab den Vorwurf, dass die EMA hinter Großbritannien und den USA hinterherhinkt. Die Antwort der EMA: Dort gebe es nur zeitlich begrenzte Notfallgenehmigungen. In Europa plane man eine volle Zulassung, aber mit Auflagen, die eine ebenso umfangreiche Prüfung notwendig macht.
Am Freitag (11. Dezember) wurde bekannt, dass der von vielen Ländern vorbestellte Impfstoff von Sanofi und GSK offenbar bei Älteren keine ausreichende Immunantwort auslöst. Er wird überarbeitet und wird nicht vor Ende des nächsten Jahres zur Verfügung stehen. Das zeigt auch, wie wichtig eine sorgfältige Prüfung ist.
Die Bewertung läuft bereits. Die Firmen haben der EMA ihre Daten zur Verfügung gestellt, die von Experten geprüft werden. Seit Donnerstag (11. Dezember) gibt es eine wissenschaftliche Veröffentlichung der entscheidenden Studie im The New England Journal of Medicine. Sie bestätigt im Grunde, was in den Pressemitteilungen vorab gesagt wurde. Bei einem Treffen am 29. Dezember werden die EMA-Experten alle Informationen zusammentragen und die Daten abschließend bewerten. Es wäre eine Überraschung, wenn sie sich gegen eine beschränkte Zulassung aussprechen würden. Anfang Januar kann es dann wahrscheinlich auch in Deutschland geimpft werden.
Mt dem Start der Impfungen ist die Arbeit der Aufsichtsbehörden jedoch noch nicht beendet. Nikolas Dietis von der Universität von Zypern hat in der Anhörung noch einmal betont, wie wichtig es sei, überall in der EU umfassende Systeme der Nachbeobachtung zu etablieren.
Ja und nein. In dieser Form gab es Anhörungen bei kontroversen Fragen, etwa zu Medikamenten und Fehlbildungen. Das jetzt im Vorfeld die Öffentlichkeit mit ins Boot geholt wird, hängt sicher auch damit zusammen, dass man das Vertrauen in das Verfahren und letztlich in den Impfstoff stärken will. Es gibt viele Skeptiker, denen die EMA den Wind aus den Segeln nehmen will. In den USA war das ähnlich, da konnten am Donnerstag (11. Dezember) sogar alle im Internet zusehen und hören, wie die Experten der FDA über den Impfstoff von Biontech/Pizer diskutiert haben - und am Ende mit großer Mehrheit entschieden haben, dass er sowohl wirksam als auch sicher sei. In Europa wird diese entscheidende Sitzung wahrscheinlich hinter verschlossenen Türen stattfinden. Dafür gab es aber eben in der Anhörung die Gelegenheit, zu sagen, welche Aspekte in der Prüfung zum Beispiel für Patientenvertreter besonders wichtig sind.