Enttäuschende Zwischen-Ergebnisse bei wichtigen Tests vermeldeten Sanofi und sein britischer Partner Gsk im Dezember. Der Impfstoff-Kandidat führte bei älteren Erwachsenen zu einer viel schwächeren Immunisierung als bei jüngeren. Er verfehlte also die gewünschte Wirkung genau bei der Gruppe, die am meisten gefährdet ist.
Der Infektiologin Odile Launay, die zum Expertenkomitee gehört, das die Regierung berät, war die Enttäuschung auch bei ihrer nüchternen, wissenschaftlichen Erklärung anzuhören: "Der Ansatz, den Sanofi und GSK gewählt haben, ist ein eher klassischer. Er beruht auf einem rekombinierten Protein, das man zum Beispiel auch gegen Hepatitis B verwendet. Hinzu kommt ein Zusatzmittel, ein Stoff, der die Immunisierung verbessert. Jetzt muss man sich die Antigene nochmal anschauen, um festzustellen, warum der Impfstoff bei den alten Leuten weniger gut anschlägt – denn die wollen wir ja vorrangig impfen."
Herber Rückschlag
Auch aus den französischen und britischen Labors hieß es: Der Impfstoff enthalte wohl zu wenige Antigene. Sanofi und GSK wollen das bei einer neuen Testreihe, die im Februar beginnen soll, ändern. Wenn dann alles gut läuft, könnte ein Impfstoff gegen Ende dieses Jahres verfügbar sein.
Ein herber Rückschlag für die beiden Impfstoffriesen. Sie hatten bereits mehrere Auslieferungsverträge geschlossen – darunter einer über 300 Millionen Impfdosen für die EU. 45 Millionen davon hatte die französische Regierung bei Sanofi bestellt, Und die fehlten jetzt.
Frédéric Bizard, Gesundheitsökonom an der ESCP Business School in Paris, glaubte nach der schlechten Nachricht im Dezember, die fehlenden Dosen könnten auch die Impfstrategie des Landes beeinträchtigen: "Diese Nachricht macht den Impfplan, den die Regierung vor einigen Tagen angekündigt hat, hinfällig. Denn man hat auf eine wichtige Menge an Impfdosen bis Mitte 2021 gesetzt – vor allem wegen Sanofi."
Das Gesundheitsministerium beeilte sich allerdings zu versichern, dass andere bereits bestellte Impfstoffe den Ausfall durch Sanofi kompensieren werden. Gesundheits-Ökonom Bizard kritisierte die Technologie von Sanofi, den Impfstoff auf Protein-Basis zu entwickeln. Auch wenn das Unternehmen damit bereits Erfahrung hat, könne dieser Ansatz mit der Methodik von Biontech oder Pfizer nicht mithalten. Deren Entwicklung eines genetischen Impfstoffes gilt den Kritikern als innovativer und schneller. Frankreich, so glaubt Gesundheits-Ökonom Bizard, hinke bei den neuen Technologien hinterher. Dabei ruht auf Sanofi, dem einzigen französischen Pharma-Giganten, der weltweit agiert, auch jede Menge Stolz.
Im Juni vergangenen Jahres besuchte Präsident Emmanuel Macron die Produktionsstätte in der Nähe von Lyon. Der Präsident war voll des Lobes: "Sanofi hat sich voll engagiert im Kampf dafür, Medikamente und eine Impfung gegen COVID-19 zu finden. Und Sanofi ist voll engagiert im wirtschaftlichen Kampf, den wir vor einigen Wochen begonnen haben. "
Macron dankte dem Konzern dafür, dass es keine einzige Produktionsstätte während der Krise geschlossen habe. Das Unternehmen verkündete bei Besuch des Präsidenten 610 Millionen Euro an neuen Investitionen für die Recherche und die Produktion von Impfstoffen. Macrons Antwort damals.
"Das Projekt, das heute verkündet wurde, macht Sanofi und Frankreich erstklassig im Kampf gegen das Virus und auf der Suche nach einem Impfstoff."
Kommt die Zeit für den Impfstoff noch?
Nun hat die Impfkampagne in Frankreich vor gut einer Woche begonnen. Aber von Sanofi spricht niemand. Alles dreht sich darum, dass die Impfungen durch Stoffe anderer Hersteller, die nun auf dem Markt sind, in der Praxis viel zu langsam vorankommen. Weit abgeschlagen im Vergleich zu Deutschland hat Frankreich gerade mal ein paar tausend Impfungen vollzogen. Der Grund sind aber im Moment nicht zu wenige Impfdosen im Land. Wenn in manchen Altenheimen, die als erstes drankommen sollen, die bereitgestellten Kühlschränke leer sind, liegt das an administrativen und logistischen Hindernissen bei der Verteilung.
Ist der Impfstoff von Sanofi jetzt überhaupt noch gefragt? Das Serum hat den Vorteil, dass es wesentlich billiger sein soll als zum Beispiel das von Biontech und Pfizer und nicht so stark gekühlt werden muss. Deshalb glaubte Jean-Pierry Thierry, medizinischer Berater bei der Verbraucherorganisatin Assos Santé, schon im Dezember: "Wir brauchen zuverlässige Impfstoffe, die keine enormen logistischen Herausforderungen mit sich bringen. Und die man vor allem in Massen herstellen kann. Das machen die großen Unternehmen die auf Impfungen spezialisiert sind, wie Sanofi und GSK."